Darum gehts
Zuerst schwitzen sie, dann lachen sie. Und reden über ihre Freundschaft. «Wir haben zwei verschiedene Persönlichkeiten. Aber das passt perfekt», sagt Camille Rast (26). «Wir ergänzen uns ideal.» Malorie Blanc (21) nickt: «Wir hatten immer ein super Verhältnis. Auch Camilles Siege haben sie überhaupt nicht verändert. Sie bleibt auf dem Boden. Ich kann Camille alles fragen, sie inspiriert mich.»
Rast und Blanc verstehen sich – das merkt man sofort. Auch an diesem Traumtag im Stade du Littoral in der Nähe von Auvernier NE, wo sie Konditionstrainer Florian Lorimier im Sommer quält. Sprints auf der Bahn, Sprünge auf der Tribüne. Der frühere Mentor von Didier Cuche (51) weiss, was eine gute Skisaison braucht.
«Wir trainieren in der Vorbereitung meist individuell, aber einmal pro Woche gemeinsam. Dann ist es einfacher – wir teilen die Schmerzen», schmunzelt Rast. Spielt das Wetter mit, läuft es noch besser. Die rote Tartanbahn motiviert sowieso. Rast betrieb als Kind Leichtathletik. «Ich auch», so Blanc. «Sprint, Hürden und Weitsprung waren meine Lieblingsdisziplinen.»
Die beiden Walliserinnen – Rast stammt aus Vétroz, Blanc aus Ayent – verstehen sich glänzend. Dabei sind sie überhaupt nicht gleich. Rast wirkt nach aussen ruhig und reserviert – besonders im Winter. Blanc dagegen ist offen, lebhaft, kontaktfreudig. Gegensätze ziehen sich an. In der Saison begegnen sich die beiden kaum einmal. Kein Wunder, Rast ist Technikerin und Blanc Speed-Spezialistin. «Wir witzeln manchmal, dass ein Mix aus uns beiden extrem schnell wäre», sagt Rast.
Druck? Rast locker, Blanc weniger
Auch ohne Mix sind beide schnell. Rast feierte letzte Saison zuerst ihr erstes Podest, dann den ersten Sieg, noch einen und schliesslich WM-Gold im Slalom. Auch die Slalom-Kristallkugel hätte sie wohl ohne Verletzung abgeräumt.
Und Blanc? Sie versetzte die Skiwelt mit Platz 2 in der Abfahrt von St. Anton (Ö) ins Staunen – es war erst ihr zweiter Start im Weltcup. Ein unerwarteter Komet am Ski-Himmel. «Danach war es schwierig, die Augen und Ohren zu schliessen», erzählt Blanc. Der Druck kam. «Manchmal hörte ich Leute sagen: ‹Dieses Wochenende gab es aber kein Podest.› Darauf war ich nicht vorbereitet.» Blanc musste akzeptieren, dass auch ein 25. Platz in Ordnung ist. «Mental kann ich mich noch verbessern, aber ich bin auf gutem Weg», sagt sie.
Rast ist da weiter. Wie sie an der WM in Saalbach dem Druck standhielt und nach der Führung im ersten Lauf den Sieg heimfuhr, war auch eine Psycho-Meisterleistung. «Ich hatte mehr erreicht, als ich erhofft hatte. Warum also nervös sein?», fragt sie. Auch in die neue Saison geht sie gelassen. «Klar, ich will mehr. Aber der Druck ist kleiner geworden, weil ich viele meiner Ziele erreicht oder übertroffen habe.»
Von den Olympischen Spielen in Cortina (6.–22. Februar) reden beide kaum. Mindestens gleich wertvoll wie Olympia-Gold wäre eine Weltcup-Kristallkugel. Vielleicht sogar mehr. Rast hat das Zeug dazu, Blanc ist Aussenseiterin. «Wenn ich Spass auf den Ski habe, bin ich schnell», sagt Rast. Auch Blanc betont die Wichtigkeit, locker zu bleiben. «Und ich will weiterhin viel lernen.»
Verletzungen machten Probleme – und heute?
Aber wie steht es um ihre Gesundheit? Rast spürt noch die Folgen ihres Sturzes in Sestriere (It) im Februar. «Die Schmerzen an der linken Hüfte kommen und gehen. Es dauert, aber es wird besser», sagt sie. Lorimier erklärt: «Zwischen zwei Muskelgruppen kam es bei ihrem Unfall zu einer Reibung, sehr schmerzhaft. Zweimal mussten wir Flüssigkeit abziehen.»
Blanc riss sich im Februar 2024 das Kreuzband. Und heilte danach in Rekordtempo. Dennoch spürte sie gegen Winterende die Belastung im Knie und pausierte. Es lohnte sich. «Mir gehts heute sehr gut», sagt sie.
Rast und Blanc: Die eine tanzt durch die Slalomtore, die andere donnert mit 130 km/h den Hang hinunter. Beides ein Versprechen – auf einen grossen Winter.