Walliser Unternehmer investierte bereits über 500'000 Franken
In diesem Schneesportgebiet ist der Skiplausch komplett gratis

Während im ganzen Land Skifahren zum Luxus wird, schwimmt ein kleiner Walliser Betrieb gegen den Strom. Dort kostet eine Tageskarte: null Franken. Hinter dem verrückten Gratis-Projekt steckt ein Mann, der längst ausgesorgt hat.
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Frischer Pulverschnee und blauer Himmel: das kleine, aber feine Skigebiet Télégiettes im Wallis.
Foto: telegiettes.ch

Darum gehts

  • Télégiettes im Wallis bietet seit Jahren kostenloses Skifahren für alle Besucher an
  • Alain Bosco führt das Skigebiet mit einem Freund als Herzensprojekt
  • Jährliche Betriebskosten betragen über 60'000 Franken, davon kommen 30'000 aus eigener Tasche
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Nathalie BennRedaktorin Wirtschaft

«Die Devise ‹Alles fährt Ski› wird es in der Schweiz nicht mehr geben.» Diese Prognose fällte Tourismusexperte Jürg Stettler (59) im Oktober 2024 gegenüber Blick. Einer der Gründe: Skifahren kann sich bei weitem nicht mehr jeder und jede leisten. Die Preise für ein Skiticket werden in der Schweiz seit Jahren immer teurer.

Umso mehr sticht das kleine Schneesportgebiet Télégiettes im Wallis aus der breiten Masse heraus: Dort ist der Pistenbesuch nämlich komplett gratis – an jedem Tag, an dem der Betrieb geöffnet ist. Auf 1300 bis 1800 Höhenmetern stehen den Skienthusiasten insgesamt acht Pistenkilometer zur Verfügung. Zusätzlich gibt es Schneeschuhwanderwege und eine Langlaufloipe. 

Damit sorgt Télégiettes für internationalen Medienrummel: Die «Zeit» bezeichnet Inhaber Alain Bosco (55) als den «Robin Hood am Tellerlift». Und das Magazin der «Süddeutschen Zeitung» verlieh Télégiettes Anfang Jahr den Titel des «günstigsten Skigebiets der Welt». 

Ein Zwei-Mann-Gespann schmeisst den Laden

Der gebürtige Walliser Alain Bosco hat in den 70er-Jahren selbst an einem der beiden Tellerlifte Ski fahren gelernt. Vor 20 Jahren kaufte er das Konkurs gegangene Skigebiet und rüstete es wieder auf, wie er Blick erzählt. Seitdem führt er die Destination zusammen mit seinem Freund David Monod. «Wir erledigen fast alles selbst», sagt er im Gespräch. Während der Saison spanne er aus dem nahegelegenen Dorf Monthey VS jeweils noch zwei bis vier Helfer auf Freiwilligenbasis ein.

Weil die beiden Partner den Betrieb nur zu zweit schmeissen, ist das Skigebiet Télégiettes lediglich an je zwei Wochenenden in den Monaten Dezember bis April geöffnet. Morgen Freitag will Bosco die Vorbereitungen für die diesjährige Saison starten. Heisst: Pisten präparieren, Schnee umschaufeln, Lawinensicherungen überprüfen, Lifte auf Vordermann bringen. 

«Skifahren ist mittlerweile teurer als Golf»

Gewinn hat der Betrieb seit seiner Übernahme nie abgeworfen. «Ich mache das, weil mir erschwingliches Skifahren ein ehrliches Anliegen ist», so der Walliser. Und sagt – nur halb im Scherz: «Skifahren ist mittlerweile teurer als Golf.» Zeit in das Projekt investiere er gerne. «Mit den zwei Wochenenden über vier Monate hat es sich dann aber auch wieder.»

Ein Skigebiet, das seit über 20 Jahren die Kosten nicht deckt, muss man sich leisten können. Das kann Bosco: 2009 verkaufte er unter anderem sein selbst gegründetes Start-up an einen schwedischen Hotelunternehmer. Heute ist der Mann mit italienischen Wurzeln Immobilienunternehmer: Auf der Insel Sardinien – auf der er jeweils das halbe Jahr verbringt – vermietet Bosco Villen. Auch in der Schweiz besitzt er mehrere Häuser.

Schon über eine halbe Million Franken investiert

Der Betrieb des Skigebiets kostet jährlich über 60'000 Franken. 30'000 bezahlt Bosco aus eigener Tasche, erzählt er. Über all die Jahre hochgerechnet ergibt das eine Summe von über 500'000 Franken, die er in sein Herzensprojekt bereits investiert hat. Die andere Hälfte finanziere er über Spenden und Gemeindebeiträge. 

In Zeiten von Skifahren als Luxussport und dynamischen Preismodellen ist Boscos Skigebiet ein echtes Juwel. Ein ganzes kostenloses Skigebiet gibt es sonst nirgends im Land.

Doch dass Gratis- und Sparaktionen mehr Gäste anlocken, merken auch die Schwergewichte unter den hiesigen Berggebieten: So gibt es in der Aletsch Arena mit dem Angebot «Schgi fer frii» jeden Samstag Gratisskifahren für unter 16-Jährige. In der Jungfrau-Skiregion fahren samstags bis zu drei Kinder einer Familie gratis, wenn ein Erwachsener eine reguläre Tages- oder Nachmittagskarte kauft. Aber ganz gratis, das gibts nur bei Bosco. 

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