Darum gehts
- AHV-Reform: Trinkgeld-Abgabe sorgt für Diskussionen in der Gastronomie
- Kritiker sehen Einkommensschmälerung, Befürworter fordern faire Besteuerung aller Einkünfte
- Jährliches Trinkgeldvolumen in der Gastronomie: 600 Millionen bis 1 Milliarde Franken
Die nächste AHV-Reform ist in Planung – und sorgt schon jetzt für Ärger. Besonders ein Vorschlag von SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider erhitzt die Gemüter: Künftig sollen auf digital bezahlte Trinkgelder Lohnbeiträge fällig werden, wenn sie einen wesentlichen Teil des Einkommens ausmachen.
Das sorgt vor allem in der Gastronomie für Unmut. Zwar gilt diese Regelung theoretisch schon heute, doch wegen unklarer Definitionen und fehlender Kontrolle schauten die Behörden grosszügig weg. Mit der zunehmenden Kartenzahlung werde das Trinkgeld jedoch besser nachvollziehbar, so Baume-Schneider. Der Bund schätzt das jährliche Trinkgeldvolumen in der Gastronomie auf 600 Millionen bis 1 Milliarde Franken. Daraus könnten der AHV laut Bundesrat bis zu 50 Millionen Franken zusätzlich zufliessen.
«Es wird anderweitig genug verbraten»
Nicht nur in der Gastronomie, sondern auch in der Blick-Community sorgt das Thema für Diskussionen. «Warum soll das freundliche Servierpersonal das verdiente Trinkgeld abzweigen müssen? Es wird anderweitig genug verbraten; dort sollte man es zurückholen», kommentiert Leserin Iwy Wyss empört.
Leser Marc Schmid sieht dies ähnlich. «Man vergisst dabei, dass der Lohn teilweise in Gastrobetrieben genau auf dies ausgelegt wird. Will heissen, dass der Lohn entsprechend tiefer angesetzt und via Trinkgeld ausgeglichen wird.» Da aber der Lohn im Gastrobereich so oder so nicht allzu top sei, solle man den Mitarbeitern das Trinkgeld belassen, so wie es nun mal gedacht sei. «Natürlich sehen die Linken darin wieder ein Problem und wollen das Geld haben», doppelt er nach.
Auch User Hans Läuchli beschreibt den Vorschlag von Baume-Schneider als «unbrauchbar, da grosser Aufwand, wenig Einnahmen und ein Anreiz mehr, kein Trinkgeld mehr zu geben und die Servicepauschale als Grund anzugeben.» Und Leser André Milani meint gar: «Frau Baume-Schneider soll mal einige Zeit selber im Service arbeiten. Da wird sie bemerken, wie die Realität ist!»
«Alle Einkünfte sollen AHV-pflichtig werden!»
Neben der vielen Kritik gibt es aber auch einige Leserinnen und Leser, die eine Trinkgeld-Abgabe befürworten würden. Leser Marco Weber ist einer davon. «Genau darum gebe ich Trinkgeld mit der Karte! Wieso soll ein Kellner seinen Lohn nicht komplett versteuern und Abgaben bezahlen, wenn ich auch meinen kompletten Lohn versteuere?»
Auch Lukas Sonderegger sieht keinen Grund zur Aufregung: «Völlig korrekt, dass die Abzüge auf Trinkgeld erhoben werden. Dass hiermit das bescheidene Einkommen geschmälert wird, zieht nicht, denn Trinkgeld zu geben ist keine Pflicht. Somit können Abzüge auf dem Trinkgeld das Einkommen gar nicht schmälern – Trinkgeld mit oder ohne Abzüge erhöht das Einkommen in jedem Fall. Arbeitnehmende mit jeglichem Bonusprogramm müssen auch Abzüge auf diesen Bonus hinnehmen. Somit mehr als korrekt, wenn die Gastrobranche das auch machen muss.»
Auch Josef Gmür teilt diese Haltung. «In meinen Augen sollten alle Einkünfte AHV-pflichtig werden – auch die Trinkgelder. Das macht sich dann später im Pensionsalter mit einer höheren AHV-Rente und Pension positiv bemerkbar. Einfach zu handhaben ist die Abgabe auch. Schliesslich wird der Gastrobesucher beim Bezahlen mit der Karte auf dem Bezahlgerät noch fast genötigt, eine Taste mit der Höhe des Trinkgeldes anzuwählen», schreibt er.