Darum gehts
- Spanien droht mit ESC-Rückzug bei Israels Teilnahme, EBU berät sich
- Mehrere Länder erwägen Boykott, Österreich begrüsst Israels Teilnahme
- 37 Teilnehmerländer in Basel 2024, Schweiz bestätigt Teilnahme 2026
Keine Frage beschäftigt ESC-Interessierte seit Monaten mehr, als wie mit der Teilnahme Israels umgegangen wird. Seit den heftigen Gegenschlägen der israelischen Regierung auf den Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 und den damit verbundenen Genozid-Vorwürfen werden Forderungen nach einem ESC-Rausschmiss Israels immer lauter. Nun hat mit Spanien auch einer der grössten Geldgeber angekündigt, bei einer Teilnahme von Israel nicht mehr beim grössten Musikwettbewerb der Welt dabei zu sein.
«Spanien wird sich aus dem Eurovision Song Contest zurückziehen, wenn Israel weiterhin daran teilnimmt», heisst es vom spanischen Sender RTVE in einer offiziellen Mitteilung. «Der Verwaltungsrat der Körperschaft hat diese Entscheidung am Dienstag mit absoluter Mehrheit seiner Mitglieder getroffen.» Bitter für die Organisatoren: Spanien gehört neben Grossbritannien, Italien, Deutschland und Frankreich zu den sogenannten Big Five des Wettbewerbs und ist jeweils fürs Finale gesetzt.
Hinter den Kulissen brodelt es
Vor Spanien kündigten der niederländische Rundfunk Avrotros und der irische Sender RTÉ an, im Fall eines Verbleibs Israels von einem Mitwirken am ESC abzusehen. Auch Island und Slowenien machten ein ähnliches Statement. Nicht nur das Vorgehen in Gaza, sondern auch das gute Abschneiden von Yuval Raphael (24, «New Day Will Rise») und Fragen rund um die Einmischung des israelischen Staats beim Voting sorgten nach dem letzten ESC in Basel für Diskussionen.
Derweil brodelt es hinter den Kulissen bei der European Broadcasting Union (EBU). Die Anmeldefrist für den ESC wurde vom üblichen Termin im Herbst auf Dezember verschoben, um den Mitgliedern die Möglichkeit zu geben, eine EBU-Generalversammlung abzuwarten, bei der die Teilnahme Israels besprochen werde.
Es herrscht keine Einigkeit
«Wir verstehen die Bedenken und tief verwurzelten Ansichten zum anhaltenden Konflikt im Nahen Osten», äusserte sich Martin Green, ESC-Direktor in einem Statement. «Wir beraten uns weiterhin mit allen EBU-Mitgliedern, um Meinungen dazu einzuholen, wie wir mit der Teilnahme und den geopolitischen Spannungen rund um den Eurovision Song Contest umgehen sollen.»
Anders als beim Ausschluss Russlands nach dem Angriff auf die Ukraine herrscht bei der Israel-Frage aber keine Einigkeit unter den Teilnehmenden. Beim nächstjährigen Austragungsland sprach man sich für eine Teilnahme von Israel aus. ORF-Generaldirektor Roland Weissmann gab zu Protokoll, er würde eine Teilnahme Israels in Wien «sehr begrüssen und mir sehr wünschen».
Steht ESC vor Finanzierungsproblem?
Für die ESC-Verantwortlichen steht viel auf dem Spiel. Der Hauptsponsor Moroccanoil ist ein israelisches Kosmetikunternehmen. Gleichzeitig würde der ESC-Boykott diverser Länder aufgrund der Start- und Finalplätze mindestens eines der beiden Halbfinales überflüssig machen. Mit den 37 Teilnehmerländern, die 2024 in Basel an den Start gingen, ist man dafür bereits an der unteren Grenze.
Der israelische Sender Kan will sich aktuell nicht vom Wettbewerb zurückziehen. «Es gibt keinen Grund, warum Israel nicht weiterhin ein wichtiger Teil dieses kulturellen Ereignisses sein sollte, das unter keinen Umständen politisch werden darf», sagt Rundfunkdirektor Golan Jochpaz zu israelischen Medien.
Die Schweiz hat gegenüber Blick die Teilnahme 2026 bereits bestätigt. Die SRG werde «sich weiterhin im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür einsetzen, dass der ESC ein unpolitischer Anlass bleibt, der Brücken baut», heisst es auf Anfrage. Allerdings: Die Bemühungen, den Event so unpolitisch wie möglich zu halten, scheinen in dieser Zeit so gut wie aussichtlos.