Darum gehts
Schwinger Sven Schurtenberger (33) zieht ein vernichtendes Fazit. Mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen meint er zum Blick-Reporter: «Du warst im Kopf zu schwach. Im Gegensatz zu dir kann ich mit Druck umgehen.» Wenige Sekunden zuvor hatte er das Penaltyschiessen auf dem Fussballplatz des FC Grosswangen für sich entschieden.
Zwischenzeitlich lag der Eidgenosse mit 1:3 im Rückstand. «Ab da wusste ich, in welche Ecke du zielst. Ich hatte dich durchschaut», so der neunfache Kranzfestsieger, der als Kind jahrelang beim FC Nottwil kickte. Zum Fussball kam er durch seinen Vater. Dieser war Trainer und Funktionär beim Dorfverein.
Hitzige Duelle mit Seferovic
Schurtenberger erinnert sich noch gut an diese Zeit. Der Trainer stellte ihn jeweils als linken Verteidiger auf. «Weil ich blitzschnell war», ist sich Schurtenberger sicher. Als Rechtsfuss stellte er auf der linken Seite eine besondere Gefahr dar. «Im Stil von Arjen Robben zog ich jeweils in die Mitte und schoss aufs Tor. Ab und zu ging der Ball sogar rein.»
In der Verteidigung spielte er nach dem Motto: «Bein oder Ball. Ich konnte richtig unangenehm sein.» Das musste auch Ex-Nati-Stürmer Haris Seferovic erfahren. Er traf bei den D-Junioren des FC Sursee jeweils auf Schurtenberger und den FC Nottwil. «Ich stand Haris immer auf die Füsse. Das nervte ihn gewaltig. Er wurde wütend und hat geflucht.»
Dass Seferovic einst 93 Länderspiele für die Schweiz bestreiten würde, hätte Schurtenberger damals nicht gedacht. «Haris spielte gleich gut wie wir. Er stach nicht heraus. Uns zumindest hat er nie abgeschossen.» Dennoch verlor Nottwil die meisten Duelle.
Deshalb landete er nicht beim FCL
Danach wechselte Seferovic in die Jugendabteilung des FC Luzern. Und wäre dort beinahe wieder auf Schurtenberger getroffen. «Ich erhielt ein Aufgebot für ein Probetraining beim FCL», erinnert sich der Schwinger. Der sein Auge als grösste Stärke bezeichnet. «Ich konnte das Spiel sehr gut lesen. Eine Gabe, die nicht jeder hat.»
Dass Schurtenberger nie im Trikot des FCL auflief, lag an seiner familiären Situation. Er wuchs mit drei Geschwistern auf. «Meine Mutter konnte mich nicht mehrmals in der Woche nach Luzern fahren.» Deshalb lehnte Schurtenberger das Aufgebot ab. Kurz darauf entdeckte er als 14-Jähriger den Schwingsport für sich.
Schurtenberger als Spielverderber
Ein Nachbar nahm ihn in den Schwingkeller mit. «Bereits beim ersten Schwingfest durfte ich einen Zweig mit nach Hause nehmen.» Mittlerweile gehört er zu den stärksten Schwingern. In der Innerschweiz nimmt er hinter den beiden Aushängeschildern Joel Wicki und Pirmin Reichmuth eine wichtige Rolle ein.
Mit seinen knapp 150 Kilo kann Schurtenberger für jeden Spitzenschwinger zum Problem werden. Was im Hinblick auf das Eidgenössische Schwingfest Ende August in Mollis GL sehr wertvoll ist. Am letzten Wochenende klassierte er sich am Luzerner Kantonalen nicht so weit vorne wie gewohnt. Was niemanden überraschte, schliesslich kehrt Schurtenberger von einer langen Verletzungspause zurück. Im letzten Herbst hatte er sich am Jubiläumsfest schwer verletzt.
Kadertrainings machen Mut
Im vierten Gang gegen Adrian Walther zog sich Schurtenberger einen Kreuzbandriss zu. Dass er jetzt bereits wieder wettkampfmässig im Sägemehl steht, überrascht ihn. «Das hätte ich nie geglaubt. Zum Glück lief die Reha perfekt. Ich konnte mich auch auf ein super Team verlassen.»
Zuversichtlich stimmen ihn auch die Kadertrainings mit den stärksten Innerschweizern. «Dort kann ich bereits wieder sehr gut mithalten.» Selbstvertrauen dürfte ihm auch das gewonnene Penaltyschiessen geben. Den wenn er das Fussballspielen nach knapp 19 Jahren nicht verlernt hat, wird er auch die paar Monate ohne Schwingtraining gut wegstecken.
Ganz zufrieden war er aber trotz seines Kranzgewinns am letzten Sonntag nicht: «Ich muss über die Bücher. Seit Dienstagabend geht nichts mehr. Ich war unheimlich nervös und habe viel zu viel studiert.» Nun hatte er einige Tage Zeit, um die nötigen Anpassungen vorzunehmen. Beim Ob- und Nidwaldner Kantonalen gehört Schurtenberger zu den Siegesanwärtern.