«An der Realität kommt man nicht vorbei»
Ältestem Skilift der Ostschweiz droht das Aus

Wegen Schneemangel droht Skilift in Urnäsch nach über 80 Jahren das Aus. Die letzte Chance auf eine Rettung ruht – auf dem Sommer.
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Der Schlepplift Sölzer wurde 1944 gebaut. Im Bild: Wintersportler stehen 1953 am Sölzer Schlange.
Foto: Instagram

Darum gehts

  • Kleines Skigebiet in Urnäsch ist in finanzielle Schieflage geraten
  • Ein zusätzlicher Sommerbetrieb mit Bike-Trails könnte den Skilift vor der Schliessung retten
  • In der letzten Saison waren die beiden Lifte an nur sechs Betriebstagen geöffnet
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Nathalie BennRedaktorin Wirtschaft

Das kleine Skigebiet in Urnäsch im Appenzellerland hat eine lange Tradition. Seit 1944 transportiert der Skilift Sölzer Wintersportler auf die Osteregg. Es ist der älteste Lift der Ostschweiz: Generationen von Einheimischen haben in Urnäsch das Skifahren gelernt. Jetzt aber steht der Betrieb vor einer ungewissen Zukunft, wie CH Media berichtet.

Konkret geht es um klare Worte, die an der jüngsten Generalversammlung der Skilift Urnäsch AG gefallen sind – direkt von Verwaltungsratspräsident Reto Rohner: Man hoffe sehr, den Betrieb nicht einstellen und die Anlagen nicht abbauen zu müssen – «aber an der Realität kommt man nicht vorbei», wird er im Bericht zitiert. Will heissen: Ist der Betrieb weiterhin nur im Winter geöffnet, sind seine Tage gezählt. 

Skigebiet schrieb letzte Saison rote Zahlen

Beim auf 850 bis 1000 Höhenmetern gelegenen Skiort ist das Problem, dass es nicht genügend Schneetage gibt. «Das hat Auswirkungen auf den Wasserhaushalt, den Tourismus und Dorfskilifte wie in Urnäsch», so Präsident Rohner laut CH Media. Für die Verantwortlichen stelle sich darum die Frage, ob geplante Erneuerungen «für den Urnäscher Skilift überhaupt noch Sinn machen würden».

Letztes Jahr sah alles noch vielversprechend aus: Bereits am 22. November 2024 startete Urnäsch in den Winterbetrieb. Dann die ernüchternde Bilanz am Ende der Saison: Die beiden Skilifte – ein Ponylift im Kinderland und der 830 Meter lange Sölzer – waren lediglich an sechs Tagen geöffnet. Über Weihnachten und Neujahr standen die Anlagen still.

Das riss ein Loch in die Kasse der Urnäscher: Bei Einnahmen von insgesamt 17'000 Franken resultierte in der Jahresrechnung ein Verlust von 3200 Franken, heisst es. Nur dank Sponsoren und Bügelpaten sei man in finanzieller Hinsicht mit einem blauen Auge davongekommen, so Rohner. Gehts so weiter, wird das Appenzellerland seinen traditionsreichen Skilift verlieren.

Skigebiet-Sterben ist schweizweites Phänomen

Das kleine Winterparadies in der Ostschweiz ist mit seinen Schwierigkeiten nicht allein. Ein Cocktail aus sinkenden Einnahmen, weniger Schneetagen und steigenden Kosten machen vielen hiesigen Ski-Destinationen zu schaffen. Eine Recherche von Blick vom November zeigt: Seit dem Jahr 2000 ist jedes sechste Schweizer Skigebiet von der Landkarte verschwunden. 

17 Kantone haben im 21. Jahrhundert mindestens einen Ort fürs Skifahren verloren, darunter verschiedene Kantone aus dem Unterland. Besonders viele Skigebiete verloren haben die Bergkantone Wallis und Graubünden mit neun respektive sieben eingestellten Destinationen. 

Besonders gefährdet sind Skigebiete in den tieferen Lagen. Destinationen unter 1500 Meter über Meer haben langfristig keine Zukunft, sind sich die Experten einig. Deshalb will man in Urnäsch den Skilift künftig auch ausserhalb der Wintersaison nutzen. Konkret soll ein Sommer-Angebot für Biker entstehen. Die Skilift Urnäsch AG tätigt derzeit Abklärungen für den Bau von Bike-Trails. Mountainbiker sollen dafür sorgen, dass der Schlepper und der Ponylift auch die kommenden Winter überleben.

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