Roman Koidl (58) kann Päckli mit KI vollelektronisch verzollen
Schweizer Unternehmer wittert im Zollchaos seine Chance

Auch im grenzüberschreitenden Postverkehr hat Donald Trump ein Chaos angerichtet. Neuerdings müssen alle Pakete in die USA bereits im Land des Absenders verzollt werden. Das wirft viele Fragen zur Abwicklung auf. Der Schweizer Unternehmer Roman Koidl hat die Lösung.
Publiziert: 00:01 Uhr
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Donald Trump sorgt auch beim Versand von Kleinpaketen für Chaos.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • USA ändert Zollregeln für Pakete, verursacht Chaos im Paketversand
  • Schweizer Unternehmer entwickelt KI-Lösung für automatische Verzollung
  • EClear verarbeitet 500'000 Pakete pro Monat, strebt 400'000 täglich an
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Donald Trump (79) braucht Geld, um seine Big Beautiful Bill zu finanzieren. Dafür ist dem US-Präsidenten beinahe jedes Mittel recht. Am liebsten dreht er an der Zollschraube, wie die Schweiz schmerzlich erfahren musste. Um noch mehr Einnahmen zu generieren, haben die USA kürzlich die Zollausnahmen für Pakete unter einem Warenwert von knapp 640 Franken abgeschafft – mit fatalen Folgen für den Paketversand. Das Chaos war gross, vorübergehend waren keine Paketsendungen mehr in die USA möglich. Die Schweizerische Post und viele andere Postunternehmen und Paketdienste waren mit der kurzfristig angeordneten Direktive aus den USA überfordert. 

Gemäss einer Mitteilung des Weltpostvereins vom Samstag ist der Postverkehr in die USA um über 80 Prozent eingebrochen. Das dürfte vor allem kleinere Pakete im grenzüberschreitenden E-Commerce betreffen. 

Inzwischen ist der Versand von Geschenkpäckli, die weniger als 80 Franken wert sind, wieder möglich. Doch es bleiben viele Fragen offen, vor allem, weil die USA neuerdings auf die sogenannte Vorverzollung bestehen. 

Grosse Datenbank und KI

Das heisst, sämtliche Pakete in die USA müssen bereits im Land des Absenders verzollt werden. Das beschleunigt die Auslieferung der Pakete nach ihrem Eintreffen in die USA – und spart den US-Empfängern Zeit und Geld. 

Auf all diese Fragen rund um Zölle, Vorverzollung und weitere Abgaben wie zum Beispiel Mehrwertsteuern hat der Schweizer Unternehmer Roman Koidl (58) eine Antwort: EClear. Das Start-up mit Sitz in Konstanz (D) hat in den vergangenen Jahren eine riesige Datenbank aufgebaut, die Millionen Daten über Abgaben im grenzüberschreitenden Warenverkehr enthält. «Die Idee dazu hatte ich 2016, kurz darauf habe ich das Unternehmen gegründet.» 

Das Herzstück von EClear ist eine selbstgebaute KI, die aufgrund der Produktbeschreibung und dem Bestimmungsort die korrekten Zolltarife und Mehrwertsteuersätze berechnet und die korrekte Verzollung vollelektronisch regelt, noch bevor das Paket im Bauch des Flugzeugs verschwindet. Das spart im Vergleich zu einer herkömmlichen Verzollung bis zu 95 Prozent der Kosten. 

Prominenter Aufsichtsrat

Wie leistungsfähig die Automatisierungslösung ist, zeigt sie im täglichen elektronischen Handel zwischen China und Europa. «Über unseren Standort am Flughafen Leipzig verarbeiten wir im Moment rund eine halbe Million Pakete pro Monat. Bis Weihnachten wollen wir uns auf 400'000 Paketsendungen pro Tag steigern», so Koidl. 

Wie kommt es, dass ein Österreicher, der auch den Schweizer Pass besitzt und in der Nähe von Zürich wohnt, sein Unternehmen in Deutschland gründet? Normal ist eher der umgekehrte Weg: Deutsche Unternehmer lassen sich mitsamt ihrer Firma in der steuergünstigeren Schweiz nieder. Koidl schmunzelt vielsagend: «Der ehemalige deutsche Finanzminister Peer Steinbrück (78) war jahrelang Aufsichtsratsvorsitzender in der Firma – damit war das Steuerthema vom Tisch.»

Zur Erinnerung: Nach der Finanzkrise von 2008 hatte Steinbrück rhetorisch mit der Peitsche geknallt und der Kavallerie gedroht, sollte die Schweiz bei der Jagd auf deutsche Steuerflüchtlinge keine Unterstützung leisten. 

Immerhin: Rund zwei Drittel der Firma sind im Besitz von Schweizer Investoren, die an die Vision von Koidl glauben: «Unser Ziel ist der Aufbau einer globalen Clearing-Plattform für den elektronischen Handel.» Das Potenzial ist enorm: Im vergangenen Jahr wurden 4,5 Milliarden Pakete aus China allein in die EU importiert. 

Mit Innovation gegen Trump

Neben der riesigen Datenmenge der Plattform ist die Verlässlichkeit der automatischen Verzollung entscheidend: «Wenn Sie ein guter Partner sind, macht der Zoll viel seltener Stichproben.» Gerade mal 0,1 Prozent des über EClear abgewickelten gesamten Warenstroms werde vom Zoll in Leipzig kontrolliert, sagt Koidl nicht ohne Stolz. 

Seine Lösung würde auch vielen Postgesellschaften das Leben – und damit das Geschäft – erleichtern, ist der Unternehmer überzeugt. Angebissen hat bis jetzt noch keine. Mit dem Ende der Ausnahmen für Kleinstpakete in die USA könnten neue Geschäftschancen für EClear entstehen. 

«Es hilft nichts, über die Zollpolitik von Trump zu jammern. Dem Chaos müssen die Schweiz und Europa mit innovativen Lösungen begegnen», so Unternehmer Koidl. Er wüsste auf alle Fälle wie. 

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