Darum gehts
- Ehepaar verliert Ersparnisse durch Krypto-Betrug
- Betrüger nutzten gefälschte Facebook-Werbung
- 5000 Menschen betroffen, davon 100 in der Schweiz
- Bande in Spanien zerschlagen
Die Ersparnisse eines ganzen Lebens – alles weg! Isabelle und Hervé Rochat* haben 165'000 Franken durch einen raffinierten Betrug verloren. Die zwei ehemalige Sozialarbeiter aus der Broye verloren im März 2022 ihr Geld an gut organisierte Betrüger, die ihnen eine bessere Zukunft versprachen.
Das Paar, das anonym mit Blick sprach, empfindet Scham und Bedauern über die Situation. Ihre 45-jährige Ehe wurde auf die Probe gestellt – nun wollen sie andere Schweizer warnen.
Der Betrug war Teil einer gross angelegten Kryptowährungsmasche, die 5000 Menschen, darunter 100 in der Schweiz, betraf und zur Zerschlagung einer Bande durch Europol Ende Juni in Spanien führte. Blick hatte über die «Operation Borrelli» berichtet.
Wie oft in diesen Fällen begann alles mit einem gefälschten Inserat auf Facebook. Darin war von einer vermeintlichen Kryptowährung von Tech-Unternehmer Elon Musk namens «Tesla-Coin» die Rede – samt hohen Renditen. Zu dieser Zeit machte auch ein Deepfake-Video mit Musk die Runde (siehe oben).
Anfänglich zahlte das Rentner-Paar eine Gebühr von 250 Euro. Erst schien alles in Ordnung, und die Kurse auf der Handelsplattform schossen in die Höhe. «Super, so können wir unser Haus renovieren», dachten Isabelle und Hervé. Die beiden machten neun Überweisungen an eine Bank in Litauen, beginnend mit kleinen Beträgen und steigend auf 25'000 Euro.
Sohn warnte – vergebens!
Die Betrüger waren anfangs freundlich, wurden jedoch mit der Zeit immer direkter. Isabelle erinnert sich: «Am Anfang waren sie sehr nett. Aber im Laufe der Zeit wurden sie unangenehm.»
Als die Rochats ihren Kindern vom Fall erzählten, wurde diese misstrauisch: «Das sieht nach Betrug aus!», sagte Hervés Sohn.
Zum Test versuchten sie, 3000 Euro abzuheben. Es klappte problemlos. Das wiegte sie vollends in falscher Sicherheit. In ihrer Naivität vertrauten sie den Betrügern, investierten weiter – und eröffneten gar Konten für ihre Kinder.
Als ihr Portfolio schliesslich auf 440'000 Euro angewachsen war, entschieden sich die Rochats aufzuhören – und wollten 100'000 Euro abheben. Die Betrüger verlangten eine «Pauschalgebühr» von 37'000 Euro – aber das Geld wurde nie überwiesen.
Obwohl die Rochats die Polizei in Lausanne einschalteten, konnten die Behörden aufgrund der internationalen Komplexität des Falls nicht helfen. Das Paar reichte zwei Strafanzeigen bei den Schweizer Behörden ein und versuchte, die Bank in Litauen zu verklagen, die das Geld akzeptiert hatte.
Isabelle und Hervé wandten sich schliesslich an «Broker Defense», eine französische Firma, die sich auf die Rückforderung verlorener Gelder bei Internetbetrug spezialisiert hat. «Eine Anwältin hat sich um unseren Fall gekümmert, aber ohne Erfolg», erklärt Isabelle. Trotz der Bemühungen, Interpol zu kontaktieren und 1200 Euro an Anwälte zu zahlen, blieben der Erfolg aus.
Nur noch 3400 Franken AHV
Die finanziellen Verluste zwangen das Paar, ihren Lebensstil zu ändern. Sie übergaben ihren alten Bauernhof in der Broye an ihre Tochter und verkauften eines ihrer beiden Autos. «Unser Geld schmilzt wie Schnee in der Sonne», beklagt Isabelle. Sie hätten nur noch 3400 Franken pro Monat von der AHV, was die Hälfte ihres früheren Einkommens als Erwerbstätige ist.
Trotz der schwierigen Umstände ist das Paar stolz darauf, dass ihre Familie in der Krise zusammengehalten hat. «Wir haben ein paar Kilos verloren, aber wir haben uns nicht unterkriegen lassen», scherzt Hervé. Isabelle hofft, dass ihre Geschichte andere vor ähnlichen Betrügereien warnen kann.
Hervé, der die Betrüger sarkastisch für ihren erfolgreichen Betrug lobt, ist resigniert, aber auch wütend. «Wenn ich die Kerle vor mir hätte, könnte ich nicht freundlich bleiben.»
Die Scham über den Verlust ist gross, und nur der beste Freund von Hervé weiss von der enormen Summe, die verloren ging. Isabelle, die sich nie als naiv empfand, hofft, dass die Täter eines Tages zu Rechenschaft gezogen werden.
*Namen geändert.
PS: Wegen ähnlicher Betrügereien hat der Ringier-Verlag im Juni Strafanzeige gegen unbekannt eingereicht, weil auch die Marke Blick für Fake-Inserate missbraucht wurde. Den Artikel darüber findest du hier.