Darum gehts
An die Decke hängen und ordentlich verprügeln: Damit wird ein schwarzer Boxsack beworben, mit 32 Kilo Gewicht und 90 Zentimetern Länge. Matthias Kieffer und seine Frau bestellen ihn bei einem französischen Onlineshop. Für 116 Euro plus 50 Euro Lieferkosten. Nicht für sie selbst, sondern für Kieffers Neffe, der auch der Gottenbub seiner Frau ist. Er hat mit Kickboxen begonnen und sich das Teil auf den 14. Geburtstag gewünscht.
Saftige Rechnung
Der Teenager freut sich, alles scheint gut. Doch dann kommt die Rechnung der Speditionsfirma Gebrüder Weiss: Fast 140 Euro soll Kieffer noch drauflegen, für Positionen wie «Einfuhrzollabfertigung» oder «Vorlageprovision». «Das bezahlen wir bestimmt nicht – das ist ja mehr als der Warenwert!», sagt Kieffer. Schliesslich war bei der Onlinebestellung nirgends die Rede von solchen Kosten. In den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Boxshops stand bei der Bestellung lediglich: «Als Kunde aus einem nicht-europäischen Land müssen Sie Steuern und Zölle an die zuständige Steuerbehörde bezahlen.» Nicht-europäisch, das muss geografisch gemeint sein, ist sich Kieffer sicher.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
«Das kann doch nicht sein!»
Diese ganze Argumentation mailt Matthias Kieffer dem Spediteur. Doch der bleibt hart: Kieffer müsse zahlen, weil der Empfänger Verzollungskosten und Mehrwertsteuer übernehmen müsse. Auch der Boxshop lässt sich nicht weichklopfen: Die Schweiz sei ein Nicht-EU-Land, darum fallen die Gebühren an.
«Das kann doch nicht sein», sagt Kieffer bei seinem Anruf ans Beobachter-Beratungszentrum. Dort landen immer wieder Konsumentinnen und Konsumenten, die plötzlich horrende Zollabfertigungsgebühren zahlen sollen.
Zollabfertigungskosten: Wie entstehen sie?
Jede Ware, die über die Schweizer Grenze kommt, muss dem Schweizer Zoll vorgelegt werden. Damit die Behörde die Mehrwertsteuer und eventuell Zollabgaben erheben kann. Selbst erledigen kann das, wer mit dem Auto oder dem Flugzeug in die Schweiz einreist.
Wenn Sachen geschickt werden, muss aber der Transporteur die Ware vorlegen. Sprich: die Post, der Kurierdienst oder der private Spediteur. Sie stellen diese Dienstleistung in Rechnung – in unserem Fall satte 128 Franken. Zudem schiessen sie Mehrwertsteuer und Zollgebühren vor, hier waren es 12 Franken Mehrwertsteuer.
Abonnentinnen und Abonnenten des Beobachters erhalten im Merkblatt «Interneteinkauf – Zollabfertigung» eine detaillierte Aufstellung der Zollgebühren, die mit der Post und zahlreichen Spediteuren vereinbart wurden sowie weitere Tipps, wie sie die Kosten bei Onlinekäufen aus dem Ausland tief halten können.
Abonnentinnen und Abonnenten des Beobachters erhalten im Merkblatt «Interneteinkauf – Zollabfertigung» eine detaillierte Aufstellung der Zollgebühren, die mit der Post und zahlreichen Spediteuren vereinbart wurden sowie weitere Tipps, wie sie die Kosten bei Onlinekäufen aus dem Ausland tief halten können.
Warum müssen Käufer überhaupt etwas zahlen?
Kieffer hat noch nie von den Gebrüdern Weiss gehört, geschweige denn etwas unterschrieben. Er denkt juristisch richtig: Er hat mit der Firma keinen Vertrag, schuldet ihr direkt nichts. Aber dem Shop. Denn wer sich Sachen schicken lässt, verpflichtet sich gemäss Obligationenrecht, die Transportkosten zu übernehmen – im Rahmen des Kaufvertrags. Und zu den Transportkosten gehört die Rechnung des Transporteurs. Kunden können sich theoretisch weigern, die Rechnung des Transporteurs zu bezahlen. Dann müsste der Shop sie zahlen und könnte das Geld dann wiederum vom Käufer verlangen. Bringt also nichts.
Wenn in den AGB etwas zu den Kosten steht, geht das aber vor. So argumentiert Kieffer. Weil in den Shop-AGB stand, dass Bestellungen aus «nicht-europäischen» Ländern zusätzlich etwas kosten, heisse das im Umkehrschluss: Bei der Schweiz als geografisch europäisches Land fällt nichts an. Auf Anfrage des Beobachters verweist der Shop auf seine seither geänderten AGB, wonach für die Schweiz Kosten anfallen können. Und die hohen Preise des Spediteurs? Kenne er nicht.
Wie viel dürfen die Transporteure verlangen?
Theoretisch, was sie wollen: Gesetzlich sind die Preise nicht festgelegt. Mit einigen Kurierdiensten hat der Preisüberwacher aber fixe Preise vereinbart. Namentlich mit der Post, DHL Express, DPD Schweiz AG, TNT Swiss Post AG, DHL Express (Schweiz) AG. Mit den privaten Spediteuren, wie etwa Kühne + Nagel, Planzer oder Gebrüder Weiss, gibt es keine solchen Vereinbarungen – noch nicht. Eine Gesetzesbestimmung wurde verabschiedet, wonach der Preisüberwacher auch mit ihnen die Preise fixieren kann. Es dauert aber noch, bis sie in Kraft tritt.
Wie können Konsumenten vorsorgen?
Indem sie beim Shop nachfragen, welche Firma den Transport durchführt und was es kostet. Attraktiv sind jene Kurierdienste, die mit dem Preisüberwacher eine Regelung getroffen haben: Ihre Preise sind transparent und fair.
Wo kann ich mich wegen überrissener Gebühren beschweren?
An den Preisüberwacher kann man sich wenden, wenn ein Kurierdienst abgemachte Preise nicht einhält. Bei allen anderen bleibt nur Verhandeln. Auch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit kann nichts machen: Die Kosten sind keine staatlichen Abgaben. Mit Ausnahme der Mehrwertsteuer – aber die ist meistens nicht das Problem.
Und was ist mit der exorbitanten Rechnung von Matthias Kieffer passiert? Nichts. Dem Beobachter schreiben die Gebrüder Weiss: Obwohl ihre Firma korrekt gehandelt habe, müsse Kieffer nichts zahlen. Und: «Uns ist bewusst, dass für viele Konsumenten nicht unmittelbar nachvollziehbar ist, warum sie Zollabgaben zahlen müssen – insbesondere, wenn der Onlineshop nicht ausreichend darauf hinweist.» Das Reklamieren mithilfe des Beobachters hat sich gelohnt.