Darum gehts
Die Lage auf dem Schweizer Wohnungsmarkt spitzt sich immer weiter zu! Die Anzahl leer stehender Wohnungen und Häuser sinkt seit fünf Jahren ununterbrochen. Aktuell stehen von allen Wohnungen und Eigenheime der Schweiz gerade einmal zu 1 Prozent leer. Das zeigen neue Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS).
Die Leerwohnungsziffer kratzt damit an einem bedeutenden Grenzwert. Denn laut Experten herrscht Wohnungsnot, sobald die Marke von 1 Prozent erreicht oder unterschritten wird.
In vielen Regionen der Schweiz ist das bereits jetzt der Fall. Das BFS hat die Leerwohnungsziffer aller Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnerinnen und Einwohnern erhoben. Von den insgesamt 431 Gemeinden liegt der Wert bei 257 Gemeinden bei unter 1 Prozent. Leichter, etwas zu finden, ist es lediglich noch im Jura, im Kanton Neuenburg, im Tessin oder in gewissen Teilen der Ostschweiz.
Der Mangel lässt die Preise steigen
In mehr als der Hälfte der Gemeinden herrscht aber Wohnungsnot. Das hat weitreichende Folgen für die Schweizer Bevölkerung. Es bedeutet, dass die Wohnungssuche immer schwieriger wird und mehr Zeit in Anspruch nimmt, weil das Angebot fehlt. «Selbst wenn die Zahlungsbereitschaft da ist, fehlt es oft an Auswahlmöglichkeiten», sagt Robert Weinert (45) vom Immobilienbewerter Wüest Partner.
Zudem führt der Wohnungsmangel dazu, dass die Preise stark steigen. Eine statistische Analyse des Immobilienbewerters zeigt, dass Miet- und Wohneigentumspreise und Leerstandsquoten eng miteinander verknüpft sind. «Phasen niedriger Leerstandsquoten führten in der Vergangenheit immer zu einem starken Anstieg der Angebotsmieten und Eigenheimpreise», sagt Weinert.
In den fünf grössten Städten der Schweiz liegt die Leerwohnungsziffer deutlich unter 1 Prozent. In Zürich beträgt er 0,1 Prozent, in Bern 0,43 und in Basel 0,95 Prozent. Dasselbe gilt auch für die Agglomerationen dieser Städte. Auch dort stehen heute deutlich weniger als 1 Prozent der Wohnungen leer.
Es fehlen kleine Wohnungen
Sortiert man die leer stehenden Wohnungen nach Grösse, fällt auf, dass besonders kleine Wohnungen mit einem bis zwei Zimmern schwer zu finden sind. Die meisten freien Wohnungen haben drei oder vier Zimmer. Die Anzahl ausgeschriebener Grosswohnungen mit sechs und mehr Zimmern nahm sogar zu.
Dieses Ungleichgewicht auf dem Wohnungsmarkt bekommen Haushalte dann zu spüren, wenn sie umziehen müssen. «Ist man darauf angewiesen, neuen Wohnraum zu finden, kommt es zu einer Stresssituation», sagt Fredy Hasenmaile (58), Chefökonom der Raiffeisen. «Je grösser der Druck ist, etwas zu finden, desto mehr Unmut kann die derzeitige Lage auslösen!»
Keine Umkehr in Sicht
Optimal ist die Leerstandsquote dann, wenn sich Angebot und Nachfrage die Waage halten und die Mieten, real betrachtet, nicht steigen. Das ist laut Wüest Partner dann der Fall, wenn der Leerstand rund 1,27 Prozent beträgt.
Eine Beruhigung der Lage ist laut den Experten in nächster Zeit trotzdem nicht in Sicht. Dafür müssten die Gemeinden mit einer tiefen Leerwohnungsziffer wieder mehr Wohnraum schaffen können. Oder das Bevölkerungswachstum müsste deutlich zurückgehen. Hasenmaile: «In den nächsten zwei Jahren wird es keine Umkehr geben.»