Darum gehts
- Alisha Lehmann hält motivierende Ansprache vor EM-Testspiel gegen Tschechien
- Lehmann spielt bei der EM auf neuer Position als Aussenverteidigerin
- Erstes EM-Gruppenspiel gegen Norwegen vor 38'512 Fans im ausverkauften St. Jakob-Park
Es ist ein intimer Einblick von ein paar Sekunden, den die zweite Episode der Mini-Doku «Inside Nati Camp» gewährt. Eine kurze Videoaufnahme aus der Schweizer Garderobe vor dem letzten Testspiel gegen Tschechien (4:1). Darin zu sehen: Alisha Lehmann (26), wie sie ihre Teamkolleginnen mit einer Ansprache auf die EM-Hauptprobe einstellt. «Wir sind die Schweiz. Lasst uns allen zeigen, dass wir grossartige Spielerinnen sind und für unser Land alles geben!», heizt sie dem Team auf Englisch ein.
Drei Tage später nimmt Lehmann im Kultur- und Kongresszentrum Thun zur ersten offiziellen Schweizer EM-Pressekonferenz Platz – und wird gleich zu Beginn auf ihre Garderoben-Rede angesprochen. «Bei uns wird dafür immer jemand ausgewählt. Für das Spiel gegen Tschechien bin ich gefragt worden. Ich habe natürlich sofort zugesagt», erklärt die Bernerin. Sie habe sich im Vorfeld Gedanken darüber gemacht, was sie ihren Teamkolleginnen auf den Weg geben wolle. «Ich habe mir überlegt, was die Schweiz ausmacht», sagt Lehmann. «Made out of rocks», also «aus Felsen gemacht», sei ihr dabei in den Sinn gekommen. «Also habe ich ihnen gesagt, lasst uns stark wie Felsen sein.»
Mit neuer Position angefreundet
Dass Lehmann die Ehre der Kabinenansprache zuteil kommt, ist kein Zufall. Die Juve-Spielerin ist innerhalb der Nati sehr beliebt, hat praktisch zu allen Spielerinnen einen sehr guten Draht und geniesst den Ruf eines Scherzkeks. «Wenn jemand traurig ist, gehe ich hin und sorge dafür, dass diese Person wieder lächeln kann», sagt Lehmann selbst über sich.
Sportlich wird der Offensivspielerin während des Heimturniers eine weniger zentrale Rolle zukommen. Die Wackelkandidatin hat nach einer schwierigen Rückrunde den Sprung auf den EM-Zug zwar gerade noch geschafft, auf ihrer angestammten Position im Sturm hat Trainerin Pia Sundhage aber keinen Platz für Lehmann. Die Schwedin hat sie darum auf der Aussenverteidigerin-Position eingeplant. «Ich war schon ein wenig überrascht. Aber ich nehme diese Rolle an, das Team steht im Vordergrund», sagt Lehmann. Inzwischen könne sie ihrer neuen Rolle auch etwas abgewinnen. «Es ist cool, eine andere Position zu spielen, weil man neue Dinge lernt.»
Boom nach EM 2022 in England
Dass ihr EM-Aufgebot vor allem in den sozialen Medien viel Kritik ausgelöst hat, lässt Lehmann kalt. «Ich muss niemandem etwas beweisen ausser mir selbst. Darum interessiert es mich nicht, was die Leute denken», sagt sie. Trotzdem hofft Lehmann, dass die Nati mit ihren Auftritten etwas in der Schweiz auslösen kann. Vor drei Jahren hat sie als Spielerin in England hautnah miterleben können, welchen Effekt die Austragung einer Endrunde auf die Frauenfussball-Strukturen haben kann. «Das war ein grosser Schritt. Wir konnten in grössere Stadien spielen und Spiele wurden plötzlich live im TV übertragen», erinnert sich die damalige Spielerin von Aston Villa.
Am Mittwoch wartet auf die Nati eine noch grössere Bühne als die englische Women's Super League. Im ersten EM-Gruppenspiel geht es vor 38'512 Fans im ausverkauften St. Jakob-Park gegen Norwegen. «Ich kann das Eröffnungsspiel kaum erwarten», sagt Lehmann über die Partie in Basel. Noch ist offen, welche Spielerin dieses Mal die Rede in der Garderobe halten wird. «Wenn ich wieder gefragt werde, würde ich das sicher noch einmal machen», sagt Einheizerin Lehmann.