Darum gehts
- US-Präsident Trump bezeichnet Verhandlungen über Zölle als wichtige Entscheidung für nationale Sicherheit
- Oberster Gerichtshof entscheidet über Rechtmässigkeit von Trumps Strafzöllen gegen Handelspartner
- Zolleinnahmen belaufen sich auf rund 90 Milliarden US-Dollar per Ende September
US-Präsident Donald Trump (79) bezeichnet die Verhandlungen über die Handelszölle vor dem Obersten Gerichtshof als einer der wichtigsten Entscheidungen der US-Geschichte. Gemäss Trump steht nicht weniger als die nationale Sicherheit auf dem Spiel. Am Mittwoch findet die Anhörung vor Gericht statt. Blick beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was genau wird vor Gericht verhandelt?
Der Oberste Gerichtshof der USA wird darüber entscheiden, ob die Strafzölle gegen Handelspartner rechtmässig sind. US-Präsident Donald Trump (79) hat sich bei vielen der grossflächig eingeführten Zölle auf ein Notstandsgesetz aus dem Jahr 1977 berufen. Dieses Gesetz gibt ihm weitreichende Befugnisse während eines nationalen Notstands – und zu einem solchen hat Trump die grossen Handelsbilanzdefizite erklärt. Von der Einführung von Zöllen ist in dem Gesetz keine Rede. Das Gericht klärt nun, ob der US-Präsident die Zölle per Notstand und am Parlament vorbei erlassen durfte. Oder eben nicht.
Wer ist der Kläger?
Zu den Klägern gehören mehrere mittelständische US-Importunternehmen, denen sich schliesslich zwölf Bundesstaaten angeschlossen haben. Die zwei Klagen gingen vom Getränkeimporteur VOS Selections und Learning Resources, einem Hersteller von Lernspielzeug, aus. Grosskonzerne halten sich zurück – bei einigen dürfte die Angst vor Vergeltung zu gross sein.
Wie hat die Vorinstanz entschieden?
Im Fall von Vos Selections kam die Vorinstanz zum Schluss, dass das IEEPA zwar Zölle zulasse, jedoch nicht in dem riesigen Ausmass, wie sie Trump eingeführt hat. Im Fall des Spielzeugherstellers urteilte die Vorinstanz, dass das Gesetz dem Präsidenten wahrscheinlich überhaupt keine Befugnisse zur Verhängung von Zöllen gibt.
Was wären die Folgen, wenn die Kläger recht bekommen?
Die Grundlage der allermeisten US-Zölle wäre weg: Die einseitig erhobenen Zölle gegen all jene Länder ohne Deal wären unzulässig. Die US-Regierung hat bereits angekündigt, dass man vorbereitet sei – sprich, man würde versuchen, die Zollpolitik mit anderen Gesetzen zu stützen. So geschieht es beispielsweise bereits im Fall der Sektorzölle für die ausländische Aluminium- und Stahlindustrie oder im Zollkonflikt mit China. Trotzdem würde der Entscheid die gegenwärtige Zollpolitik von Trump ausbremsen.
Was würde das für die Schweiz und die EU bedeuten?
Die US-Regierung müsste den einseitig erhobenen Zoll von 39 Prozent gegen die Schweiz und andere Länder formell aufheben. Sie würde diesen Schritt aber mit Sicherheit hinauszögern und versuchen, die Zölle mit einem anderen Gesetz zu untermauern. Die EU hingegen hat mit Trump einen Deal abgeschlossen: Deshalb müsste sie wohl selbst aktiv werden und die Grundlage für den Deal infrage stellen.
Müsste die US-Regierung die Zolleinnahmen zurückzahlen?
Gemäss US-Finanzminister Scott Bessent (63) müssen die Zolleinnahmen zurückbezahlt werden. Per Ende September belaufen sich die Zolleinnahmen laut Behörden-Daten auf rund 90 Milliarden US-Dollar. Experten sind sich jedoch unneinig, ob die Zölle automatisch zurückerstattet werden müssen oder ob die Unternehmen dies aktiv beantragen müssen. Zudem ist es möglich, dass nur Unternehmen eine Rückerstattung erhalten, die formal Einsprüche gegen die Zölle erhoben haben.
Was wären die Folgen, wenn die Kläger unterliegen?
Dies käme einer massiven Machtausweitung für das Amt des US-Präsidenten gleich: Grundsätzlich liegen die Kompetenzen für die Erhebung von Steuern beim Kongress. Gewinnt die Regierung vor Gericht, heisst das: Trump werden mit seinen Executive Orders weitreichende Kompetenzen zugesagt.
Wie rasch kann mit einem Urteil gerechnet werden?
Es könnte einige Monate dauern, bis die neun Richterinnen und Richter des Supreme Courts einen Entscheid gefällt haben. Spätestens im nächsten Juli muss das Urteil stehen. Viele Experten rechnen jedoch deutlich früher damit.
Was für ein Entscheid wird erwartet?
Der Regierung zugutekommen könnte, dass die Richter zurückhaltend sind, wenn es um die Ausgestaltung der Aussenpolitik durch den US-Präsidenten geht. Für die Position der Kläger spricht, dass Trump selbst mit Blick auf die Zölle von wichtigen Einnahmen für die Haushaltskasse gesprochen hat. Der Haushalt und dessen Finanzierung sind jedoch Sache des Kongresses.
Sechs der neun Richter sind Republikaner– und damit Trump-freundlich. Trotzdem scheint der Fall für viele Beobachter sehr offen zu sein.