Darum gehts
- Fehlentscheidungen beim ESAF 2025 führen zu Diskussionen über Verbesserungen
- Ehemalige Schwinger fordern Einführung von Videobeweis im Schwingsport
- ESV-Boss erhielt zahlreiche Anrufe von Funktionären für VAR-Test
Das ESAF 2025 in Mollis GL ist Geschichte, Armon Orlik zum neuen König gekrönt. Doch die kapitalen Fehlentscheidungen im Sägemehl haben ein Nachbeben zur Folge.
«Der Eidgenössische Schwingerverband hat in Mollis bewiesen, dass Schwingen gemäss Statuten immer noch ein Spiel ist», spottet der Kandertaler Adrian Ruch, welcher beim Berner Oberländischen Schwingfest zweimal die Rolle des OK-Chefs bekleidet hat. Und Ruch legt nach: «Während im Fussball unfähige, zu langsame Schiris nie über die fünfte Liga hinaus kommen, werden solche Leute im Schwingsport Kampfrichter am Eidgenössischen. So kann und darf es nicht weitergehen!»
Ruch spielt damit nicht nur auf die falschen Entscheidungen an, welche Titelverteidiger Joel Wicki (gegen Romain Collaud), Michael Moser (im Zweikampf mit Samuel Giger) und Fabian Staudenmann (im Duell mit Domenic Schneider) ausgebremst haben. «Der Emmentaler Lars Zaugg hat in seinem letzten Gang den Innerschweizer Eidgenossen Marcel Bieri mehrmals an den Rand der Niederlage gebracht. Letztendlich endete dieser Gang mit einem Remis. Das Schlimme daran: Zauggs angriffige Schwingweise wurde vom Kampfgericht nicht mit der Note 9, sondern lediglich mit der 8,75 taxiert. In der Endabrechnung hat ihm genau dieser Viertelpunkt für den Kranz gefehlt», schimpft Ruch und schiebt hinterher: «Eine echte Sauerei!»
Revolutionärer Vorschlag von König Sempach
Stellt sich die Frage, wie es in unserem Nationalsport weitergehen soll.
Schwingerkönig Nöldi Forrer hat im Gespräch mit Blick bereits vor drei Jahren dafür plädiert, dass die Kampfrichter bei strittigen Entscheidungen durch die Videobilder unterstützt werden sollten. Forrers königlicher Kumpel Christian Stucki sagt jetzt, «dass nach den Geschehnissen in Mollis irgendetwas passieren muss».
Der Schwyzer Christian Schuler, der seine Karriere im Juli mit 123 Kränzen auf dem Konto beendet hat, fordert den Eidgenössischen Schwingverband ESV dazu auf, «möglichst viele Varianten zur Verbesserung der Kampfrichter zu prüfen. Und dazu gehört eben auch die Sichtung der TV-Bilder.»
Und der ehemalige Berner Überschwinger Matthias Sempach (König von 2013) glaubt als leidenschaftlicher Fan der SCL Tigers daran, dass eine bewährte Eishockey-Methode den Schwingsport besser machen könnte: «Meines Erachtens müsste bei einem Eidgenössischen Wettkampf jeder Teilverband das Recht auf zwei Challenges haben, wodurch Videobilder zur Sichtung hinzugezogen würden.»
ESV-Boss spricht von einer sensationellen Wende
Der Aargauer Stefan Strebel hat sich kurz nach seinem Amtsantritt vor sechs Jahren für einen «Zwilchhosen-VAR» ausgesprochen. «Ich wollte damals zusammen mit Schwingerkönig Matthias Glarner das VAR-System testen. Aber als ich diesen Vorschlag erstmals gemacht habe, wurde ich von einem grossen Teil der Schwingerfamilie regelrecht verflucht.»
Deshalb hat Strebel noch am Montag in einem Blick-Interview behauptet, «dass es den VAR im Schwingsport nie geben wird». Doch in der Zwischenzeit haben sich die Ereignisse überschlagen. «Ich habe in den letzten Stunden zahlreiche Anrufe von ranghohen Funktionären erhalten, welche plötzlich genau das fordern, was ich bereits 2021 machen wollte – den Test des Video-Schiedsrichters im Sägemehl!»
Strebel wird den Posten als Schwing-Boss Ende Jahr an den Glarner Fridolin Beglinger übergeben. Dieser ist bisher nicht als Befürworter dieser technischen Revolution im einstigen Sennenspiel aufgefallen. Aber der Druck wird jetzt derart gross, dass auch Beglinger nicht zumindest um einen baldigen VAR-Test bei einem kleinen Schwingfest herumkommen wird.