Darum gehts
- Iran droht mit Schliessung der Strasse von Hormus, Finanzmärkte besorgt
- Blockade könnte globale Ölpreise verdoppeln und Weltwirtschaft beeinflussen
- Schweiz bezog 2023 31,6% Öl aus Nigeria und 54% aus USA
Die Welt blickt mit Sorgen in den Nahen Osten. Die Eskalation zwischen Israel und dem Iran spitzt sich am Samstag weiter zu. Besonders eine Drohung aus Teheran lässt die Finanzmärkte aufhorchen: «Die Schliessung der Strasse von Hormus wird derzeit geprüft, und Iran wird mit voller Entschlossenheit die angemessene Entscheidung treffen», sagte der Abgeordnete und Brigadegeneral Ismail Kosari laut der Zeitung «Entekhab» am Samstag.
Seit Beginn der Angriffe in der Nacht auf Freitag gilt eine Blockade als Horror-Szenario. Arne Lohmann Rasmussen vom Energieberatungsunternehmen Global Risk Management sagte am Freitag gegenüber «Bild»: «Der absolute Albtraum wäre eine Schliessung der Strasse von Hormus. Wenn der Iran diese enge Passage blockiert, könnte dies bis zu 20 Prozent der weltweiten Ölströme beeinträchtigen.»
Doch was heisst das konkret – für die Weltwirtschaft und die Schweiz? Und wie realistisch ist es, dass der Iran die Strasse von Hormus tatsächlich schliesst? Die fünf wichtigsten Punkte:
Die wichtigste Öl-Route der Welt
Keine Ölhandelsroute ist wichtiger als die Meerenge zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman. Täglich werden dort rund 20 bis 21 Millionen Barrel Rohöl verschifft – das entspricht etwa einem Fünftel des globalen Ölverbrauchs. Besonders asiatische Länder wie China, Indien, Japan und Südkorea sind auf diese Route angewiesen. Aber auch für Europa und damit die Schweiz ist Hormus ein strategisches Energie-Drehkreuz. Kommt es zu einer Blockade, könnten sich die globalen Ölpreise innert Stunden verdoppeln – erste Prognosen sprechen von möglichen Preisen bis zu 130 Dollar pro Barrel. Aktuell liegt der Preis bei 73 Dollar pro Barrel – 14 Prozent höher als vor Wochenfrist.
Der Iran drohte schon mehrfach
Eine tatsächliche Schliessung der Strasse von Hormus hat es bislang nie gegeben. Zwar kam es im Iran-Irak-Krieg der 1980er-Jahre zu Angriffen auf Tanker, aber die Durchfahrt blieb möglich. 2011 und 2019 drohte der Iran offen mit Blockaden – als Antwort auf westliche Sanktionen. Auch hat das Regime in Teheran schon Tanker gekapert – zuletzt 2023. Doch bisher verhinderten militärische Drohkulissen, insbesondere der USA, eine tatsächliche Blockade. Die Androhung allein genügte aber immer wieder, um die Märkte zu beunruhigen.
Kurzfristige Auswirkungen für die Weltwirtschaft
Wenn die Strasse von Hormus tatsächlich blockiert werden würde, würden als erste Reaktion die Ölpreise stark ansteigen. Innert kurzer Zeit kämen so die Energiepreise weltweit massiv unter Druck – mit unmittelbaren Folgen für den Transport. Erdölraffinerien in Asien und Europa, die auf prompten Zulauf aus dem Golf angewiesen sind, müssten auf Notreserven zurückgreifen. Auch die Aktienmärkte dürften in diesem Szenario merkliche Verluste einstreichen. Wie heftig die Reaktion kurzfristig ausfallen würde, ist allerdings schwierig abzuschätzen, weil es keine historischen Vergleichswerte gibt.
Mittel bis langfristige Auswirkungen für die Weltwirtschaft
Ökonomen warnen vor einem inflationären Schock: Laut Hamburg Commercial Bank würde eine Eskalation in Hormus signifikant die Gefahr einer globalen Stagflation erhöhen. Also einer Stagnation der Wirtschaft bei zugleich steigender Inflation. Das könnte die Zentralbanken dazu veranlassen, die Zinsen nicht weiter zu senken oder gar wieder anzuheben. Auch geopolitisch könnte es aufgrund der globalen Auswirkungen brenzlig werden.
Auswirkungen für die Schweiz
Die Schweiz bezog im Jahr 2023 31,6 Prozent des Öls aus Nigeria und 54 Prozent aus den USA. Trotzdem würden wir die Auswirkungen direkt spüren: Wenn der Ölpreis steigt, werden die Schweizerinnen und Schweizer die Zeche mittelfristig an der Tanksäule bezahlen. Auch Heizölpreise könnten steigen – und langfristig würde eine Schliessung der Strasse von Hormus auch die Inflation, die im Mai in der Schweiz bei minus 0,1 Prozent lag, beeinflussen. Schweizer Firmen, die international ausgerichtet sind, könnten von Lieferketten-Engpässen betroffen sein. Auch die Unsicherheit an den Finanzmärkten würde sowohl den grossen Konzernen als auch den KMUs nicht helfen.