US-Auftritt in letzter Minute abgesagt
Vietnam gewinnt Putins Anti-ESC

Die russische Gegenveranstaltung zum Eurovision Song Contest (ESC), der Musikwettbewerb Intervision, hat in Moskau mit einer Botschaft von Präsident Wladimir Putin begonnen. Anders als geplant trat niemand für die USA an. Den Sieg holte sich am Ende Vietnam.
Publiziert: 20.09.2025 um 20:46 Uhr
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Aktualisiert: 21.09.2025 um 12:16 Uhr
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Duc Phuc aus Vietnam gewann mit seinem Titel «Phu Dong, der himmlische König» den ersten Platz.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Putin eröffnet Intervision Song Contest als Gegenentwurf zum ESC
  • Russland betont traditionelle Werte und kulturelle Vielfalt im Wettbewerb
  • 23 Länder nehmen teil, den Sieg holt sich Vietnam
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Für alle Länder gehe es um eine freie Entwicklung, um eine Bewahrung ihrer Identität, sagte Kremlchef Wladimir Putin (72) bei einer übertragenen Eröffnungsrede zum Intervision Song Contest ISC. «Gerade die Achtung vor traditionellen Werten, zur Vielfalt der Kulturen ist die grundlegende Idee des Wettbewerbs und inspiriert die Teilnehmer, künstlerische Höhen zu erreichen.»

Das musikalische Wetteifern mit 23 Ländern fand nach Angaben der Organisatoren vor etwa 11'000 Zuschauern in der Moskauer Konzerthalle Live Arena statt. Russlands staatlicher Erster Kanal übertrug die etwa dreieinhalbstündige Show. Putin stellte den aus Sowjetzeiten wiederbelebten Wettbewerb politisch in den Rahmen einer Kultur, die nicht vom Westen beherrscht wird.

Ehemalige Sowjetrepubliken, Brics-Länder

Unter den Teilnehmern der Gegenveranstaltung zum Eurovision Song Contest (ESC) setzte die internationale Jury des Musikwettbewerbs Intervision Duc Phuc (28) mit seinem Titel «Phu Dong, der himmlische König» auf Platz eins. Platz zwei ging an Kirgistan, Platz drei an Katar.

Am Wettbewerb nahmen frühere Sowjetrepubliken wie Belarus, Kasachstan oder Usbekistan, aber auch mit Russland befreundete Länder in der Staatengruppe Brics wie China, Indien, Brasilien und Südafrika teil. Für das weltweite Publikum an den Fernsehschirmen wurde auf Russisch, Chinesisch und Englisch moderiert.

Keine Publikumsabstimmung

Am ESC hat sich Moskau wegen seines Angriffskrieges gegen die Ukraine schon viermal nicht beteiligen dürfen, und Intervision war ausdrücklich als Gegenveranstaltung angelegt. Dafür fiel das Spektakel erstaunlich ähnlich aus: Einspieler, Sofas für Musiker und Musikerinnen während der Wartezeit, Schalten zwischen Bühne und Interviews, technisch aufwendige digitale Bühnenbilder.

Nur eine Publikumsabstimmung gab es nicht. Was auch fehlte, waren die Verrücktheiten des ESC – doch das war gewollt, denn Moskau steht mit dem bunten und queer-freundlichen europäischen Wettbewerb auf Kriegsfuss. Man wolle, dass die «ursprüngliche Bestimmung des Menschen und seine Identität respektiert und in freien Kontakten zum Tragen kommen», sagte Aussenminister Sergei Lawrow (75). Vor der Veranstaltung hatte er gesagt, es werde «keine Perversionen und Verhöhnungen der menschlichen Natur» geben.

Nationalistischer Sänger Shaman trat für Russland auf

Dementsprechend brav fielen viele Beiträge aus, eine getragene Powerballade mit Ethno-Elementen reihte sich an die andere. Für die schnelleren Nummern sorgten beispielsweise Brasilien, Kolumbien und Vietnam. Tief empfunden war ein Liebesduett aus Madagaskar.

Russland wurde durch den ultranationalistischen Sänger Jaroslaw Dronow (33) alias Shaman mit seinem Lied «Direkt ins Herz» vertreten. Bekannt ist der klare Befürworter der Invasion in die Ukraine und Putin-Anhänger vor allem durch das nationalistische Lied «Ja Russki» (deutsch: Ich bin Russe), das wenige Monate nach Kriegsbeginn veröffentlicht wurde. Diese Worte brüllte Shaman nach seinem Auftritt auch laut in die Mikros. Zugleich bat er die Jury, seinen Beitrag nicht zu werten, da er ja das Gastgeberland vertrete.

«Beispielloser politischer Druck»

Unmittelbar vor dem Auftritt der aus Australien stammenden Sängerin Vasiliki Karagiorgos (42) alias Vassy, die für die USA angekündigt war, teilten die Moderatoren mit, dass sie doch nicht teilnehmen werde. Die Veranstalter begründeten dies mit einem angeblichen «beispiellosen politischen Druck der australischen Regierung». In der Jury waren die USA mit Rocksänger Joe Lynn Turner (74) den Angaben nach dennoch weiterhin vertreten.

Sängerin Vassy war bereits eine Ersatzkandidatin. Der zuvor für die USA angekündigte Musiker B Howard (44) hatte am Mittwoch aus «unvorhergesehenen familiären Gründen» seine Teilnahme abgesagt.

Lawrow hatte vor dem Wettbewerb bereits auf eine Fortsetzung im kommenden Jahr gehofft. Vor Bekanntgabe des Sieger-Acts kündigten die Moderatoren schliesslich an: Im kommenden Jahr soll Intervision in Saudi-Arabien stattfinden.

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