Darum gehts
- Verschärfte US-Visaregeln verunsichern Sprachreisende und beeinflussen die Buchungen
- Social-Media-Profile müssen für die Visabewerbung auf «öffentlich» gestellt werden
- Sprachreisenanbieter verzeichnen bis zu 37 Prozent Rückgang bei den USA-Buchungen
Kann ich einen Sprachkurs in den USA buchen, ohne ein Visum beantragen zu müssen? Was passiert, wenn ich auf Instagram eine negative Karikatur von US-Präsident Trump geteilt habe?
Mit solchen und ähnlichen Fragen werden die Mitarbeitenden von Claudio Cesarano (55), Chef des Zürcher Sprachreisenanbieters Linguista, derzeit überhäuft. «Es ist viel Unsicherheit mit einem längeren Aufenthalt in den USA verbunden», weiss Cesarano.
Das hat mit den schärferen Regeln bei der Vergabe eines USA-Visums zu tun. Bereits seit 2019 müssen Antragsteller Informationen zu ihren Social-Media-Konten angeben. Neu ist aber, dass man alle seine Social-Media-Profile spätestens am Tag des Visa-Interviews bei der US-Botschaft auf «öffentlich» stellen muss – und zwar so lange, bis der Reisepass zurückgegeben wird.
Wer sich um eine Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis in den USA bewirbt, wird – unter anderem auf Social-Media-Profilen – auf Antiamerikanismus überprüft. Wie dieser genau definiert wird, ist unklar. Aber Trump-kritische Posts dürften für den Erhalt eines Visums nicht förderlich sein.
Kanada oder Australien statt USA
Für eine kurze touristische Reise in die USA brauchen Schweizerinnen und Schweizer zwar kein Visum. Es reicht das Esta, eine digitale Einreiseerlaubnis. Wer einen Sprachaufenthalt von unter drei Monaten bucht, benötigt also kein Visum. Sorgen bereitet die schärfere Regel jenen, die Langzeitsprachkurse oder Studienaufenthalte in den USA planen.
Die Folge: Die Buchungszahlen für Sprachaufenthalte in den USA gehen massiv zurück. «Für das kommende Jahr haben wir noch keine einzige USA-Buchung», sagt Cesarano. Das sei besorgniserregend. Sprachschüler bevorzugten anstelle der USA immer mehr Aufenthalte in Kanada, Australien oder anderen Ländern.
Dieses Jahr habe Linguista bis im Juni kaum Einbussen gehabt, nur ein Minus von 3 Prozent. Laut Cesarano liegt man inzwischen jedoch bei minus 23 Prozent, bis Ende Jahr dürften es minus 37 Prozent sein. Immerhin: Australien verzeichne 15 Prozent und Neuseeland 26 Prozent mehr Nachfrage. «Das kompensiert aber noch lange nicht die USA-Verluste, dem nach England zweitwichtigsten Markt für Englisch-Sprachreisende!»
Vor allem jüngere Sprachreisende fehlen
Auch Simon Marcon (51), Inhaber der Studylingua Group in St. Gallen, bereiten die USA Sorgen. Gegenüber Blick hält er fest: «Die Einreisepolitik der USA trifft speziell unsere Partnerschulen in den USA hart.» Diese hätten gemeldet, dass vor allem der Sprachreisemarkt der Schüler bis 16 Jahre markant zusammengebrochen sei. «Eltern weltweit vermeiden es derzeit, minderjährige Schüler und Jugendliche in die USA zu entsenden.» Die Studylingua Group habe deshalb betreute Sprachreisen für Schüler und Jugendliche bis auf Weiteres aus dem Programm genommen.
Generell betrage der Rückgang für die USA knapp 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mehrheitlich würden in Amerika Kurse gebucht, die kürzer dauern und für die somit kein Visum erforderlich ist. Obwohl Marcon präzisiert, dass bislang bei den USA-Einreisen seiner Kunden – ob mit Esta oder mit Visum – keine Probleme vorgekommen seien.
Laut Marcon sind derzeit Englisch-Kurse in Europa – England, Irland, Malta – gefragter. Für 2026 erwarte er noch keine Entspannung der Situation mit USA-Buchungen, auch wenn zuletzt wieder vermehrt Anfragen hereinkamen. «Vielleicht aufgrund der tiefen Preise der Airlines.»
Simone Moser, stellvertretende Geschäftsführerin beim Sprachreisenanbieter EF Schweiz, gibt keine konkreten Zahlen preis. Ihr zufolge ist die Nachfrage für die USA stabil, «auf Vorjahresniveau». Sie berichtet von positivem Feedback der Sprachschüler vor Ort und hält fest, dass politische Entwicklungen nur geringen Einfluss auf die persönliche Erfahrung der Schüler hätten. Sie räumt aber ein, dass es «einen erhöhten Informations- und Beratungsbedarf in der Planungsphase» gebe.
Pikant: Das US-Aussenministerium gab kürzlich bekannt, dass seit der Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump (78) fast viermal so viele Studentenvisa abgelehnt oder widerrufen wurden wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres.