Darum gehts
- Armee wird oft kritisiert, Cécile Klusák verteidigt Soldaten und fordert Verständnis
- Probleme sieht sie als Folge politischer Sparmassnahmen und fehlender Konsequenzen
- Nur ein Drittel aller Soldaten kann mit aktuellem Material ausgerüstet werden
Es geht etwa um verlotterte Fahrzeuge, fehlende Soldaten oder sexuelle Belästigung. Dazu kommen Indiskretionen beim Verteidigungsdepartement, der überraschende Abgang von Armeechef Thomas Süssli (58) oder Betrugsvorwürfe bei der Rüstungsfirma Ruag. Wenn die Armee in den Schlagzeilen ist, dann oft negativ.
Das Resultat: Sie wird als «Chaostruppe» betitelt, als «Fass ohne Boden», das Steuergelder verschlingt und weder Strategie noch Führung hat.
Cécile Klusák hat genug von diesem Armee-Bashing. Die 27-Jährige ist Co-Chefredaktorin der Zeitschrift «Schweizer Soldat» und Infanteristin im Militär. «Es werden Begriffe wahllos vermischt», sagt sie. Die Milizarmee sei nicht die Armeeführung, die Führung nicht die Ruag – und die Ruag nicht das Verteidigungsdepartement.
Was sie am meisten stört: «Am Ende fällt die Kritik auf die Soldatinnen und Soldaten zurück.» Menschen, die ihre Zeit oft unfreiwillig opferten, sich vor ihren Arbeitgebern rechtfertigen müssten und trotzdem einen guten Dienst leisteten.
Folgen von Sparmassnahmen
Als Truppenführerin von acht Soldaten kennt Klusák die Kritik – sagt dazu: «Die Armee ist in einem beschissenen Zustand, weil das politisch so gewollt ist.» Der Vorwurf richte sich deshalb an die falsche Adresse: Das Parlament habe die Armee jahrelang runtergespart und erwarte jetzt, dass sie verteidigungsfähig sei. «Ich bin pro Armee und glaube, dass die Milizarmee das richtige Instrument für die Schweiz ist. Aber ohne Geld geht es nicht.»
Mit dem aktuellen Material könne man nur ein Drittel aller Soldaten ausrüsten, so Klusák. In den WK müsse die Ausrüstung deshalb rotiert werden. «Was aber, wenn der Krieg kommt? Dann ist es zu spät, und uns fehlen die Schutzwesten.»
Ein weiteres Problem sei das fehlende Personal. In den Übungen müssten Wachtmeister teils Soldaten spielen, weil sie zu wenige seien, so Klusák. Die Gründe dafür sieht sie in der Politik: «Der Wechsel vom Militär zum Zivildienst ist heute viel zu einfach.» Das wurde mittlerweile auch in der Politik erkannt. Derzeit ist ein Vorstoss hängig, der die Hürde für den Zivildienst erhöhen will.
Fehlende Konsequenzen
Doch Klusák sieht auch die Armeeführung in der Pflicht. «Ich selbst habe sehr gute Erfahrungen in der Armee gemacht, aber ich weiss, dass es vereinzelt auch andere Beispiele gibt.» So etwa Vorgesetzte, die Soldaten anschreien, diskriminieren oder herabwürdigen. Meistens seien es einzelne, die das gesamte Klima vergifteten.
Ähnlich bei sexueller Belästigung, auch wenn sie selbst nie solche Erfahrungen machen musste. «Es ist enorm wichtig, dass die Armee den kleinen Frauenanteil spezifisch schützt.» Klusák begrüsst deshalb, dass die Armee selbst eine Untersuchung eingeleitet hat und Massnahmen ergreift. Jetzt gelte es, zu prüfen, ob diese auch wirken. «Da ist es auch die Aufgabe der Medien, den Finger immer wieder in die Wunde zu legen und zu sagen, nur weil ihr eine Studie gemacht habt und null Toleranz predigt, genügt das nicht.»
Trotzdem ist Klusák überzeugt, dass die Armee diese Probleme ernst nimmt. Nachholbedarf sieht sie bei den Konsequenzen: «Personen, die mobben, diskriminieren oder belästigen, müssen degradiert oder entlassen werden.» Die Verantwortung dafür liege bei der Führung, angefangen beim Wachtmeister bis hoch zum Armeechef und der Militärjustiz.
«Wertschätzung verdient!»
Nicht zuletzt deshalb wackelt der Ruf der Armee – und das in einer Zeit, in der die Politik über Aufrüstung diskutiert. «Ich verstehe, dass die Leute das Vertrauen verlieren, wenn sie immer wieder Negatives lesen», sagt Klusák. Vom neuen Verteidigungsminister Martin Pfister (61) und der Armeeführung erwartet sie deshalb, dass diese klar und transparent kommunizieren. «Wir müssen Probleme ansprechen und angehen.»
Seitens Politik, Medien und Bevölkerung brauche es dagegen mehr Verständnis, so Cécile Klusák. Die Armee sei eine riesige Organisation, die meisten keine Berufssoldaten und trotzdem funktioniere sehr viel sehr gut. «Ich sehe täglich Leute in Uniform, die ihr Bestes geben, damit sie im Ernstfall helfen und unser Land verteidigen könnten. Sie haben Wertschätzung verdient.»