Darum gehts
- Zalando-Partner entsorgt Retouren. Kunden und Experten diskutieren Lösungen
- Kostenlose Rückgaben und Wegwerfmentalität als Hauptprobleme identifiziert
- In den letzten sechs Jahren wurden Waren in Wert von etwa 40 Millionen Franken vernichtet
Fast jeder hatte schon einmal einen Grund, ein Produkt von Zalando zurückzusenden. Die Erwartung ist dabei, dass die intakten Produkte wieder ins Lager zum erneuten Verkauf kommen. Das ist aber anscheinend alles andere als realitätsgetreu. Waren im Wert von 40 Millionen Franken sollen laut einem Insider bei MS Direct, einem Schweizer Zalando-Partner, über die letzten sechs Jahre im Abfall gelandet sein. Anstatt dass die einwandfreien Produkte wieder verkauft werden, werden sie entsorgt. Der Insider habe von Verantwortlichen gehört, dass die Entsorgung für Zalando billiger sei als der Weiterverkauf. Insgesamt komme man auf rund 15’000 vernichtete Artikel pro Monat. Das Empören in unserer Leserschaft ist gross. Aber nicht alle sehen den Fehler bei Zalando.
«Das ist das Resultat unserer Wegwerfgesellschaft»
Remi Isenwald schreibt zum Beispiel: «Einfach nur tragisch. Hersteller, Lieferanten und Zwischenhändler müsste man sehr viel stärker in die Pflicht nehmen. Auch das Einkaufsverhalten der Menschen muss sich ändern. Die Ignoranz gegenüber Mensch und Umwelt ist unglaublich.» Nicht die einzige Person, die das Problem bei den kostenlosen Rückgaben sieht.
«Gerade in Zeiten des Klimawandels wäre es sinnvoll, Retouren kostenpflichtig zu machen, um unnötige Bestellungen zu vermeiden. Das Bestellen auf Rechnung führt dazu, dass Waren nur ‹zum Testen› geordert und anschliessend kostenlos zurückgeschickt werden», hebt Maria Ceea ebenfalls hervor. Eine Einschränkung könne laut ihr die Retouren erheblich reduzieren. Doch anstatt solche Massnahmen zu ergreifen, nehme man lieber eine hohe Rücksendequote in Kauf und vernichte die Ware, mit fatalen Folgen für Umwelt und Ressourcen, beschwert sie sich.
Kurt Waldvogel empfiehlt ähnliche Massnahmen: «Und das alles wegen der nicht erhobenen Rückgabegebühr. Diese sollte im Minimum 50 Franken pro Stück betragen.» Heinrich Hausmann hat wenig Hoffnung, dass sich etwas ändern wird: «Das ist das Resultat unserer Wegwerfgesellschaft, sowie dem Geschäftsmodell von Zalando. Auch mit dieser Offenlegung, worüber ja schon öfters über verschiedene Kanäle berichtet wurde, ändert sich nichts.»
«Wenn entsorgen billiger ist, ist die Rechnung einfach»
Andere sehen die Sache wie Zalando, vor allem auf der Kostenebene. So Patrick Soppelsa beschreibt, was eine Rücksendung für einen Aufwand generieren kann: «Das Porto dürfte das kleinste Problem sein. Der Karton muss identifiziert und einer Kundenrechnung zugeordnet werden. Dann wird er ausgepackt, die einzelnen Artikel identifiziert und geprüft. Dabei muss jemand entscheiden, ob diese zurück ans Lager, in den Verkauf oder in die Entsorgung kommen. Geht es zurück ans Lager, wird der Artikel wieder verpackt und zum Lager transportiert.» Er fragt sich, ob das für ein T-Shirt zu 15 Franken überhaupt noch rentabel wäre.
Johan Gysin ergänzt: «Logisch wird solche Retourware entsorgt, andernfalls würden die Prozesskosten den Warenwert um ein Vielfaches überschreiten. Andererseits will auch kein Kunde solche Retourware als neu geliefert bekommen, denn der Verkäufer kann nicht sicherstellen, dass eine Kundin das retournierte Kleidchen wirklich nur kurz anprobiert hat.»
Hansruedi Rhyn rechnet sich Folgendes aus: «Ja, aber das weiss man seit Jahren, dass das so gehandhabt wird. Ware unter 40 Franken neu einsortieren und das Waschen kommt teurer, als diese fortzuwerfen. Es ist leider so.» Marco Jakob fasst das Ganze pragmatisch zusammen: «Wenn Entsorgen billiger ist als das Rücksortieren, ist die Rechnung einfach.»