Darum gehts
- Gewalttätige Ausschreitungen bei Palästina-Demo in Bern schockieren die Schweiz
- Linksextreme Gewalt ist präsent, aber Zahlen schwanken ohne klaren Trend
- Es braucht präventive Massnahmen, um linksextreme Inhalte zu kontrollieren
Die gewalttätigen Ausschreitungen während einer Palästina-Demo in Bern vom Samstag haben die Schweiz aufgeschreckt. 18 Polizeibeamte wurden verletzt, einige schwer. Fensterscheiben wurden eingeschlagen, das Restaurant Della Casa in Brand gesetzt, während sich darin Menschen befanden. Strassenschlachten uferten in kriegsähnliche Szenen aus.
Die Krawalle haben eine Spur der Zerstörung durch die Bundeshauptstadt gezogen. Und sorgen für einen Aufschrei: Rufe nach einem Antifa-Verbot werden laut, die Verschärfung des Nachrichtendienstgesetzes wird gefordert.
Doch wie sieht die Lage in der Schweiz generell aus, und wie sollten wir auf linksextremistische Gewalt reagieren? Blick hat mit Dirk Baier (49), Kriminalexperte an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften, gesprochen.
Blick: Haben wir linke Gewalt in der Schweiz unterschätzt?
Dirk Baier: Linke Gewalt beschäftigt die Schweiz regelmässig, ich erinnere nur an die wiederkehrenden Krawalle bei der Reitschule Bern oder die Krawalle in Zürich im September auf dem Kasernenareal. Linke Gewalt ist präsent, und sie wird aus meiner Sicht nicht unterschätzt. Es ist nur recht schwer für die Polizei, Situationen, in denen sich hunderte Personen treffen, unter denen sich ein nicht geringer Anteil an Personen mit hoher Gewaltbereitschaft befindet, zu beruhigen. In solchen Situationen kommt es dann immer wieder zu Gewalteruptionen.
In welchen Bereichen hat linke Gewalt besonders zugenommen?
Laut Nachrichtendienst des Bundes haben die Zahlen zu linksextremer Gewalt nicht zugenommen. Im Jahr 2024 wurden 60 linksextreme Gewalttaten registriert, einige Jahre vorher, 2019, wurde mit 115 Gewalttaten der Höchststand registriert. Generell schwanken die Zahlen zu linksextremer Gewalt – von einem klaren Trend kann man nicht sprechen. Diese Gewalt besteht zum Grossteil aus Sachbeschädigungen. Seltener erfolgen physische Gewalttaten, wobei es sich dann zum Grossteil um Gewalt gegen Polizisten, seltener um Gewalt gegen Rechtsextreme handelt.
Sind Palästina-Demonstranten grundsätzlich gewaltbereit, oder mischen sich auch hier Gewaltbereite unter die normalen Demonstranten?
Die Palästina-Demonstrierenden sollte man, ebenso wie linksradikale Personen, nicht über einen Kamm scheren. Auch hier ist der Grossteil friedlich und nicht gewaltbereit. Gleichzeitig steht zweifellos fest, dass sich unter diese Demonstrierenden auch Personen gemischt haben, die aktiv Gewalt mit der Polizei gesucht haben. Ob dieser Anteil aber überproportional hoch ist, lässt sich nicht sagen. Ob diese Personen aus ideologischer Überzeugung Gewalt ausüben, im Glauben nur so ihre Ziele zu erreichen, oder ob es Menschen sind, die einfach nach Erlebnisgewalt suchen, lässt sich nicht festlegen.
Wie organisieren sich diese Gruppierungen? Oder entsteht die spontane Gewalt mehr im Affekt?
Es gibt zwei Wege in die Gewalt. Erstens die geplante Gewalt. Linksextreme Gruppierungen organisieren und koordinieren ihr Vorgehen via Social Media. Hierfür steht beispielsweise der Schwarze Block, der darauf fokussiert ist, bei solchen Gelegenheiten zu randalieren und Polizisten anzugreifen.
Zweitens gibt es die situative Solidarisierung von nicht gewaltbereiten Demonstrierenden. Diese können das polizeiliche Eingreifen bei Demonstrationen als ungerechtfertigt und überhart einstufen. Dies führt dann dazu, dass eigentlich friedlich Demonstrierende Gewalt als Gegengewalt legitimiert sehen.
Wie muss die Politik solcher Gewalt begegnen? Braucht es härtere Massnahmen?
Härtere Massnahmen mögen die Situation kurzfristig beruhigen, eine nachhaltige Lösung versprechen sie nicht. Aufgrund des Solidarisierungseffekts können sie das Problem sogar verstärken. Notwendig und unverzichtbar ist aktuell die Strafverfolgung. Personen, die Sachbeschädigungen begangen oder Polizisten angegriffen haben, müssen identifiziert werden und Sanktionen erfahren. Dies kann abschreckende Wirkung entfalten.
Welche Massnahmen können präventiv ergriffen werden?
Einerseits muss verhindert werden, dass junge Menschen eine positive Haltung zum Gewalteinsatz entwickeln, beispielsweise über Präventionsprogramme an Schulen. Andererseits muss die Kommunikation in den sozialen Medien und hier die Radikalisierung stützende Verbreitung problematischer Narrative stärker in den Fokus rücken. Medieninhalte sollten dabei stärker kontrolliert, Gegennarrative präsentiert werden. Linksextremen Inhalten muss aktiv widersprochen werden, damit sie sich nicht in den Köpfen junger Menschen festsetzen.
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