Peinlich, unangenehm, verletzend
Diese Worte braucht dein Kind, wenn es sich schämt

Peinliche Momente treffen Kinder oft besonders hart – manchmal reicht schon ein schiefer Blick oder ein verstecktes Tuscheln, um die Stimmung schlagartig kippen zu lassen. Was steckt dahinter – und wie reagieren Eltern am besten?
Publiziert: 13:14 Uhr
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Darum gehts

  • Scham entsteht durch soziales Umfeld und beeinflusst Kindesentwicklung
  • Kinder testen Grenzen, Scham kann Selbstwertgefühl nachhaltig beeinflussen
  • Ab etwa fünf Jahren ist Scham bei Kindern richtig ausgeprägt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Gunda BosselSEO Redaktorin

Plötzlich wird das Kind ganz still. Der Kopf gesenkt, die Schultern hängen. Kein Wort mehr, kein Blickkontakt – nur noch Rückzug. Vielleicht will es nicht mehr in die Schule. Oder schiebt Ausreden vor, um beim Turnen nicht mitmachen zu müssen. Für Eltern ist oft nicht sofort klar, was dahintersteckt. Doch wer genauer hinschaut, erkennt: Das Kind schämt sich.

Für Kinder fühlt sich Scham oft an wie ein innerer Absturz. Ein kurzer Moment – ausgelacht, blossgestellt, übergangen – reicht, um das Selbstwertgefühl tief zu erschüttern. Sie glauben, etwas falsch gemacht zu haben, nicht gut genug zu sein oder ihren Platz in der Gruppe verloren zu haben. Es kann wehtun wie eine Ohrfeige – nur leiser. Und oft bleibt das Gefühl unausgesprochen, weil Kinder gar nicht wissen, wie sie es in Worte fassen sollen.

Genau hier sind Eltern gefragt. Denn wer nicht erkennt, dass Scham im Spiel ist, riskiert, das Kind in seiner Unsicherheit allein zu lassen. Und die wächst – wenn sie nicht ernst genommen wird. Doch es gibt Wege, wie Eltern helfen können, ohne Druck zu machen oder zu bagatellisieren.

Wenn Kinder sich schämen, würden sie gefühlt am liebsten im Boden versinken.
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Warum Scham überhaupt entsteht

Scham entsteht oft dann, wenn ein Kind glaubt, etwas falsch gemacht zu haben – oder wenn es sich blossgestellt fühlt. Das kann beim Sportunterricht passieren, bei einer Präsentation in der Schule oder sogar einfach auf dem Pausenplatz.

Für Kinder, die stark auf Anerkennung angewiesen sind, kann schon eine kleine Ablehnung sehr verletzend sein. Besonders in Gruppen spüren Kinder deutlich, ob sie gerade dazugehören – oder eben nicht.

Schämen ist nicht angeboren, sondern entsteht etwa im fünften Lebensjahr.
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Ein falscher Moment kann alles kippen

Kinder testen oft aus, was sie dürfen – und was nicht. Wenns schiefgeht, kann das zu massiver Scham führen.

Beispiel: Der sonst eher zurückhaltende Elias will beim Mittagstisch einen Spruch reissen, um bei seinen Freunden besser anzukommen. Der Witz zündet nicht – stattdessen herrscht betretenes Schweigen. Elias spürt sofort, dass er sich verrannt hat. Er wird rot, sagt den ganzen Tag kaum noch etwas – und überlegt beim nächsten Mal doppelt, ob er sich überhaupt noch traut, etwas zu sagen.

In solchen Situationen ist nicht nur der Moment peinlich. Es geht oft um mehr – um die Rolle, die ein Kind innerhalb einer Gruppe spielt. Wenn das eigene Selbstbild wackelt, kann das Selbstwertgefühl nachhaltig beeinflussen.

Ab wann Kinder Scham empfinden

Kleinkinder kennen das Gefühl der Scham noch nicht. Erst wenn ein gewisses Selbstbewusstsein entstanden ist – etwa ab eineinhalb bis zwei Jahren – beginnen Kinder, sich selbst als eigene Person wahrzunehmen.

Richtig ausgeprägt ist Scham ab etwa fünf Jahren. Spätestens dann merkt man: Dinge wie Nacktheit oder Missgeschicke werden plötzlich unangenehm. Die Badezimmertür wird abgeschlossen, das Umziehen im Schwimmbad wird zum Kraftakt – und viele Kinder zeigen plötzlich ein deutliches Bedürfnis nach Privatsphäre.

Wenn Scham zur Belastung wird

Gelegentliche Scham ist ganz normal – und sogar wichtig für die soziale Entwicklung. Doch wenn ein Kind sich ständig zurückzieht, still wird oder gar nicht mehr über bestimmte Themen reden will, sollten Eltern aufmerksam werden.

Beispiel: Mila (8) wird beim Vorlesen im Klassenzimmer ausgelacht, weil sie ein Wort falsch betont. Seitdem will sie morgens nicht mehr in die Schule – und erzählt auch zu Hause nichts mehr darüber. Ihre Eltern stehen ratlos daneben.

Das Kind sollte seine Gefühle schildern können, ohne sich gleich erneut dafür zu schämen.
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In solchen Fällen ist es wichtig, dem Kind nicht mit Vorwürfen oder Sätzen wie «Ist doch nicht so schlimm» zu begegnen. Besser ist es, zu fragen: Was genau war unangenehm? Wovor hast du jetzt Angst? So entsteht ein Raum, in dem das Kind seine Gefühle erklären kann – ohne sich erneut zu schämen.

Das können Eltern konkret tun

  • Gefühle ernst nehmen: Auch wenn die Situation aus Erwachsenensicht harmlos wirkt – für das Kind war sie real und intensiv.
  • Nicht drängen: Manche Kinder brauchen Zeit, um über peinliche Erlebnisse zu sprechen. Besser in ruhigen Momenten nachfragen.
  • Alternative Erfahrungen ermöglichen: Wenn ein Kind sich z. B. in der Schule ständig ausgegrenzt fühlt, kann ein Sportverein oder eine neue Freizeitgruppe ein sicherer Raum sein, um Selbstvertrauen zurückzugewinnen.
  • Offen mit eigenen Fehlern umgehen: Wer als Erwachsener erzählt, wann ihm mal etwas peinlich war, zeigt dem Kind: Es ist okay, sich zu schämen – und man überlebt es.

Nicht mit Scham erziehen: Sätze wie «Das macht man nicht» oder «Du blamierst dich/du benimmst dich peinlich» können Schamgefühle verstärken – besser: ruhig erklären, warum etwas nicht passt, ohne das Kind persönlich zu bewerten.

Scham gehört dazu – aber sie muss nicht bleiben

Scham ist Teil des Erwachsenwerdens. Sie zeigt, dass Kinder beginnen, sich selbst im Spiegel der Gesellschaft zu sehen. Wichtig ist, dass Eltern sie nicht abtun, sondern dabei helfen, mit dem Gefühl umzugehen – bis es wieder vergeht und wir mit zunehmendem Alter meist besser mit diesem Gefühl umgehen können.

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