Darum gehts
Also doch! «Dem Amt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen liegen Hinweise eines ehemaligen Mitarbeiters eines Carna Centers vor, das in einem anderen Kanton betrieben wurde.» Susanne Wahrenberger, Sprecherin des Kantons St. Gallen, bestätigt damit gegenüber Blick erstmals, dass die Lebensmittelinspektoren des Kantons Mitte November 2024 über Fleisch-Tricksereien bei den Carna Centern mit Fotos und Dokumenten als Belege informiert wurden.
Im Blick hiess es noch unter Berufung auf die Schweigepflicht, dass man zu den Vorwürfen an den Fleischfachmarkt-Betreiber nichts sagen dürfe. Das hat die Grünen-Ständerätin Maya Graf (63) heftig kritisiert: «Die Betriebe haben offensichtliche Mängel aufgewiesen. Doch offenbar hat niemand hingeschaut. Das zeugt von einer mangelnden Kontrolltätigkeit.»
Die Ostschweizer Fleischbranche steht nun unter Druck: Der Fleischskandal rund um die Carna Center schlägt hohe Wellen, weit über die Region hinaus. Die Vorwürfe von Ex-Angestellten an die Carna-Center-Chefs: Billigfleisch aus Osteuropa sei als teures Schweizer Fleisch verkauft worden. Angebliches Frischfleisch soll mehrere Jahre alt sein und aus dem Tiefkühler stammen. Bei einer internen Untersuchung «haben sich diese Vorwürfe nicht bestätigt», kontert Carna-Center-Anwalt Andreas Meili. Mit dessen Hilfe bestreiten die Verantwortlichen die Vorwürfe.
Kantone müssen durchgreifen
«Schweizer Fleisch steht für ein einzigartiges Tierwohl und einen hohen Standard in puncto Nachhaltigkeit. Darauf müssen sich Schweizer Kunden verlassen können», sagt Mike Egger (32), Nationalrat der SVP St. Gallen. Sollte sich der geschilderte Vorfall durch die Kontrollorgane bestätigen, schadet dieser der gesamten Branche, weiss der gelernte Metzger.
Die gesetzlichen Grundlagen sind gemäss dem Nationalrat unmissverständlich und klar definiert. «Die Umetikettierung mit falschen Herkunftsangaben oder Haltbarkeitsdaten von Fleisch ist in der Schweiz absolut illegal, dafür gibt es griffige Gesetze», erklärt Egger, der zugleich Vizepräsident des Fleischfachverbands St. Gallen und Liechtenstein ist. «Es wäre sehr wichtig, dass die Kantone bei solchen Fällen durchgreifen.» Er selbst nimmt die kantonale Kontrolle als sehr streng und korrekt wahr.
Um ebensolche Vorfälle zu verhindern, hat der Schweizer Fleisch-Fachverband (SFF) die Ombudsstelle Fleisch gegründet. Bei Verstössen oder auch bei einem Verdacht können sich Arbeitnehmende aus der Branche, aber auch Konsumenten bei der Beschwerdestelle melden. Betrieben wird die Ombudsstelle vom Konsumentenforum.
«Ich finde es fatal, dass solche schwarzen Schafe die gesamte Branche in Mitleidenschaft ziehen können», sagt Babette Sigg (62), geschäftsführende Präsidentin des Konsumentenforums. Seit dem Bestehen der Ombudsstelle habe es nur sehr wenige Fälle zu behandeln gegeben. Welche das sind, sagt Sigg nicht.
Verband will Konsequenzen ziehen
«Die Einhaltung von Hygiene-, Deklarations- und Qualitätsvorschriften ist nicht verhandelbar», findet auch der SFF. Es sei im Sinne aller und auch zum Schutz der eigenen Mitglieder, dass der Fall geklärt wird. Erst dann wird es möglich sein, «entsprechende Konsequenzen ziehen zu können». Die öffentliche Diskussion begrüsst der Verband: «Sie unterstreicht die zentrale Bedeutung von Vertrauen und Integrität in unserer Branche.»
Das kantonale Labor im Thurgau, das für die Lebensmittelsicherheit zuständig ist, kann die Vorfälle bei den Carna Centern selbst noch nicht bestätigen, nimmt sie aber zur Kenntnis: «Solche Vorwürfe nehmen wir sehr ernst und gehen der Sache nach», sagt der stellvertretende Kantonschemiker Davide Degiorgi.
Momentan gibt es noch die Carna Center in Oberaach TG und Heerbrugg SG sowie den Gastroblitz in St. Gallen, der aber unabhängig von diesen beiden Fleischfachmärkten ist. Diese Betriebe werden gemäss Angaben der Kantone regelmässig kontrolliert.