Darum gehts
- Schweizer können zwar wieder Geschenke in die USA versenden
- Doch neue Zollvorschriften stellen die Post vor grosse Herausforderungen
- Onlineshop-Betreiber Daniel Kobel macht ein Drittel seines Umsatzes in den USA
Wer ein Paket in die USA schicken will, blieb die letzten Tage darauf sitzen. Seit dem 26. August können Schweizerinnen und Schweizer keine Waren mehr mit der Schweizerischen Post in die Vereinigten Staaten versenden. Der gelbe Riese zog die Notbremse: Neue Zollvorschriften der Amerikaner stellen den Staatsbetrieb vor grosse Herausforderungen. Immerhin: Ab heute Donnerstag können Privatpersonen wieder Geschenke mit einem Warenwert von bis zu 80 Franken mit der Post in die USA versenden.
Alles, was darüber hinausgeht, bleibt weiterhin in der Schweiz liegen. Das trifft Schweizer Onlineshops, die Waren nach Übersee verschicken. Dazu gehört Daniel Kobel (61). Der Berner aus Oberdiessbach BE verkauft und versendet Schallplatten in die USA.
«Bisher habe ich pro Woche ein bis zwei Lieferungen nach Amerika geschickt», sagt Kobel im Gespräch mit Blick. Doch bereits seit April – als Trump am «Liberation Day» zum ersten Mal Zolltarife präsentiert hatte – nahm die Nachfrage aus den USA ab. Normalerweise macht Kobel dort ein Drittel seines Umsatzes. Doch die Unsicherheit ist zu gross: «Es ist rapide, wie die Bestellungen zurückgegangen sind.»
Existenzsorge bei Kobel
Bestellungen hin oder her: Jetzt kann der Berner sowieso keine Waren mehr in die USA liefern. Die Post bietet zwar einen Express-Kleinwarenversand für maximal 80 Franken Warenwert an. Die Pakete werden dabei vom US-Logistiker Fedex verschickt, was mindestens 37.15 Franken kostet. «Das ist mindestens doppelt so viel, wie ich bisher bezahlt habe. Generell sind Fedex und UPS zu teuer», so Kobel, der vor allem Pakete mit einem Warenwert zwischen 300 und 400 Franken in die USA verschickt.
Wenn die Probleme mit der Post und auch die Zölle länger anhalten, wird es eng für den Unternehmer: «Dann kann ich mein Geschäft nicht mehr halten. Ich brauche den Umsatz aus Amerika, um mein Hauptgeschäft aufrechtzuerhalten.»
Kobel betreibt in Oberdiessbach einen Dirndl-Verleih. Im Hinterraum des 300 Quadratmeter grossen Ladens lagert er seine rund 8000 Schallplatten. Diese verkauft er online über die Plattform Discogs, bei der er als unabhängiger Verkäufer dabei ist. Mit dem Zustupf aus den Schallplattenverkäufen konnte er seinen Verleih bisher über Wasser halten.
Doch Kobel hat Glück im Unglück: Dirndl und Lederhosen haben im September und Oktober Hauptsaison. Gegen Ende Jahr könnte es dann schwieriger werden. «Ich bin auf der Suche nach einem günstigeren Standort, damit ich einen Plan B habe», so der Unternehmer.
Wie lange dauerts?
Konkret hatte US-Präsident Donald Trump (79) die bisherige Freigrenze von 800 Dollar für Warensendungen abgeschafft. Jede kleine Sendung muss jetzt verzollt werden. Damit will er vor allem Billiganbietern wie Temu und Shein den Kampf ansagen. Doch es trifft viele mehr – und das weltweit. «Trump ist es gar nicht bewusst, was er damit auslöst», ist sich Kobel sicher.
Aber es gibt noch einen Hoffnungsschimmer: Bespielte Medien wie Schallplatten, CDs oder auch Kassetten sollten gemäss der Plattform Discogs immerhin von den Zöllen befreit sein. Doch die Unsicherheit, ob das tatsächlich stimmt, ist gross.
Kobel hofft, dass er die US-Konsumenten bald wieder mit seinen Schallplatten beliefern kann. Er rechnet jedoch damit, dass es bis zu einem halben Jahr dauern könnte.
Wie lange der Post-Päckli-Stopp für einen Warenwert über 80 Franken andauert, kann der gelbe Riese auf Nachfrage nicht abschätzen. Kobel zeigt sich in der Zwischenzeit kämpferisch: «Ich bin seit 28 Jahren selbständig – mich erschüttert nichts mehr.»