Darum gehts
- Temu will stärker ins Lebensmittelgeschäft einsteigen und sucht Lieferanten in Europa
- Lokale Anbieter sollen schnellere Lieferungen und bessere Produktanpassung ermöglichen
- Temu setzte 2023 in der Schweiz 700 Millionen Franken um
Migros, Coop und andere Schweizer Detailhändler bekämpfen sich im Nahrungsmittelbereich verstärkt mit Tiefpreisen – und verärgern damit teils ihre Lieferanten. Doch nun droht ihnen weiteres Ungemach von komplett anderer Seite: Die chinesische Onlineplattform Temu will stärker ins Geschäft mit Lebensmitteln einsteigen, wie die «Lebensmittel Zeitung» berichtet.
Schon bisher gab es bei Temu nebst all dem Mode-, Elektronik- und Hobby-Schnickschnack Lebensmittel: Snacks oder verpackte Lebensmittel, meist No-Name-Produkte. Doch jetzt sucht Temu aktiv nach Lieferanten von Lebensmitteln sowie weiteren Konsumgütern in Deutschland. Gegenüber der Zeitung bestätigte Temu das Interesse, im europäischen Foodgeschäft Fuss fassen zu wollen.
Offenbar auch in der Schweiz: So berichtete die «Handelszeitung» bereits im Januar, dass Temu aktiv nach Schweizer Partnern im Lebensmittelbereich suche. Mit dem sogenannten Local-to-Local-Modell will Temu die Plattform zu einem europäischen Online-Nahversorger machen. Bisher ist über konkrete Partnerschaften wenig bekannt.
Weiterhin Snacks und Fertigware – aber von lokalen Anbietern
Ein Sprecher teilt der «Lebensmittel Zeitung» mit, Temu verfüge über ein Team, das auf Konsumgüter des täglichen Bedarfs spezialisiert sei. Dieses Foodteam ist neu. Die Mitarbeiter, die Lebensmittelhersteller ansprechen, arbeiten erst seit Mai bei Temu und haben in den vergangenen Tagen ihre Werbeaktivitäten erhöht.
Lieferanten, die ihren Sitz in Europa haben, kennzeichnet Temu mit dem Begriff «lokal». Ziel sei, «das lokale Angebot auszubauen und den Service für europäische Kunden zu verbessern», so der Sprecher im Bericht. Also schnellere Lieferungen und Produkte, «die den lokalen Geschmack und die Präferenzen besser widerspiegeln».
Kritik lässt nicht auf sich warten
Temu sucht dabei die Kooperation mit KMU, etwa aus dem Süsswaren- oder Beautybereich. Die «Lebensmittel Zeitung» hat mit von Temu kontaktierten Lieferanten gesprochen. Diese vermuten, dass Temu das Geschäftsmodell in Europa neu aufstellen will. Mit dem Wegfall der Zollfrei-Grenzen gehe die Rechnung, günstige Ware in kleinen Paketen aus Fernost zu liefern, nicht mehr auf.
Bisher sind Markenprodukte aus dem Nahrungsmittelbereich bei Temu noch spärlich vorhanden. In Deutschland regt sich dennoch bereits Widerstand gegen das Vorhaben von Temu. Und auch in der Schweiz hagelt es von vielen Seiten Kritik. Im Dezember wandte sich der hiesige Detailhandel sogar mit einem Schreiben an den Bundesrat. Trotzdem erzielte Temu im vergangenen Jahr einen Umsatz von 700 Millionen Franken – doppelt so viel wie 2023. Das weitere Wachstum von Temu dürfte also nur schwer zu unterbinden sein.