Darum gehts
- Oberster Gerichtshof der USA verhandelt über Rechtmässigkeit von Trumps Strafzöllen
- Kritik an Trumps Zollpolitik kommt von liberalen und konservativen Richtern
- Siegeschance der Kläger laut Online-Prognose-Markt auf über 80 Prozent gestiegen
Die Strafzölle von Donald Trump (79) stehen vor Gericht: Seit Mittwoch verhandelt der Oberste Gerichtshof der USA darüber, ob die vom US-Präsident erhobenen Zölle gegen zahlreiche Handelspartner rechtmässig sind. Es geht dabei auch um den 39-Prozent-Zollhammer gegen die Schweiz. Auslöser für das Verfahren sind mehrere Klagen gegen die Zölle. Einer der Hauptkläger ist ein amerikanischer Bilderbuch-Unternehmer: Rick Woldenberg (65), Inhaber und Chef des Spielzeugherstellers Learning Resources aus Chicago.
Die Verhandlung am Supreme Court hat gerade erst begonnen. Es dürfte Wochen oder gar Monate dauern, bis die Richterinnen und Richter ein Urteil gefällt haben – der Ausgang ist ungewiss. Klar ist aber: Trump und seine Regierung sehen sich im Saal des Obersten Gerichts ziemlich deutlicher Kritik ausgesetzt. Für den US-Präsidenten ist das ungewohnt, schliesslich wurden sechs der insgesamt neun Richter von republikanischen Präsidenten ernannt, drei davon durch Trump selbst. Eigentlich hatte er angekündigt, selbst vor Gericht erscheinen zu wollen. Kurz vor dem Start der Anhörung zog er seine Teilnahme aber wieder zurück.
Zoll-Einnahmen sind «nur ein Nebeneffekt»
Für die US-Regierung verteidigte am Mittwoch nun Trumps Generalanwalt John Sauer (50) die Zollpolitik des Weissen Hauses. Er bezeichnete die Strafzölle als aussenpolitische Massnahme im globalen Handel. «Es sind regulierende Zölle. Sie dienen nicht der Erzielung von Einnahmen», sagte Sauer laut dem US-Sender CNBC in der Anhörung. Dass die USA mit den Zöllen Einnahmen für den Haushalt generiere, sei nur ein Nebeneffekt.
Dazu muss man wissen: Donald Trump hat sich bei vielen der grossflächig eingeführten Zölle auf ein Notstandsgesetz aus dem Jahr 1977 berufen. Dieses Gesetz gibt ihm weitreichende Befugnisse während eines nationalen Notstands – und zu einem solchen hat Trump die grossen Handelsbilanzdefizite erklärt. Nur: Im Gegensatz zu vielen anderen Gesetzen ist in diesem keine Rede von Zöllen. Das Gericht klärt nun, ob der US-Präsident die Zölle per Notstand und am Parlament vorbei erlassen durfte. Oder eben nicht. Grundsätzlich ist es Aufgabe des US-Kongresses, über die Steuerpolitik zu befinden.
Kritik der Richter kommt von links und von rechts
Genau das monierte die liberale Richterin Sonia Sotomayor (71). Zu Sauer sagte sie laut CNBC: «Sie sagen, Zölle seien keine Steuern, aber genau das sind sie.» Die Regierung generiere damit «Einnahmen von den amerikanischen Bürgern».
Von grosser Bedeutung war, dass auch mehrere konservative Richter hartnäckige Fragen stellten – inklusive dem Gerichtsvorsitzenden John Roberts (70). Das Supreme-Court-Mitglied Neil Gorsuch (58) bemängelte, dass Trump die Strafzölle am Kongress vorbei eingeführt habe. Das Regieren per Notstandsgesetz sei ein «Einbahnstrassenmechanismus, der zu einer allmählichen, aber kontinuierlichen Machtzunahme der Exekutive und einer Machtabnahme der vom Volk gewählten Vertreter führt». Heisst: Selbst die Trump-Richter im Supreme Court sind skeptisch gegenüber dem steten Machtgebaren des US-Präsidenten.
Die kritischen Töne der konservativen Richter sorgten auch dafür, dass Prozessbeobachter die Chancen der Kläger mittlerweile höher einschätzen als vor dem Start. Beim Online-Prognose-Markt Predictit wird deren Siegeschance mit über 80 Prozent angegeben – von vorher gut 60 Prozent. Trotzdem bleibt offen, wie der Supreme Court urteilen wird. Trump setzt seine Hoffnungen weiter auf seine Verteidiger – und «seine» sechs Richter.