Frauenfelder Schausteller Hanspeter Maier
«Die Chilbi ist mein Leben»

Überall im Land drehen sich die Karussells, es duftet nach gebrannten Mandeln. Mitten in diesem Trubel arbeitet Hanspeter Maier. Der 70-Jährige ist Schausteller in vierter Generation und denkt noch lange nicht ans Aufhören.
Publiziert: 20:44 Uhr
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Der ganze Stolz von Schausteller Hanspeter Maier: Das grösste Riesenrad der Schweiz.
Foto: Raphaël Dupain

Darum gehts

  • Hanspeter Maier, bekannt als Frauenfelder Chilbikönig, ist Schausteller in vierter Generation
  • Auch mit 70 Jahren denkt er noch lange nicht ans Aufhören
  • Trotz seiner Leidenschaft macht ihm der Beruf heute weniger Freude als in früheren Jahren
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Caroline KälinRedaktorin Gesellschaft

Die Luft ist kühler, die Blätter sind bunter, die Tage kürzer. Der Herbst hat Einzug gehalten und mit ihm die Hochsaison der Chilbis und Messen. Einer, der an vorderster Front mitmischt, ist Hanspeter Maier (70), auch als Frauenfelder Chilbikönig bekannt. Ein Titel, auf den der Thurgauer Schausteller stolz ist. Er sei eine Anerkennung für seine immer neuen Fahrgeschäfte. «Es gibt bestimmt auch Schausteller, die diese Bezeichnung nicht gerne hören würden, aber ich finde es lässig.» Man müsse sich einen solchen Titel schliesslich verdienen – und er habe in seinem Leben viel bewegt.

Nach seinen Fahrgeschäften gefragt, beginnt er aufzuzählen: «Zwei Riesenräder, eine Rutschbahn, ein Kinderkarussell … Und meine Frau reist mit einem Laufgeschäft.» Erst kürzlich kam eine Achterbahn hinzu. Mit all diesen Attraktionen ist er auf Veranstaltungen in der ganzen Schweiz unterwegs. Die grossen Anlässe mag er am liebsten, das Knabenschiessen in Zürich, die Olma in St. Gallen oder die Basler Herbstmesse.

Maier liebt den Trubel. Nicht umsonst bezeichnet ihn seine Familie als «Herdentier». Der laufende Betrieb sei aber nicht einmal der stressigste Teil einer Chilbi, sondern der Auf- und Abbau. «Wenn die Chilbi läuft, kann ich auch einmal im Kassenhäuschen sitzen und einen Kaffee trinken.»

Es sei denn, er hat die ganze Chilbi organisiert. Wie an der diesjährigen Herbstmesse Wega in Weinfelden TG Ende September, wo ihn Blick besucht. An diesem Tag trägt Maier einen knallroten Pullunder und eine neongelbe Brille. Er ist kaum zu übersehen, wenn er seine Runden zieht, sich um die Schausteller kümmert und nach dem Rechten sieht. Alle paar Meter wird er gegrüsst, bleibt für einen Schwatz stehen. Und ständig klingelt sein Telefon. Oft antwortet er nur kurz, dass er gerade keine Zeit habe und man es später nochmals versuchen solle.

Geboren als Schausteller

Und das alles, obwohl er mit 70 Jahren längst die Pension geniessen könnte. Doch ans Aufhören denkt er nicht. «Ich mache weiter, solange es geht. Bis zum bitteren Ende», sagt er etwas sarkastisch. Denn ein anderes Leben kennt Maier schlicht nicht. Er ist Schausteller in vierter Generation. Schon sein Urgrossvater zog mit einem Kasperli-Theater von Schulhaus zu Schulhaus, den Wagen zogen damals noch Ochsen.

Für Maier war immer klar, dass er die Familientradition fortsetzen würde. Nach einer zweijährigen Anlehre als Schlosser begann er mit 18 Jahren seine Laufbahn als Schausteller. Zunächst arbeitete er im Betrieb seines Vaters, angestellt zu einem festen Lohn. Seine erste Attraktion war ein Kraftautomat: Für 20 Rappen drückte man die Hörner eines Stiers so fest wie möglich zusammen.

Mit dem Verkauf von Zuckerwatte machte er sich schliesslich selbständig. Es folgte eine Schiessbude und darauf ein Karussell. So baute er sich Schritt für Schritt sein eigenes Imperium auf. «Ich habe immer noch ein bisschen mehr gewollt», sagt er. Heute beschäftigt Maier zwölf Mitarbeitende, zwei davon das ganze Jahr, die übrigen als Saisonniers. Bei Bedarf kann er zudem auf Aushilfen zählen.

Den ganzen Tag auf der Chilbi – für viele klingt das nach einem Bubentraum. Doch wie hält man es dort ein Leben lang aus? «Man muss schon eine Schraube locker haben», sagt Maier. Denn so unbeschwert wie zu Beginn seiner Karriere sei das Dasein als Schausteller nicht mehr. Einerseits weil viele seiner alten Weggefährten nicht mehr dabei und von Jüngeren abgelöst worden seien. Ausserdem stünden auf den Plätzen immer mehr deutsche und niederländische Schausteller. Andererseits weil die Suche nach Personal schwieriger geworden sei. «Die körperlich anstrengende Arbeit, vor allem der Auf- und Abbau der Fahrgeschäfte in luftiger Höhe, schreckt viele ab. Die meisten Menschen wollen ihr Geld heute auf leichtere Weise verdienen.»

Dazu komme, dass die Verkehrsabgaben gestiegen und die Strassenverkehrsgesetze strenger geworden seien. Das falle für einen fahrenden Schausteller mit sieben LKW, sieben Schleppern, 28 Transportanhängern und drei Kränen schon ins Gewicht: «Es ist nicht mehr so leicht verdientes Geld wie früher.»

Den Blick in die Zukunft gerichtet

Die Arbeit kostet ihn viel Energie, doch ohne sie kann er nicht sein: «Die Chilbi ist mein Leben.» Immerhin geniesst er inzwischen etwas mehr Komfort, auch auf Wunsch seiner Familie. Er wohnt heute nicht mehr im Wohnmobil, sondern in einer Wohnung in Frauenfeld. Zudem reist er jeden Januar für einen Monat nach Thailand, in die Heimat seiner Frau. Sie mahnt ihn dort regelmässig, das Telefon beiseitezulegen und richtig Ferien zu machen.

Trotz seines rastlosen Wesens denkt Maier auch an die Zukunft. Im Moment sei er topfit: «Aber man weiss ja nie, wie es mit der Gesundheit weitergeht.» Bei der Anschaffung neuer Fahrgeschäfte achte er daher darauf, dass sich diese gut verkaufen liessen – «für den Fall, dass ich eines Tages kürzertreten muss».

Seine beiden Töchter sind ebenfalls im Schaustellerwesen tätig. Eine arbeitet als seine Sekretärin und ist bald selbst mit einer Rutschbahn unterwegs, die andere betreibt selbständig ein Kinderfliegerkarussell. In die grossen Fussstapfen ihres Vaters werden sie aber vermutlich nicht treten. Die Freude am Beruf haben sie zweifellos geerbt, den unermüdlichen Ehrgeiz hingegen weniger. Für die Zukunft wünscht sich Maier daher, dass sich seine Töchter noch stärker als Schaustellerinnen engagieren.

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