Endlich kommt Bewegung in die vertrackte Situation beim Thurgauer Küchenbauer Forster. Nachdem die 135 Mitarbeitenden die überfälligen April-Löhne noch immer nicht auf dem Konto haben, hat der fünfköpfige Verwaltungsrat am Freitagabend beim Bezirksgericht Arbon TG eine Nachlassstundung beantragt. Dieser hat das Gericht nun am Dienstagabend stattgegeben und einen Sachwalter eingesetzt. Laut Stellungnahme von Forster-Sprecher Sven Bradke ist die Anwaltskanzlei Wicki Partners AG aus Zürich mit dem Mandatsleiter Balthasar Wicki und Vivien Keiser ausgewählt worden.
Was heisst das? Eine provisorische Nachlassstundung ist eine Art finanzielle Verschnaufpause. Sie dient einem Unternehmen in finanzieller Schieflage, vorübergehend Schutz vor Betreibungen zu erhalten – aber nur, wenn die Lage nicht hoffnungslos ist. Das gibt der Firma Zeit, eine Sanierung oder einen Nachlassvertrag, also einen Vergleich mit den Gläubigern, zu erarbeiten. Hauptaufgabe des Sachwalters ist es, die Interessen der Gläubiger und des Schuldners zu wahren. So nimmt er zum Beispiel ein Inventar auf und übernimmt die Geschäftsführung.
Und was ist mit den ausstehenden Löhnen? Die bezahlt jetzt die Arbeitslosenkasse des Kantons Thurgau. Also sämtliche Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die in die Arbeitslosenkasse einzahlen. Zumindest vorerst. «Mit Genehmigung der provisorischen Nachlassstundung sind nun die Voraussetzungen geschaffen, dass die Arbeitslosenkasse des Kantons Thurgau die Gesuche der Mitarbeitenden um Auszahlung der Insolvenzentschädigung – also für die überbrückende Auszahlung der ausstehenden Löhne – bearbeiten kann», schreibt Forster-Sprecher Sven Bradke.
Und weiter: «Die Arbeitslosenkasse des Kantons Thurgau ist für die Auszahlung der Insolvenzentschädigung aller betroffenen Mitarbeitenden zuständig. Diese werden bei der Einreichung ihrer Anträge von verschiedenen Stellen aktiv unterstützt.»
Rücktritt gefordert
Bloss: Ob der Betrieb bei Forster damit schon wieder regulär weitergeht, ist unklar. Anfang Woche sind viele Angestellte zum Nichtstun verdammt gewesen. Nur die Hälfte der Mitarbeitenden hat gearbeitet, wie der Küchenbauer mitteilt.
Monteure und Servicetechniker haben seit Freitag keine Lieferwagen mehr, mit denen sie zu Kundinnen und Kunden fahren können. Sie mussten die Fahrzeuge zurückgeben, weil Forster die Leasinggebühren nicht mehr bezahlt hat. Auch die Produktion steht zu grossen Teilen still, weil Teile von Zulieferern fehlen. Mit ihnen hat es sich Forster wegen unbeglichener Rechnungen verscherzt. Die neun Küchenstudios in der ganzen Schweiz haben teils früher geschlossen.
Unia-Regionalleiterin Anke Gähme (61) hat die Nachlassstundung schon seit Tagen gefordert. Zufrieden ist sie dennoch nicht. Sie will nämlich auch eine neue Geschäftsleitung. «Die Angestellten fordern den sofortigen Rücktritt von Finanzchefin Ipek Demirtas, CEO Andreeas Sandmann und Verwaltungsratspräsident Max Müller», betont sie. Nur so sieht sie noch eine Zukunft. «Jetzt darf es keine weiteren Ausreden und Verzögerungen auf dem Rücken der Beschäftigten mehr geben.»
1,8 Millionen Franken liegen parat
Hinter den Kulissen tobt derweil ein übler Machtkampf, wie das «St. Galler Tagblatt» zuerst berichtet hat. Die drei Eigentümer der traditionsreichen Firma haben sich verkracht. Küchen-König Max Müller (78) und Ipek Demirtas (58), die gleichzeitig auch noch Forster-Finanzchefin ist, haben sich mit dem dritten Miteigentümer, dem Winterthurer Architekten und Unternehmer Giovanni Cerfeda (70), überworfen.
Gegenüber Blick hat der Immobilienunternehmer erklärt, wie es mit Forster weitergehen soll. «Wir haben nachgewiesen, dass wir mindestens 1,8 Millionen Franken zur Deckung der Löhne und der wichtigsten Verbindlichkeiten zusichern, wenn das Gericht einer Nachlassstundung zustimmt», sagt er. Der Winterthurer betont: «Damit stellen wir genügend Mittel bereit, damit der Betrieb fortgesetzt und ein umfassender Sanierungsplan entwickelt werden kann.» Ohne Müller und Demirtas. Und ohne CEO Sandmann.