Kuhn-Rikon-CEO Tobias Gerfin ermahnt Politik
«Die US-Stahlzölle dürfen nicht vergessen gehen»

Kuhn Rikon macht einen Fünftel des Umsatzes in den USA. Doch die US-Zölle belasten die Zürcher Firma – insbesondere die auf Stahl und Aluminium. Geschäftsführer Tobias Gerfin gibt Einblick, wie seine Angestellten die zusätzliche Arbeit stemmen.
Kommentieren
1/10
Wegen der US-Zölle habe sein Team alle Hände voll zu tun, erzählt Kuhn-Rikon-CEO Tobias Gerfin. Besonders belastend: Zölle auf Stahl, Aluminium und Kupfer.
Foto: Thomas Meier

Darum gehts

  • US-Zoll-Deal steht, aber Zolldilemma für Schweizer KMU ist nicht gelöst
  • Kuhn Rikon kämpft mit Zöllen von 50 Prozent auf Stahl- und Aluminiumprodukte
  • Die Zürcher Firma erhöhte die US-Preise um 20 Prozent, der Umsatzanteil fällt unter 20 Prozent
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Der US-Zoll-Deal steht. Bereits in wenigen Tagen könnten die 15 Prozent wirksam werden. Viele Schweizer Export-KMU atmen auf – doch längst nicht alle. Denn mit dem Deal ist das Zolldilemma noch lange nicht gelöst, sagt Tobias Gerfin (59). «Die 50-Prozent-Zölle auf Stahl und Aluminium sind für uns viel belastender», so der CEO von Kuhn Rikon im Gespräch mit Blick.

Die Zölle von 50 Prozent erheben die USA auf alle Produkte, die Stahl, Aluminium oder Kupfer enthalten. Diese treffen die Zürcher Firma hart, die seit 1899 Pfannen, Messer und andere Küchenutensilien herstellt. «Es ist sehr wichtig, dass diese Zölle nicht vergessen gehen», mahnt Gerfin.

Die Angestellten von Kuhn Rikon haben deswegen alle Hände voll zu tun. Für jedes Produkt, das der Schweizer Hersteller in die USA liefert, muss der Stahl- respektive Aluminiumanteil separat berechnet werden. Dieser Anteil muss dann jeweils mit 50 Prozent verzollt werden. «Das ist ein enormer Aufwand, der uns keinen Zusatznutzen bringt», kritisiert Gerfin.

CEO Tobias Gerfin arbeitet seit über 12 Jahren für Kuhn Rikon.
Foto: Thomas Meier

85 Prozent der Artikel, die Kuhn Rikon in den USA verkauft, werden in China produziert. Grundsätzlich gelten die Stahl- und Aluminiumzölle für alle Länder gleichermassen. Für China kommen noch verschiedene US-Zölle obendrauf: Stahlprodukte aus China können in den USA deshalb 70 bis 90 Prozent teurer sein als sonst.

Doch eine Produktionsverlagerung in die USA kommt für Gerfin nicht infrage: «Wir wollen dort investieren, wo wir langfristig Chancen haben. Das ist in den USA nicht der Fall.» Auch in der Schweiz betreibt Kuhn Rikon zwei Werke: eines in Rikon ZH, ein zweites in Rheinfelden AG. Etwa 30 Prozent des Umsatzes macht die Firma mit Waren, die in der Schweiz produziert werden. Diese sind mit dem «Kuhn Rikon Switzerland»-Logo versehen.

US-Team am Anschlag

In den USA arbeiten insgesamt acht Personen für die Tochtergesellschaft von Kuhn Rikon. Sie kümmern sich um die Vermarktung – und um die wegen der Zölle schwierige Preissetzung. Da das kleine Team in den USA aber kaum nachkommt, wird die zusätzliche Arbeit von Mitarbeitenden in der Schweiz gestemmt. Weltweit beschäftigt Kuhn Rikon 270 Angestellte, mehr als zwei Drittel davon hierzulande.

Die Stimmung der Belegschaft in der Schweiz und in Europa sei gut, da hier die Geschäfte ausgezeichnet laufen. Insgesamt verkauft Kuhn Rikon seine Produkte in 28 verschiedene Länder. «In den USA ist die Stimmung aufgrund der Unsicherheiten und der ständigen Veränderungen verständlicherweise etwas schlechter», so Gerfin.

Um nicht auf diesen Extrakosten sitzen zu bleiben, hat Kuhn Rikon dieses Jahr bereits zweimal die Preise in den USA erhöht – um insgesamt 20 Prozent. Doch das reicht nicht. «Wir geben einen Teil unserer Marge her, um die Zusatzkosten zu finanzieren», so Gerfin weiter. «Solange die Aluminiumzölle bleiben, kommt eine Preissenkung nicht infrage.» 15-Prozent-Zölle hin oder her.

Umsatzanteil in den USA schrumpft

Doch wegen der gestiegenen Preise verkauft Kuhn Rikon in den USA weniger als sonst: «Der Umsatzanteil in den USA wird unter 20 Prozent fallen», so Gerfin. Um wie viel die Verkäufe genau zurückgehen, kann der CEO noch nicht einschätzen. Kuhn Rikon hat in den USA zwar viel Konkurrenz, doch diese verkauft ihre Waren zu ähnlichen Konditionen, da die Rohstoffe so oder so aus dem Ausland kommen.

Schweizweit sind die Exporte der Tech-Industrie in die USA im dritten Quartal um über 14 Prozent gesunken, wie Zahlen des Branchenverbands Swissmem zeigen. «Die Zölle haben in nur sieben Wochen bereits eine ziemliche ‹Blutspur› hinterlassen», so Vizedirektor Jean-Philippe Kohl (59). Fast ein Fünftel der US-Exporte der Schweizer Techfirmen sind direkt von den Stahlzöllen betroffen, gemessen an den Exportzahlen 2024. Am häufigsten reagieren die Firmen mit einem Einstellungsstopp, der Erschliessung neuer Absatzmärkte oder mit Kurzarbeit.

Doch Kurzarbeit ist bei Kuhn Rikon kein Thema – schliesslich läuft das Geschäft ausserhalb der USA sehr gut. Am Schluss zahle der US-Kunde den Aufpreis. «Schliesslich braucht der Konsument trotzdem Produkte für die Küche», so Gerfin. Solange alle Anbieter die gleichen Zollaufschläge tragen müssten, bleibe seine Firma konkurrenzfähig. «Wenn aber neue Deals zu Nachteilen für die Schweiz führen, kann sich diese Prognose schnell ändern.»


Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen