Missbräuchliche Einsprachen
Bund will Bau-Verzögerer endlich zur Kasse bitten

Missbräuchliche Einsprachen können bei Bauprojekten zu jahrelangen Verzögerungen führen und die Wohnungsnot vergrössern. Der Bundesrat will nun schauen, inwiefern deren Sanktionierung ins Gesetz geschrieben werden kann.
Publiziert: 09:59 Uhr
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Aktualisiert: vor 45 Minuten
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Einsprachen verzögern den Schweizer Wohnungsbau massiv.
Foto: Sven Thomann

Darum gehts

  • Schweiz kämpft mit Wohnungsnot, Bund sucht Lösungen für Bauboom
  • Einsprachen verzögern Bauprojekte, Politiker fordern Gebühren für egoistische Verzögerer
  • Studie zeigt: Einsprachen sind häufigster Grund für Verzögerungen bei Wohnungsbau
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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

Die Schweiz kämpft mit der Wohnungsnot – und ein Bauboom liegt in weiter Ferne. Auch der Bund sucht deshalb händeringend nach Lösungen. Erst im September kündigte Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider (61, SP) etwa an, den Schweizer Ortsbildschutz zugunsten von Bauprojekten zu lockern.

Auch bei Wirtschaftsminister Guy Parmelin (66, SVP) ist das Thema hoch im Kurs. Nur aus anderem Grund: Wer hierzulande gegen ein Bauprojekt protestieren will, kann das weiterhin gratis – selbst wenn es aus reinem Eigennutz geschieht. Damit werden Vorhaben teilweise um Jahre verzögert. Damit soll endlich Schluss sein, fordert Mitte-Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger (61, LU).

Einsprachen häufigster Grund für Bau-Verzögerungen

Die Parlamentarierin will den Bundesrat mit einem Vorstoss dazu bringen, für egoistische Bau-Verzögerer, «die ohne schutzwürdiges Interesse oder in erkennbar rechtsmissbräuchlicher Absicht handeln», endlich in die Mangel zu nehmen: Sie sollen künftig zu einer Kostenübernahme und gegebenenfalls auch zu Schadenersatzleistungen verpflichtet werden können.

Einsprachen seien der häufigste Grund, dass sich der Bau neuer Wohnungen verzögert oder die Bauvorhaben gar abgebrochen werden, so Gmür-Schönenberger. Das belegt auch eine Studie der Bundesämter für Wohnungswesen und Raumentwicklung, die der Bund diesen Sommer veröffentlichte. Die Folgen: höhere Baukosten, weniger Bautätigkeiten und eine Verschärfung der Wohnungsknappheit.

Auch die Studienautoren appellierten dabei an den Bund, Kantone und Gemeinden, geeignete Massnahmen zu treffen – etwa durch eine Beschränkung der Einspruchsmöglichkeiten. Von Bussen war darin jedoch keine Rede. Das hat wohl auch mit der aktuellen Rechtssprechung zu tun: Laut dem Bundesgericht dürfen Bau-Einsprechern nämlich grundsätzlich keine Kosten auferlegt werden.

Bundesrat will schon länger handeln

Dennoch: In seiner Antwort auf den Vorstoss von Gmür-Schönenberger zeigt sich der Bundesrat bereit, ein solches Gebührenregime zu prüfen. Die Raumplanung sei in der Schweiz zwar hauptsächlich in kantonaler Hand, nach Ansicht des Bundesrats bestehen dabei jedoch «Spielräume, um Massnahmen zur Beschleunigung der Verfahren verfassungskonform und in Einklang mit dem Rechtsmittelsystem umzusetzen».

Bereits vor zwei Jahren tönte es ähnlich: Damals forderten Andrea Gmür-Schönenberger sowie Parteikollege und Nationalrat Leo Müller (67, LU) vom Bundesrat ebenfalls, Gebühren für Einsprachen zu prüfen.

Die Abklärungen dazu würden seither laufen, versichert die Landesregierung in der Antwort des erneuten Vorstosses. Auch im «Aktionsplan Wohnungsknappheit», den Wirtschaftsminister Parmelin letztes Jahr präsentierte, war die «Kostenauflage zur Vermeidung von verzögernden Einsprachen» als prüfenswertes Vorhaben aufgelistet. Wann tatsächlich Lösungen kommen sollen, lässt der Bund jedoch weiterhin offen.

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