Darum gehts
«Am Morgen waren wir die glücklichste, am Abend die traurigste Familie», fasst Thomas B.* (55) den Tag zusammen, an dem sein Sohn Fabian (†6) ums Leben kam. Es sei ein warmer, sonniger Frühlingstag gewesen. Er habe in seinem Geschäft in Unterägeri mit den Kunden geplaudert. «Ich habe dich noch lachend und spielend gesehen», schreibt der Vater. «Dann kam eine Person erschrocken ins Geschäft gerannt und sagte, dass du tot am Boden lägst.»
Die Zeilen, adressiert an den verstorbenen Bub, hängen aktuell im Schaufenster von Thomas B.s Geschäft in Unterägeri ZG. Vor eineinhalb Jahren wurde Fabian draussen an der Tür von einem Auto erfasst. Er starb noch an der Unfallstelle. Der Vater beschreibt das frühere Leben der Familie – und seinen Schmerz nach Fabians Tod.
Erinnerungen an ein glückliches Leben
Thomas B. beschreibt seinen einzigen Sohn als aufgeweckten Buben, der überall Freude verbreitete: «Früh ins Bett gehen mochtest du nicht und standest morgens dennoch als Erster auf, um tagsüber trotzdem nicht müde zu sein.»
Fabian habe immer spielen wollen, habe Lego geliebt. Er ging ins Kampfsport-Training, in die Pfadi, im Winter zum Skifahren. «Als dein Grosi sagte, sie habe kein Geld, um dir Spielsachen zu kaufen, hast du dir es bei uns ‹ausgeborgt›, um es dem armen Grosi zu geben», schreibt Thomas B. weiter.
Er und seine Frau hätten viel gearbeitet. Doch Abende hätten sie immer zusammen zu Hause verbracht. «Zähneputzen mochtest du nicht. Und wenn, dann am liebsten im Bett.» Währenddessen habe er selbst Geschichten erzählt, erinnert sich Thomas B.: «Sie mussten von dir und deinen Freunden handeln: wie ihr zum Walfischen im Ägerisee geht.»
Vorwürfe gegenüber Behörden
Nun sei er dabei, all die Erinnerungen zu sortieren – Fotos, Videos, Anekdoten. «Es ist eine lange Arbeit, weil ich nichts vergessen möchte und weil es schwer ist, überhaupt daran zu denken», so der Vater.
Die Ermittlungen zum Unfall sind laut Thomas B. abgeschlossen. Er zeigt sich enttäuscht über die Arbeit der Behörden: Staatsanwaltschaft und forensisches Institut. So habe Letzteres 14 Monate gebraucht, um das Gutachten zum Unfallhergang abzuschliessen. «Während dieser Zeit konnte der Fahrer bis auf wenige Wochen weiterhin Fahrzeuge steuern», so B.
Jetzt wolle die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen, so der Vater weiter. Dabei würden einige relevante Beweisstücke fehlen. Eine Beschwerde sei aussichtslos.
«Es ist ein Albtraum»
Thomas B. beschreibt, wie er bei Fabian war, als dieser starb. Nach dem Unfall sei er nach draussen gerannt. «Innert kurzer Zeit waren unzählige Helferinnen und Helfer vor Ort, und sie gaben alle ihr Bestes, um dein junges Leben zu retten.» Doch nach 30 Minuten sei sein Sohn an schweren Kopfverletzungen verstorben. «Es ist ein Albtraum, ohne Hoffnung aufzuwachen», beschreibt der Vater seinen Zustand seither.
Nach dem Unfall legten zahlreiche Anwohnerinnen und Kunden Blumen, Plüschtiere, Kerzen vor Thomas B.s Geschäft nieder. Die Anteilnahme der Menschen helfe noch immer sehr, so der Vater: «Wir verbrachten die Zeit seit dem Unfall am Arbeitsplatz, unserem Therapieplatz.» Er bedankt sich bei Kundinnen und Mitarbeitern für die Rücksichtnahme und den Effort.
An Fabian gerichtet, schreibt er zuletzt: «Wir sind stolz auf dich. Wir lieben dich so sehr. Jetzt musst du auf uns, deine Eltern, aufpassen.»
* Name der Redaktion bekannt