Darum gehts
- Ausländeranteil in Bundesverwaltung stagniert bei 5 Prozent, Wirtschaft kritisiert
- 34 Prozent Ausländeranteil in der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung der Schweiz
- Bundesverwaltung als «goldener Käfig» für Schweizer mit privilegierten Arbeitsbedingungen?
Hier prallen Welten aufeinander: In der Wirtschaft sind ausländische Fachkräfte unverzichtbar – in der Bundesverwaltung dagegen fast unsichtbar. Beim Bund besitzt nur jeder Zwanzigste keinen Schweizer Pass. Der Ausländeranteil stagniert seit Jahren bei rund fünf Prozent, wie das eidgenössische Personalamt auf Anfrage bestätigt. In der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung liegt er bei 34 Prozent.
Neben akademischem Personal beschäftigt die Bundesverwaltung auch Büroangestellte, Handwerker und technische Fachkräfte – ein breites Spektrum. Einen «Inländervorrang» für Bundespersonal gibt es schon lange nicht mehr. Nur in Bereichen mit hoheitlichen Aufgaben – etwa bei Armee, Grenzwacht oder diplomatischen Vertretungen – ist der Schweizer Pass zwingend. Und doch bleibt der Bund mit seinen rund 43’000 Angestellten einer der grössten «schweizerischen» Arbeitgeber.
«Goldener Käfig für Schweizer»
Auch in Deutschland sorgt der tiefe Ausländeranteil im Staatsdienst für Diskussionen. Die Regierung von CDU-Kanzler Friedrich Merz (69) will aber gegensteuern – im Rahmen einer «Fachkräfteoffensive». «Wir nutzen das Potenzial von Menschen mit Einwanderungsgeschichte im öffentlichen Dienst noch immer nicht ausreichend», sagte die Integrationsbeauftragte Natalie Pawlik (33) kürzlich. «Das müssen wir ändern.»
In der Schweiz kommt Kritik von unerwarteter Seite. Dass beim Bund noch immer so wenig Ausländer arbeiten, sehen Wirtschaftsvertreter auch als Folge der «privilegierten Arbeitsbedingungen». Rudolf Minsch (58) ist Chefökonom des Wirtschaftsdachverbandes Economiesuisse. Pointiert könnte man es so formulieren, sagt er: «Die Bundesverwaltung ist ein goldener Käfig für Schweizer.»
Minsch beobachtet eine wachsende Kluft zwischen Verwaltung und Privatwirtschaft. Unternehmen stünden mit Blick auf Konjunktur und Krisen unter Druck, ihre Kosten tief zu halten – um wettbewerbsfähig zu bleiben. Bei den Löhnen seien deshalb nicht immer grosse Sprünge möglich. Anders beim Bund: «Da steigen die Gehälter stetig, und das Personalwachstum hält an.»
Für den Staat sei es «ein Leichtes, Fachkräfte aus dem Inland zu gewinnen, die sonst in der Privatwirtschaft arbeiten könnten», so Minsch. In der Privatwirtschaft sei man viel eher gezwungen, ausländisches Personal zu rekrutieren.
Auch die Fluktuation von Führungskräften zwischen Staat und Wirtschaft nehme ab – damit schwinde das gegenseitige Verständnis für die Realität des anderen. «Wer einmal beim Bund arbeitet, bleibt gerne dort», sagt Minsch. Deshalb die Bezeichnung «goldener Käfig». Oder, wie es die «Sonntagszeitung» einmal nannte: «eine Art Hochlohn-Reservat für Schweizer».
Das Bild, das der Staat abgibt
Prägt der tiefe Ausländeranteil beim Bund auch ein Bild nach aussen? Migrationsforscher Ganga Jey Aratnam (52) sagte im Oktober zu Blick, vielen sei gar nicht bewusst, wie stark die Schweiz inzwischen ein Einwanderungsland sei. Ein Grund: Während die Bevölkerung immer vielfältiger wird, zeigt sich das in Politik und Verwaltung kaum – dort dominieren weiterhin Einheimische.
Das Personalamt selbst nennt mehrere Gründe für den «vergleichsweise hohen Anteil an Schweizerinnen und Schweizern». Dass bestimmte Funktionen nur von Schweizer Bürgern ausgeführt werden dürfen, spiele noch immer eine Rolle. Ebenso dürften «die Anforderungen an die Sprachkenntnisse» ein Faktor sein – für viele Stellen braucht es zwei Landessprachen. Zudem seien «das Aufgabenfeld und die Branche» zu beachten, da der Bund etwa keine Jobs in Gastronomie oder Gesundheitswesen anbietet.
Politiker forderten «Ausländerstopp»
Deutschland will gezielt mehr Ausländer für den Staatsdienst gewinnen. Und die Schweiz? Entsprechende Pläne verneint das Personalamt. Stellen beim Bund müssten grundsätzlich öffentlich ausgeschrieben werden und stünden – mit den erwähnten Einschränkungen – allen offen, erklärt ein Sprecher.
Es gibt laut Personalamt «keine Anhaltspunkte, dass das Thema Nationalität Bewerbende davon abhält, sich bei uns zu bewerben». Das Amt weist zudem darauf hin, dass es keine Angaben zum Migrationshintergrund erhebt. Erfasst werde nur die Nationalität.
Und dennoch: Der Bund will Vielfalt im Personal. Dabei gehe es etwa darum, «eine gute Zusammenarbeit in multikulturellen Teams zu fördern und von anderen Sichtweisen zu profitieren», so das Personalamt. Gezielte Initiativen oder Kampagnen, «um spezifisch Mitarbeitende mit ausländischer Staatsbürgerschaft oder Migrationshintergrund zu gewinnen», gebe es jedoch nicht. Der Schwerpunkt liege gemäss Vorgaben des Bundesrats auf drei Bereichen: «Geschlechter, Sprachen und Anteil Menschen mit Behinderungen.»
In Deutschland sorgte die Forderung nach mehr Migranten im Staatsdienst für Kritik konservativer Politiker. Und in der Schweiz zielten manche Politiker bereits vor Jahren auf das Gegenteil ab – trotz des tiefen Ausländeranteils beim Bund. Der frühere SVP-Präsident Toni Brunner (51) forderte einst gar via Blick «einen konsequenten Ausländerstopp» beim Bund.