Darum gehts
- Bürgerdienst-Initiative: Pro-Komitee nutzt offizielle Bilder für Kampagne
- Beide Lager verwenden staatliche Symbole in ihren Abstimmungskampagnen
- Doppelt so viele Wehrpflichtige müssten bei Annahme gemustert werden
Aktuell kann Verteidigungsminister Martin Pfister (62, Mitte) wohl ruhig schlafen: Laut neusten Abstimmungsumfragen gibt es für die Service-Citoyen-Initiative eine Klatsche. Mit dem Bürgerdienst müssten plötzlich doppelt so viele Wehrpflichtige gemustert werden. Und auch für die Schweizer Volkswirtschaft wäre er ein Dämpfer, warnte Pfister wiederholt.
Pfisters Departement (VBS) greift dem Pro-Komitee dennoch kräftig unter die Arme – und gibt dessen Wahlpropaganda damit einen offiziell anmutenden Touch. Und nicht nur die Befürworter schmücken sich im Abstimmungskampf mit staatlichen Federn: Auch bei den Gegnerinnen wird mit Sujets geworben, die sonst eher den Behörden überlassen sind. Wie kann das sein?
Uniformen auf allen Kanälen
Das Ja-Lager schmückt sich mit einem Sammelsurium an staatlichen Uniformen: Armeeangehörige, Feuerwehrfrauen oder Zivilschützer strahlen auf Plakaten und Flyern um die Wette. «Schweiz stärken», prangt darüber in weissen Buchstaben.
Auch in den Medien präsentiert sich Militärrichterin und Kampagnenleiterin Noémie Roten (36) gerne uniformiert. Das sei naheliegend, sagt sie auf Blick-Anfrage: «Unsere Initiative zielt ausdrücklich darauf ab, das nebenberufliche bürgerschaftliche Engagement in all seinen Formen zu stärken.»
Für das ungeübte Auge erweckt die Kampagne jedoch rasch den Anschein, von offizieller Seite zu stammen. Das stimmt in gewisser Betrachtung auch: Einige der Bilder sind vom Bund, wie das VBS auf Blick-Anfrage bestätigt.
Armee will keine Steine in den Weg legen
Grundsätzlich gilt bei der Armee die Maxime: keine unerlaubte Werbung im Kampfanzug. Das Ja-Komitee muss dennoch nicht mit Konsequenzen rechnen: «Wahlwerbung oder Abstimmungsinformationen in Uniform sind nicht grundsätzlich verboten», schreibt das VBS auf Anfrage. «Die Schweiz verfügt über eine Milizarmee, und das darf selbstverständlich auch auf Bildern dargestellt werden.»
Die Verwendung der Bilder aus der Departements-Mediathek sei bewilligt, so das VBS. Trotz Ablehnung scheint der Bund den Initiantinnen und Initianten also keine unnötigen Steine in den Weg legen zu wollen.
Den offiziellen Anstrich sieht Roten nicht als Problem: «Wir kommunizieren offen, dass es sich um eine zivilgesellschaftlich getragene Volksinitiative handelt. Es wird weder behauptet noch suggeriert, dass die Armee Absenderin der Kampagne sei.» Zudem sei es im Namen der Demokratie wichtig, dass auch Bilder und Symbole des Gemeinwesens verwendet werden dürften – solange dies transparent und im rechtlichen Rahmen erfolge.
Ein abgeändertes Gemeindeplakat bei den Gegnern
Bei den Bürgerdienst-Gegnern wird derweil genauso fleissig in die «Staatskiste» gegriffen: Dort prangen statt Armeeuniformen jedoch erhobene Zeigefinger auf den Plakaten. Es sind dieselben Hände, die auch die Gemeinden seit Jahrzehnten offiziell verwenden, um auf anstehende Abstimmungen aufmerksam zu machen. Nur der Schriftzug ist anders: «Bürgerdienst-Zwang» statt «Dieses Wochenende Abstimmung».
Hinter den Kulissen rumort es wegen der Kampagne gewaltig. Verwendet das Nein-Lager unerlaubt eine geschützte Grafik? Die Antwort erscheint verzwickter als bei den Uniformen: Sowohl die Bundeskanzlei als auch das Institut für Geistiges Eigentum (IGE) bestätigen zwar, dass das Handzeichen nicht der Eidgenossenschaft gehöre. Und wie die für das Nein-Sujet zuständige Agentur mitteilt, habe neben dem IGE auch ein Medienanwalt keine Verletzung des Markenschutzes oder des Urheberrechts feststellen können.
Damit sind die Bürgerdienst-Gegner aber nicht ganz aus dem Schneider: «Es ist möglich, dass die Abbildung urheberrechtlich geschützt ist», merkt das IGE an. «Einen verlässlichen Befund könnte aber nur eine professionelle Markenrecherche bieten.»
Und solange sich der Urheber des Abstimmungsfingers nicht an der Verwendung stört, passiere sowieso nichts, so das IGE. Heisst: Zumindest bis zum Abstimmungstermin wird sich am offiziellen Anstrich auf beiden Seiten wenig ändern.