Darum gehts
- Trump plant 100 % Zölle auf Arzneimittelimporte in die USA ab Oktober
- Schweizer Pharmastandort und Wirtschaft könnten massiv betroffen sein
- Pharmaindustrie erwirtschaftet fast 10 % des Schweizer Bruttoinlandprodukts
Die Auswirkungen auf den Pharmastandort könnten massiv sein – und damit auf die gesamte Schweizer Wirtschaft. In der Nacht auf Freitag hat US-Präsident Donald Trump (79) auf seiner Plattform Truth Social angekündigt, ab 1. Oktober Zölle in Höhe von 100 Prozent auf Arzneimittelimporte in die USA zu erheben.
«Dieser Handelskonflikt gefährdet unsere wirtschaftliche Stabilität», befürchtet Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (61), Präsidentin der Handelskammer Basel. Noch lasse der Post viel Interpretationsspielraum. So schreibt Trump, Arzneimittelhersteller könnten die Zölle umgehen, wenn sie eine Produktionsstätte in den USA bauen. Und die beiden Pharmariesen Roche und Novartis haben bereits im Frühling weitere Investitionen in den USA angekündigt.
«Trump setzt kurzfristige Versorgungssicherheit aufs Spiel»
Doch auch dann könnten die Auswirkungen immens sein. Klar ist: «Bei Zöllen von 100 Prozent wird es schwierig, Arzneimittel für die USA in der Schweiz zu produzieren», steht für Schneider-Schneiter fest. Die USA aber sind für Roche und Novartis der wichtigste Absatzmarkt.
Genauso düster aber könnte die Alternative sein. Denn die Schweizer Pharma könnte immer mehr in Richtung USA abwandern. «Trumps Druck zeigt, dass er alles daransetzt, die Produktion patentgeschützter Medikamente sowie Forschung und Innovation in die USA zu holen», sagt Schneider-Schneiter. «Dafür setzt er sogar die kurzfristige Versorgungssicherheit in seinem Land aufs Spiel.» Denn kurzfristig könnten die Medikamentenpreise in den USA in die Höhe schnellen.
Zehntausende hochwertige Arbeitsplätze in Gefahr
Mittel- und langfristig aber habe vor allem die Schweiz ein Problem, wenn die Pharma immer mehr Produktionsstätten verlagere. Denn sicher sei, dass die Forschungszentren irgendwann folgen würden. Schneider-Schneiter: «In der Schweiz sind Zehntausende hochwertige Arbeitsplätze in Gefahr, genauso wie die Versorgungssicherheit, wenn die Medikamente nicht mehr hierzulande produziert werden.»
Schliesslich ist die Pharmaindustrie der Wachstumsmotor der Schweiz. Sie erwirtschaftet fast 10 Prozent des Bruttoinlandprodukts, trägt seit 2020 rund 40 Prozent zum jährlichen Wirtschaftswachstum bei und generiert über die Hälfte aller Exporte. Besonders betroffen wären Basel, Zürich, Zug und die Westschweiz, wo die Pharma ein zentraler Arbeitgeber und Steuerzahler ist.
Bund bleibt zurückhaltend
Der Bund selber zeigt sich bisher dennoch sehr zurückhaltend. Die zuständigen Departemente würden die Ankündigung durch die USA zur Kenntnis nehmen, heisst es vom Wirtschaftsdepartement. Noch seien keine Details der angekündigten Massnahmen bekannt. Deren Auswirkungen sollen nun zusammen mit den betroffenen Interessengruppen analysiert werden.
Es brauche nun eine umfassende Strategie, wie die Rahmenbedingungen für die Pharmabranche in der Schweiz verbessert werden könnten. So wie es die Basler SP-Ständerätin Eva Herzog (63) im Ständerat verlangt hatte und wie es von diesem auch ohne Gegenstimme angenommen wurde. Nur der Bundesrat hatte sich dagegen geäussert – zum Unverständnis von Schneider-Schneiter: «Ich bin nicht sicher, ob er den Ernst der Lage erkannt hat.»