Darum gehts
- US-Mittelschicht leidet unter Preiserhöhungen bei Alltagsprodukten
- Trump hebt Zölle auf Alltagsprodukte auf, um Inflationsdruck zu mindern
- Kaffeepreise sind seit Jahresbeginn um etwa 20 Prozent gestiegen
Bei Costco haben die Chefs genug: Der US-Detailhandelsriese hat die US-Regierung mit Präsident Donald Trump (79) wegen der Handelszölle verklagt. Frenetische Trump-Anhänger rufen deshalb in den sozialen Medien zum Boykott der Handelskette auf. Das könnte für Costco gravierende Folgen haben: Die grossen Verkaufshallen stehen meist im Umland, wo viele republikanisch wählen. Doch die Aufrufe scheinen an der Bevölkerung abzuprallen. Denn die Mittelschicht leidet unter den steigenden Lebensmittelpreisen. Da will keiner auf die Möglichkeit verzichten, sich günstig mit Lebensmitteln zu versorgen.
Dabei wiederholt Trump seit Monaten ständig, dass er die Teuerung besiegt hat. «Nur zu sagen, die Inflation ist weg, macht es nicht wahr. Jeder kann eins und eins zusammenzählen und weiss, dass die Zölle mit den Preiserhöhungen zusammenhängen», sagt Simon Evenett (55). Er ist Professor für Geopolitik und Strategie am IMD in Lausanne.
Die Realität hat den US-Präsidenten nun eingeholt: Das zeigt sich besonders deutlich beim Kaffee, einem der Lieblingsgetränke der US-Bürgerinnen und Bürger. Im Handel zahlen sie fast 21 Prozent mehr für eine Kaffeepackung als vor einem Jahr. Die Schmerzgrenze ist überschritten.
Lebenshaltungskosten als politische Waffe
Auch beim Rindfleisch haben die Preise seit Anfang Jahr zwischen 10 und 20 Prozent zugelegt. Bei Bananen sind es immerhin 7 Prozent. Viele dieser Produkte kommen aus Brasilien. Beim Kaffee stammt gar ein Drittel der konsumierten Menge aus dem südamerikanischen Staat, den Trump als politisches Druckmittel mit einem Zollsatz von zusätzlichen 40 Prozent abgestraft hatte.
«Die Lebenshaltungskosten sind eine starke politische Waffe, die Trump im Wahlkampf genutzt hat und die zuletzt der neue demokratische Bürgermeister von New York gegen die Trump-Regierung eingesetzt hat», erklärt Evenett.
Die Inflation in den USA hält sich hartnäckig. Die jährliche Rate stieg im September auf 3 Prozent. Bei den Lebensmitteln fällt die Teuerung stärker aus. Oktoberzahlen gibt es keine, da dem Statistikbüro wegen des Shutdowns der Regierung die Daten fehlen. Trump sah sich jedenfalls dazu gezwungen, zu reagieren.
Auch Nespresso profitiert
Der US-Präsident ruderte vor zwei Wochen zurück und hob die Zölle auf Kaffee, Rindfleisch, Tomaten, Bananen, Tee, Kakao, Gewürze und Fruchtsäfte auf. «Also vor allem Produkte, welche die Arbeiterklasse täglich kauft», so Evenett. Schokolade, eher ein Luxusprodukt, sei darum zum Beispiel nicht dabei.
Von den Zollaufhebungen profitiert auch Nespresso. Für den Kapselkaffee aus der Schweiz ist der US-Markt ein wichtiger Absatzmarkt. Die Trump-Administration begründete den Schritt damit, Zölle auf Produkte zu senken, die in den USA nicht hergestellt werden. Doch beim Rindfleisch trifft das nicht zu.
Trump nutzt die Zölle als Allzweckwaffe, mit der er Staaten abstraft oder im Fall des argentinischen Präsidenten Javier Milei (55) einem Gleichgesinnten unter die Arme greifen will. Dafür hat er das jährliche Zollkontingent für Rindfleisch aus Argentinien vervierfacht. Die US-Farmer im Westen schlagen Alarm.
Düngemittel und Luftfahrt auch ausgenommen
Den Bauern setzen auch die stark steigenden Preise beim Düngemittel zu. Allein seit Ende Mai bis Mitte November ist der Preis für Diammoniumphosphat um 25 Prozent geklettert. Seit dem Vorjahr haben die Preise von Düngemitteln zwischen 10 und 30 Prozent zugelegt. Trump hat den Bauern zuliebe auch hier die Zölle aufgehoben.
Auch ein Teil der exportorientierten US-Firmen leidet unter den Zöllen: Darunter beispielsweise die Maschinenbaufirmen, welche für ausländische Fluggesellschaften Komponenten herstellen. Ausländische Flugzeughersteller haben wegen der US-Zölle weniger bestellt. Dank Lobbying der US-Luftfahrtindustrie hat die Regierung ein altes Sonderabkommen, das zivile Flugzeuge von Zöllen befreit, wieder in Kraft gesetzt. Davon profitieren auch die Pilatus Flugzeugwerke in Stans NW. «Sind in einer US-Firma viele Arbeitsplätze bedroht, kann sie eine Zollausnahme beantragen, dafür muss sie aber meist Zusagen machen, beispielsweise Investitionen in den USA», so Evenett.
Der Experte sieht darin einen wichtigen Kern von Trumps Zollpolitik. «Er steigt mit hohen Zöllen ein, damit er eine Verhandlungsmasse hat.»
Die bestehenden Zölle dürften den Teuerungsdruck weiterhin hochhalten. Händler wie Costco versuchen die Preiserhöhungen für ihre Kundschaft im Zaum zu halten – und die eigenen Margen zu halten. Dafür passen sie Sortimente an, setzen verstärkt auf einheimische Produkte und Eigenmarken. Aber irgendwann sind auch diese Hebel erschöpft.