Zolldeal mit den USA
Das steht im geheimen Verhandlungsmandat

Trucks, US-Geflügel, Medizinprodukte – und mindestens 200 Milliarden Dollar Investitionen in den USA: Der Bundesrat hat seine Verhandlungsposition für den Zollpoker mit Washington festgelegt.
Kommentieren
1/8
Bundesrat Guy Parmelin und Staatssekretärin Helene Budliger Artieda haben mit den USA den Zolldeal verhandelt.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Schweiz und USA verhandeln Zollabkommen mit Investitionen und Konzessionen
  • US-Chlorhühner sind kein Thema, Neutralität der Schweiz bleibt gewahrt
  • Schweizer Unternehmen sollen 200 Milliarden US-Dollar in fünf Jahren investieren
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Raphael_Rauch (1).jpg
Raphael RauchBundeshausredaktor

Pünktlich zum Samichlaus-Abend erhielten die Parlamentarier der Aussenpolitischen Kommissionen Post vom Bundesrat. Aber es gab nicht nur Geschenke, sondern auch die Rute. Das geplante Mandat für die Zollverhandlungen mit den USA enthält ebenso Verbesserungen wie schmerzhafte Konzessionen.

Am meisten tun wohl die «mindestens 200 Milliarden US-Dollar» weh, die Schweizer Unternehmen über die nächsten fünf Jahre in den Vereinigten Staaten investieren sollen. Ein Drittel dieser Summe, knapp 67 Milliarden, müssen sie bereits bis Ende 2026 überweisen. Im Gegenzug senkt die Trump-Administration die meisten Zölle auf maximal 15 Prozent. Für Produkte, die vor dem 2. April über einem Zollsatz von 15 Prozent lagen, fällt die ursprüngliche Abgabe an. Zum Beispiel für Sbrinz-Käse, der von 39 Prozent statt auf 15 lediglich wieder auf seinen ursprünglichen Zollsatz von 19 Prozent fällt.

«Mit der Schweizer Agrarpolitik vereinbar»

Gewinner sind wichtige US-Importgüter wie Flugzeuge von Pilatus oder Generika der Pharmaindustrie – sie sind von den Zusatzzöllen befreit. Zusätzliche Ausnahmen betreffen andere pharmazeutische Produkte, gewisse Chemikalien und Gold. 

Weitere Zugeständnisse, die wiederum die Schweiz den USA macht, sind im Vergleich Peanuts: «Null Zölle auf alle US-Industriegüter, US-Meeresfrüchte und bestimmte US-Agrargüter.» Hinzu kommen Kontingente: SVP-Bundesrat Guy Parmelin (66) hat angekündigt, die USA sollten maximal 500 Tonnen Rindfleisch, 1500 Tonnen Geflügel und 1000 Tonnen Büffelfleisch zollfrei importieren können. Das Mandat für die Verhandlungen jedoch nennt keine konkreten Zahlen, für den Bundesrat steht aber fest, dass er nur dann zu Zugeständnissen bereit ist, wenn auch die USA Konzessionen eingehen. «Allfällige zusätzliche Zollkonzessionen seitens der Schweiz müssen mit der Schweizer Agrarpolitik vereinbar sein», betont der Bundesrat in einer Medienmitteilung.

Chlorhühner und Neutralität

US-Chlorhühner sind im Verhandlungsmandat kein Thema. Trotzdem muss Parmelin in der Fragestunde hierzu Rede und Antwort stehen. Grünen-Nationalrätin Sophie Michaud Gigon (VD, 50) möchte wissen, ob er das Schweizer Chlorhuhn-Verbot einfach per Verordnung aufheben könnte. Teile des Parlaments sind bestrebt, den Import von Chlorhühnern per Gesetz zu verbieten.

Laut Verhandlungsmandat verpflichtet sich die Schweiz nicht dazu, US-Sanktionen automatisch zu übernehmen. In einer Informationsnotiz betont das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco): «Die Souveränität und Neutralität der Schweiz bleiben gewahrt.»

BAG-Verordnung soll 2026 in die Vernehmlassung

Neben Zöllen sollen auch andere Handelshemmnisse abgebaut und beispielsweise die Zulassung von Trucks erleichtert werden. Auch von einer vereinfachten Zulassung von US-Medizinprodukten ist die Rede. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) kündigt Tempo an: «Es ist davon auszugehen, dass die Verordnung im Laufe von 2026 in die Vernehmlassung geht», teilt das BAG mit. Bislang ist es so, dass Pflaster oder Prothesen, die in der Schweiz hergestellt und in den USA zugelassen sind, in der Schweiz nicht verwendet werden dürfen – bislang ist dafür noch eine gesonderte Zulassung nötig.

Der Luzerner Ständerat Damian Müller (41, FDP) plädierte mit einer Motion erfolgreich dafür, dies zu ändern: Was gut genug für US-Patienten sei, solle auch in der Schweiz eingesetzt werden dürfen. Bislang sind Medizinprodukte mit der US-Zertifizierung FDA auf dem Schweizer Markt jedoch nicht erlaubt. Müller will dies seit 2020 ändern, um die Versorgungssicherheit in der Schweiz zu gewährleisten – Patienten sollen von innovativer Medizin profitieren können. Grossbritannien hat bereits FDA-zertifizierte Medizinprodukte zugelassen. «Die Schweiz hinkt also wieder etwas hinterher. Das BAG ist im Schlafwagen unterwegs und hat bis heute nichts verändert», so der Liberale.

Umfrage: Knapp zwei Drittel gegen US-Zolldeal

Das BAG verteidigt sein Tempo mit dem Verweis auf notwendige Abklärungen. «Es ist für die Patientinnen und Patienten, aber auch die Ärztinnen und Ärzte elementar, sich auf sichere Medizinprodukte verlassen zu können, wie ein Fall mangelhafter Brustimplantate gezeigt hat, der 2010 in der EU publik wurde», teilt das Bundesamt mit.

Mitte Dezember beraten die Aussenpolitischen Kommissionen über die Vorlage. Dabei dürfte es heiss hergehen. Ein allfälliger Urnengang über den Zolldeal der Schweiz mit den USA würde nach heutigem Stand scheitern. 69 Prozent der Befragten sprachen sich «dagegen» oder «eher dagegen» aus, wie eine von Blick in Auftrag gegebene Umfrage zeigt.

Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen