Darum gehts
- Zürcher Vermieterin findet trotz Wohnungsnot keine Mieter
- Sie klagt über Probleme mit Online-Inseraten und vermutet Fake-Interessenten
- Betrüger werden immer kreativer, sagen Betreiber der Immobilienportale
Karin S.* (48) versteht die Welt nicht mehr. Die private Vermieterin wird seit über einem halben Jahr ihre Wohnung im Zürcher Kreis 6 – einer sehr begehrten Wohngegend – nicht los. Die Aussage der Vermieterin mutet in Zeiten von Wohnungsnot absurd an: «Ich finde einfach keine neuen Mieter für meine Vierzimmerwohnung in Zürich», sagt sie. Die Leerstandsquote in der Stadt beträgt 0,1 Prozent. Das heisst: Es stehen gerade mal 235 Wohnungen leer.
Für Wohnungssuchende hat das dramatische Folgen. Wer in Zürich umziehen will, findet innert nützlicher Frist nichts. Jedenfalls nichts Bezahlbares. Denn je rarer ein Gut, desto teurer wird es. Die Mieten in Zürich schnellen seit Jahren in die Höhe.
Seit sechs Monaten ausgeschrieben
Unter diesen Bedingungen gehen freie Wohnungen blitzschnell weg – würde man meinen. Doch S. erlebt das Gegenteil. Seit März 2025 hat sie ihre Wohnung im Kreis 6 ausgeschrieben. Eine Vierzimmerwohnung mit 130 Quadratmeter Wohnfläche. Der Mietzins liegt mit 3850 Franken inklusive Nebenkosten unter dem durchschnittlichen Mietpreis im Zürcher Kreis 6.
Es handelt sich um eine Maisonettewohnung mit Cheminée und Balkon, aufgeteilt auf zwei Stockwerke. Einen Lift gibt es nicht. Die Vermieterin möchte die Wohnung höchstens an zwei Personen mit maximal einem Kind vermieten. Haustiere seien nicht erlaubt.
Inserat wird nicht angezeigt
Gerade im hochpreisigen Züricher Wohnungsmarkt sind solche bezahlbaren Objekte eigentlich heiss begehrt. Doch die Suche nach neuen Mietern sei extrem aufwendig, sagt S.. Inseriert hat die Vermieterin auf den grossen Schweizer Immobilienportalen: ImmoScout24, Homegate und Flatfox. Um bei diesen Anbietern eine Wohnung auszuschreiben, müssen Vermieter ein Abo lösen. Die Preise dieser Abos sind in den letzten Jahren stark gestiegen.
Doch die Dienstleistung lasse zu wünschen übrig, findet S.. Vieles funktioniere nicht oder nur mangelhaft. So konnte die Vermieterin teilweise nicht mit den Interessenten, kommunizieren – weder per E-Mail noch telefonisch. Auf Flatfox tauchte das ausgeschriebene Inserat unter den Suchresultaten im Zürcher Kreis 6 zeitweise nicht auf, obwohl sich die Wohnung dort befindet.
Ein weiteres Problem: Oft würden ältere Wohnungsinserate bereits nach einer Woche so weit nach unten rutschen, dass sie niemand mehr sehe. Löse man bei Homegate das günstigste Abo, würden sich laut S. oft kuriose Suchende melden. Die Anschriften seien immer dieselben. «Bei den Nachrichten, die ich erhalte, frage ich mich zum Teil, ob sie computergeneriert sind», sagt sie.
Kundenservice ungenügend
«Ich meldete die Unregelmässigkeiten wiederholt bei den verschiedenen Plattformen», sagt die Vermieterin. Doch die Antworten fallen wenig hilfreich aus. Sie solle doch eine kostenpflichtige Erweiterung buchen, um das Inserat ganz neu aufzugeben, hiess es beispielsweise.
Das nächste Problem: Die Interessenten, die sich bei S. melden, seien extrem unzuverlässig. Sie erlebte mehrfach, dass Bewerber bei der Besichtigung nicht auftauchen. Die Gründe für die geplatzten Termine seien jeweils fadenscheinig. Sie vermutet, dass es unter den Bewerbern viele Fake-Interessenten gibt.
Weitere Fälle bekannt
Über die Gründe dafür lässt sich nur spekulieren. Das Phänomen von Fake-Bewerbern ist der Swiss Marketplace Group (SMG), zu der alle Immobilienplattformen gehören, nicht bekannt. Vielmehr sei es insbesondere in urbanen Regionen wie Zürich manchmal der Fall, dass es sich Suchende kurz vor der Besichtigung nochmals anders überlegen.
«Teilweise erreichen uns Beschwerden von Inserierenden, dass sich Suchende gar nicht mehr melden, andere sagen kurzfristig ab», sagt Fabian Korn, Sprecher der SMG. Die Zürcher Vermieterin scheint damit also nicht alleine zu sein.
Kampf gegen Fake-Inserate
Flatfox, Homegate und ImmoScout24 haben aktuell stark mit Betrugsversuchen zu kämpfen. Immer wieder werden auf den Plattformen Fake-Inserate angepriesen. Genaue Zahlen nennt die SMG, an der auch Blick-Herausgeber Ringier beteiligt ist, nicht. Doch Flatfox warnt auf seiner Website seit Wochen vor betrügerischen Aktivitäten.
«Betrüger werden nicht müde und konfrontieren uns immer wieder mit neuen Tricks und Betrugsmaschen, auf die wir aus Sicherheitsgründen nicht näher eingehen können», sagt Korn. Am besten lasse sich das als Katz-und-Maus-Spiel bezeichnen, «bei dem es stets unser Ansporn ist, auch weiterhin die Katze zu sein».
Die Wohnungsnot in Zürich spiele den Betrügern dabei in die Karten. «Sie betreiben am liebsten dort ihr perfides Spiel, wo die Nachfrage das Angebot in besonderem Masse übersteigt», so Korn. Damit machen sie nicht nur Wohnungssuchenden, sondern wohl auch Vermieterin Karin S. das Leben schwer.
* Name geändert