Darum gehts
Traumhafte Landschaften, spannende Rennen, fast immer Kaiserwetter: Die Tour de Suisse 2025 ist bislang eine Erfolgsstory. Zwar gab es bei den Schweizer Männern noch keinen Etappensieg, mit Marlen Reusser (33) stellte die Schweiz bei den Frauen aber die überragende Athletin – sie gewann zwei Etappen und die Gesamtwertung. Alles in Butter also?
Nein. Hört man sich im innersten Zirkel der Tour um, stellt man fest: Es brodelt. Grund für den Ärger sind Bussen und Sanktionen, welche die UCI-Kommissäre vor Ort nach jeder Etappe verteilen.
Seit Januar gibt es auch gelbe Karten. Rad-Profi Silvan Dillier (35) findet die Idee, für mehr Sicherheit sorgen zu wollen, gut. Er sagt aber: «Es ist oft eine Ermessenssache der Kommissäre, wer bestraft wird oder nicht. Manchmal wirkt das Ganze dabei nicht so neutral.»
Ähnlich äussern sich andere Schweizer. Mauro Schmid (25) findet die gelben Karten «keine schlechte Idee, aber die Umsetzung ist nicht bei allen Rennen gleich.» Und Stefan Küng (31) sagt: «Gelb hab ich noch nie bekommen. Aber im März beim Omloop Nieuwsblad erhielt ich eine Busse mit Abzug im UCI-Ranking. Wofür, wusste ich nicht. Offenbar hatte ich einen Bidon an einem falschen Ort weggeworfen. Aber das kann man dann im Nachhinein auch nicht wirklich bestreiten.»
«Das ist ein Witz»
Die Fahrer an der Tour de Suisse geben sich bei ihren Äusserungen entspannt. Anders ist es bei jenen, die mit Töffs und Autos im Rennen involviert sind. Bereits in der ersten Etappe sorgte die gelbe Karte plus Busse von 1000 Franken für einen TV-Motorradfahrer (hinter ihm sass ein SRF-Kameramann) für Kopfschütteln, weil er sich «falsch bewegte», wie die UCI im täglichen Bulletin begründete.
Tatsächlich kam der Pilot selbst auf der nassen Strasse fast zu Fall, weil er in eine Pfütze fuhr. Er hatte es schlicht nicht geschafft, bei einer Attacke eines Fahrers in einer Abfahrt schneller zu fahren. «Das ist ein Witz. Er konnte sich ja nicht in Luft auflösen. Und er behinderte den Velofahrer auch nicht», sagt ein Töfffahrer, der ebenfalls im Tour-Tross involviert ist. Er möchte anonym bleiben.
65 Franken Lohn und 1000 Franken Busse
Dies ist nicht der einzige Fall, der an der Tour bislang für rote Köpfe sorgte. Bei der viertägigen Frauen-Tour kassierten sieben Sportliche Leiter Bussen zwischen 100 und 250 Franken. Meistens, weil sie sich «falsch bewegten» oder «die Instruktionen der Organisation oder der Kommissäre nicht respektierten», wie die UCI mitteilte.
Die Vergehen werden nicht genauer begründet – auch nicht auf Blick-Anfrage. Sehr präzise listet die UCI dafür die Namen der einzelnen «Täter» im Internet auf. Auch von jenen, die gar nicht den Teams oder der Tour-de-Suisse-Organisation angehören und im Alltag andere Jobs haben.
«Ich finde das sehr fragwürdig», meint ein Beteiligter. «Viele von uns nehmen Ferien, um bei der Tour de Suisse helfen zu können. Sie erhalten 65 Franken pro Tag. Und dann kassieren sie eine Busse von 1000 Franken. Ob sie nächste Jahr auch noch so mitmachen und helfen wollen? Da bin ich mir nicht sicher.»
«Kontrollwahn schlägt auf die Stimmung»
Auf den ersten fünf Männer-Etappen verteilten die UCI-Kommissäre Bussen im Gesamtwert von 3500 Franken. Dabei wurde ein für die Sicherheitsstaffel fahrender Polizist mit Gelb belegt. Auch sein Manöver beim Sprint der dritten Etappe schien eher unglücklich als gefährlich und schon gar nicht absichtlich.
Ein Insider erklärt: «Früher konnten wir noch mit den Kommissären diskutieren und unsere Sicht der Dinge darlegen. Das ist vorbei. Die Folge ist, dass mittlerweile viele im Tour-Tross verunsichert sind. Der Kontrollwahn schlägt auf die Stimmung von allen. Einige haben mittlerweile Angst, Fehler zu machen. Und Angst war noch nie ein guter Begleiter.»
Kollektivstrafe auf Kosten der Fahrer
Unbehagen ist auch bei einigen Teams zu spüren. Zuletzt kassierte Morgan Lamoisson, Sportlicher Leiter im Team Tudor, eine Strafe von 2000 Franken. Warum? Gemäss Blick-Informationen soll er dem nach einem Sturz abgehängten Ineos-Fahrer Geraint Thomas (39, Gb) Windschatten geboten haben. Doch auch hier: Das Fahrzeug konnte sich nicht in Luft auflösen.
Während früher solche und ähnliche «Vergehen» im Sinne des Sports nicht goutiert, aber akzeptiert wurden (Thomas war nach seinem Sturz leicht verletzt), greift die UCI nun offenbar gnadenlos durch. Tudor durfte daraufhin der vierten Etappe (185,1 Km) mit dem Splügenpass als Hindernis nur ein statt zwei Autos im Konvoi benutzen – eine Kollektivstrafe, die nicht nur in der Schweizer Equipe für Kopfschütteln sorgt, weil sie letztlich bis auf die Fahrer durchschlägt. Zwar wäre ein Rekurs möglich. Aber: Wäre das Team dann nicht für den Rest der Tour markiert?
Ein böser Verdacht
Greifen die UCI-Kommissäre härter durch als früher? Und was sagt man zum Unbehagen im Tour-Tross? Werden mögliche Sanktionen vorher mit den Beteiligten besprochen? Auch da – wie bei den einzelnen Fällen – gibt der von Blick angefragte Chef-Kommissär keine Antwort.
Ein Tour-de-Suisse-Insider hat einen bösen Verdacht: «Vor allem die ausländischen Kommisssäre an der Tour wollen ihre Arbeit rechtfertigen, indem sie viele Strafen aushängen. Damit sie dann an die Tour de France gehen dürfen. Denn das ist auch für sie das Nonplusultra.»
Vom 12. bis 22. Juni ist die Schweiz im Rad-Fieber: Die Tour de Suisse 2025 rollt durchs Land. Erst sind die Frauen dran (12. - 15.), dann übernehmen die Männer (15. - 22.). Hier findest du Höhenprofile und Etappenpläne zu den vier Teilstücken der Frauen, die über total 500 Kilometer Länge und 7’000 Höhenmeter führen. Und hier gibts die acht Etappen der Männer, die total 1’300 Kilometer und über 20’000 Höhenmeter abspulen.
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