Darum gehts
- Bundesrat will Tempo-30-Zonen erschweren, 600 Gemeinden protestieren dagegen
- Kaisten stimmt über flächendeckendes Tempo 30 ab
- Umsetzung in Kaisten kostet 78'000 Franken
SVP-Bundesrat Albert Rösti (58) drückt aufs Gas. Der Verkehrsminister führt den Kampf an gegen eine Ausweitung von Tempo-30-Zonen in Städten und Gemeinden. Im Auftrag des Bundesparlaments will der Bundesrat die Einführung von Tempo 30 erschweren.
So soll Tempo 50 als Regelfall festgeschrieben werden, Tempo 30 nur noch in Ausnahmefällen möglich sein. Die Regel zielt vor allem auf Hauptverkehrsachsen ab. Das wiederum stösst rund 600 Schweizer Gemeinden und Städten sauer auf, die Rösti einen offenen Brief geschrieben haben. Die Diskussion um Verkehrssicherheit, Lärmschutz und Freiheit polarisiert.
Tempo 30 sei sicherer und ruhiger
Die Debatte im Grossen zeigt sich derzeit ganz konkret in der Aargauer Gemeinde Kaisten. Soll auf dem gesamten Gemeindegebiet künftig Tempo 30 gelten – mit Ausnahme der Kantonsstrassen? Darüber entscheiden die Stimmberechtigten am 30. November an der Urne. Auch auf Gemeindeebene gehen die Wogen hoch.
Ursprünglich habe der Gemeinderat Tempo 30 quartierweise einführen wollen, berichtet die «Aargauer Zeitung». Die Gemeindeversammlung aber stimmte knapp für eine flächendeckende Einführung. Das Referendum gegen den Beschluss folgte so sicher wie das Amen in der Kirche.
Für den Gemeinderat stehe fest: Tempo 30 macht Kaistens Strassen sicherer – gerade für jene, die am meisten Schutz brauchen, also Kinder, ältere Menschen oder Personen mit Beeinträchtigungen. Das Verkehrsaufkommen habe in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Und auch wenn es zu weniger Unfällen gekommen sei, gehe es um Prävention. Rund 78'000 Franken soll die Umsetzung kosten.
«Unnötige Bevormundung»
Auch bei der Lärmbelastung sehe der Gemeinderat Vorteile. Weniger Tempo bedeute weniger Motor- und Reifengeräusche, was die Wohnqualität steigere. Und der Zeitverlust bei geringerem Tempo falle mit ein paar zusätzlichen Sekunden kaum ins Gewicht. Dafür führe Tempo 30 zu einem gleichmässigeren Verkehrsfluss.
Von einer «unnötigen Bevormundung» sprechen hingegen die Gegner. Es gebe keinen Sicherheitsgrund für eine generelle Temporeduktion. Die Kantonspolizei habe seit über 30 Jahren keinen einzigen Unfall registriert, der auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen sei.
Flächendeckend Tempo 30 sei unverhältnismässig und teuer. Punktuelle Lösungen wie Begegnungszonen reichten völlig aus, zitiert die «Aargauer Zeitung». Auch den versprochenen Umwelt- und Lärmschutz stellen die Gegner in Frage.
In Kaisten gehe es am 30. November um mehr als nur ein paar neue Verkehrsschilder. Tatsächlich: Der Abstimmungskampf steht symbolisch für eine Debatte, die das ganze Land bewegt.