Blick-Redaktorin kämpft sich durch Diddy-Serie
Bei dieser Netflix-Doku wurde mir regelrecht schlecht

Erst schlug der Prozess um Sean «Diddy» Combs hohe Wellen, nun beleuchtet die Doku-Serie «Sean Combs: Die Abrechnung» den Aufstieg und Fall des Rap-Moguls – und hinterlässt ein flaues Gefühl im Magen.
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Sean «Diddy» Combs kam sich wie ein König, sogar wie ein Gott vor.
Foto: Getty Images

Darum gehts

  • Netflix-Doku beleuchtet Aufstieg und Fall des Rap-Moguls Sean Combs
  • Combs wird Vergewaltigung, Drogenmissbrauch, Menschenhandel und Zwangsprostitution vorgeworfen
  • Autorin hörte von P. Diddy bereits in der Primarschule vor über 20 Jahren
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Silja AndersRedaktorin People

Im Zweifel für den Angeklagten? Diesen Satz hört man ständig – in allen möglichen Zusammenhängen. Als Rapmogul Sean «Diddy» Combs (56) angeklagt wurde, galt auch die Unschuldsvermutung.

Ich gebe aber zu: Es ist manchmal schwierig, jemanden nicht vorzuverurteilen – vor allem, wenn die Anklagepunkte so schwer wiegen wie bei P. Diddy. Vergewaltigung, Drogenmissbrauch, Menschenhandel, Zwangsprostitution. Bei solchen Anklagepunkten wird mir flau im Magen. Nicht nur wegen der schwerwiegenden Anschuldigungen. Vielmehr weil es gang und gäbe ist, dass die Reichen und Mächtigen ungeschoren davonkommen. Ich habe befürchtet, dass es auch diesmal so sein würde.

Der berühmt-berüchtigte Rapmogul

Den Prozess um Sean Combs habe ich regelmässig verfolgt. Es gehört zu meinem Beruf, darüber zu berichten – und dabei neutral zu bleiben. Das ist beileibe kein einfaches Unterfangen. Erstens war ich noch nie ein Fan von der Person P. Diddy, zweitens könnte ich von der Welt des Raps nicht weiter entfernt sein. Ich bin bekennender Disney-Fan und meine Playlists sind ein bunter Mix aus 80s-Rock, 90s-Pop, Filmmusik und Musical-Balladen.

Dass ich trotzdem genau weiss, wer er Diddy ist, beweist nur einmal mehr, wie berühmt er wirklich ist – oder vor allem berüchtigt.

Die neue Netflix-Doku «Sean Combs: Die Abrechnung» wirft ein Licht auf den Aufstieg und Fall des Rap-Moguls und hinterlässt bei mir vor allem eines: Wut! Wut darauf, dass er so lange mit so vielem durchkam und ein Leben in unantastbarem Luxus führte. Wut darüber, dass es immer noch so viele Menschen gibt, die auf seiner Seite stehen und die Opfer anzweifeln.

Wie lange er bereits gross im Business ist, zeigt sich beispielsweise daran, dass ich schon in der Primarschule von ihm wusste. Ich war damals zugegebenermassen verwirrt: Einmal nannte man ihn P. Diddy, ein anderes Mal Puff Daddy. «Ist er jetzt Zuhälter, dass er den Begriff für Bordelle in seinem Künstlernamen trägt?», fragte ich mich damals. Ganz so falsch lag ich da wohl selbst im Alter von 10 Jahren nicht.

Machte Ruhm und Reichtum ihn zu dem «Monster», von dem gesprochen wird?

In den nächsten Jahren verschwendete ich keinen Gedanken an Sean «Diddy» Combs. Das änderte sich mit den Anschuldigungen und dem folgenden Gerichtsprozess – und letztlich nun mit der Dokuserie «Sean Combs: Die Abrechnung».

Im Zweifel für den Angeklagten? Ich habe es versucht – und bin gescheitert. Es klingt vielleicht überheblich, wenn ich sage, dass P. Diddy mir schon immer etwas unsympathisch war, er mir den «Ick» gab, wie man neudeutsch sagt. Ich konnte nur nie wirklich sagen, was genau meine Abneigung gegen ihn auslöst. Es war ein Bauchgefühl, das die neue Netflix-Doku jetzt bestätigt. Weggefährten bezeichnen ihn als «machthungrig», erklären, dass niemand grösser sein durfte als er. Was er wollte, das nahm er sich – notfalls mit Gewalt.

Das ungute Gefühl, welches ich zu Beginn der Doku hatte, bleibt also. Allerdings hat es durch meinen kleinen Exkurs in die Welt von P. Diddy einen neuen Fokus. Die Verbrechen, wegen welcher Sean Combs angeklagt und teilweise verurteilt wurde, sind erschreckend genug, doch es macht mir fast schon Angst, wenn ich bedenke, dass jemand mit so viel Reichtum und Macht wie P. Diddy Jahrzehnte lang mit kriminellen Machenschaften davon kommen kann, schlicht, weil er sich die Loyalität und das Schweigen von Leuten erkaufen kann. Da bleibe ich doch lieber bei meinen Disney-Filmen mit ihrem «happily ever after».

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