«Dachte, mein Leben sei vorbei»
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Nora war bei Fatma Y.*:«Dachte, mein Leben sei vorbei»

Nora Frischknecht aus Wolfhalden AR wollte ihren Po vergrössern – und landete im Notfall
Falsche Ärztin spritzte sie in Lebensgefahr

Sie träumte von einem pralleren Po – und hätte diesen fast mit ihren Leben bezahlt: Nora Frischknecht liess sich bei Kosmetikerin Fatma Y. behandeln – und musste notfallmässig ins Spital. In der Folge wurde das Beauty-Studio geschlossen und die Fake-Ärztin verhaftet.
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Kosmetikerin Fatma Y. (35) hat sich als Ärztin ausgegeben und Behandlungen ausgeführt, für die sie nicht qualifiziert war.
Foto: zVg

Darum gehts

  • Nora Frischknecht erlitt Herzprobleme nach Po-Vergrösserung durch falsche Ärztin
  • Die Aargauer Kosmetikerin Fatma Y. führte gefährliche Behandlungen durch
  • Die Kundin landete mit Herzrhythmusstörungen und Mikroabszessen im Spital Herisau
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Qendresa LlugiqiReporterin News

Boutique-Inhaberin und Influencerin Nora Frischknecht aus Wolfhalden AR ist wütend auf Kosmetikerin Fatma Y.* (35). Diese gab sich als Ärztin aus und bot Behandlungen an, für die sie nicht qualifiziert war.

Die Appenzellerin liess sich gutgläubig bei ihr behandeln – und landete wenige Stunden später notfallmässig im Spital Herisau. «Wie konnte ich mich so täuschen lassen?», fragt sich Frischknecht beim Besuch von Blick. Und: «Wie kann sie so mit dem Leben anderer spielen?»

In den vergangenen zwei Jahren gab es verschiedene Beschwerden gegen die Aargauer Kosmetikerin Fatma Y. Auch läuft seit rund einem Jahr ein Verfahren. Doch erst, nachdem Frischknecht ihren Fall dem Aargauer Gesundheitsamt meldet, wird dem Treiben ein jähes Ende gesetzt: Die Behörden schliessen noch gleichentags das Kosmetik-Studio in Wettingen AG.

Trotz der Schliessung führte Fatma Y. weiter Behandlungen aus und warb dafür auf Social Media. Diese Dreistigkeit kommt ihr nun teuer zu stehen: Am Dienstag klickten die Handschellen. Die Kosmetikerin sitzt in U-Haft, wie Adrian Schuler, Sprecher der Staatsanwaltschaft Aargau, Blick am Montag bestätigte. Die Vorwürfe: Körperverletzungen und Widerhandlungen gegen das Heilmittelgesetz. 

Eingriff angeblich durch Arzt

Begonnen hat alles mit einem verlockenden Angebot: Fatma Y. warb auf Instagram für Po-Vergrösserungen mit einem natürlichen Effekt. Das Spezial-Angebot: 600 Milliliter Polyfiller für 1350 Franken. Frischknecht informierte sich zunächst ausführlich. «Ich habe wiederholt etwa nach möglichen Komplikationen gefragt – und ob ein Arzt die Behandlung ausführt.» Die Antwort: «Es gibt keinerlei Bedenken.» Auch wurde bestätigt, dass ein Arzt die Behandlung durchführt. Dies geht aus dem Chatverlauf, der Blick vorliegt, hervor.

Rund eine Woche setzte sich Frischknecht intensiv mit dem Thema und Fatma Y. auseinander. «Auf all ihren Kanälen stand, sie sei Ärztin. Ich vertraute darauf. Ich meine: Wieso sollte jemand bei so etwas lügen?» Also vereinbart sie einen Termin Mitte November.

Schmerzhafte Spritzen

Vor Ort bekräftigte Fatma Y. erneut, Ärztin zu sein – und zeigte sogar auf ein Medizin-Zertifikat an der Wand. «Als ich Angst hatte, meinte sie nur: ‹Du wirst nicht sterben, es kann höchstens zu einer kleinen Infektion kommen.› Und dass sie mir dagegen Antibiotika verschreibt.»

Dann ging es los. Die umstrittene Kosmetikerin spritzte Frischknecht Lidocain – ein lokales Betäubungsmittel. «Sie wartete nicht ab, bis die Wirkung einsetzt, sondern holte gleich ein Tablett mit mehreren grossen unbeschrifteten Spritzen», erinnert sich Frischknecht.

Die Patientin habe die Schmerzen im Gesäss kaum ertragen. «Ich habe einfach alles gespürt!» Noch während der Filler-Behandlung merkt Frischknecht: Etwas stimmt nicht. «Mein Kreislauf kollabierte, ich hatte Schüttelfrost. Es schien ihr aber egal zu sein.»

Gravierende Komplikationen

Beim Hinausgehen drückt ihr die Kosmetikerin das Antibiotikum Amoksicilin HF mit Herkunft Bosnien in die Hand. Auf dem langen Heimweg mit dem Auto zeigt sich bei Frischknecht ein «Herzflattern». «Mein Herz schlug so seltsam, mir wurde übel und ich wurde da schon leicht müde.» Daheim angekommen will Frischknecht nur eines: Schlafen. «Doch ich konnte nicht. Mein Herz raste inzwischen.»

Nur fünf Stunden nach der Behandlung fährt ihr Mann sie in den Notfall des Spitals Herisau. Die Diagnose: Mikroabszesse im Po, stark erhöhte Entzündungswerte und Kreislaufprobleme. Die grösste Sorge der Ärzte: dass eine Embolie eintritt.

Frischknecht: «Ich wurde gleich mehrere Tage im Spital behalten und zunächst streng überwacht.»

«Ich hatte Todesangst»

Die Appenzellerin bricht in Tränen aus, als sie daran zurückdenkt. «Ich hatte Todesangst! Ich dachte, ich habe mein Leben zerstört. Ich entschuldigte mich sogar bei meinem Mann und gab zunächst mir selbst die Schuld.» Doch ihr Mann widerspricht: «Du bist nicht schuld, sondern diese Frau!»

Besonders belastend: Als die Ärzte wissen wollen, was wirklich gespritzt wurde, erhält Frischknecht von Fatma Y. keine brauchbare Antwort. «Ich vermute, sie hat ein illegales Produkt verwendet.»

Durch das schnelle Eingreifen der Ärzte kann Schlimmeres verhindert werden. Doch auch nach drei Wochen kämpft Frischknecht mit den Folgen: Die Infektion ist zwar weg, das Mittel ist immer noch im Körper. «Ein ästhetischer Chirurg wird sich das demnächst anschauen», sagt sie. «Ich kann immer noch nicht richtig sitzen, habe Schmerzen.» Ausserdem leidet sie an Panikattacken: «Sobald mein Herz etwas schneller schlägt, habe ich Angst, daran zu sterben.»

Wunsch nach Gerechtigkeit

Frischknecht hat Fatma Y. bei der Kantonspolizei Aargau angezeigt. Blick hat Fatma Y. vergangene Woche mehrfach um eine Stellungnahme gebeten, hat aber keine Antwort erhalten – wohl weil die Kosmetikerin schon im Gefängnis sass.

Die Modeliebhaberin Frischknecht spricht mittlerweile offen über ihre Erfahrung – auch auf Tiktok, wo sie über 64'000 Follower hat. Dabei will sie vor allem eines: «Ich wünsche mir Gerechtigkeit – vertraue da aber vollkommen auf die Schweizer Justiz.»

* Name geändert 

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