Eklat in Eschenbach SG
«Weshalb verzichtet sie während des offiziellen Unterrichts nicht auf das Kopftuch?»

Eltern der Schule Goldingen wehren sich, weil ihre Kinder von einer jungen Lehrerin unterrichtet werden sollen, die ein Kopftuch trägt. Ihre neue Stelle darf und wird die junge Frau nicht antreten. Nun äussert sie sich erstmals. Gemischte Gefühle in der Community.
Publiziert: 12:30 Uhr
|
Aktualisiert: 12:46 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/4
Kopftuch an der Schule? Diese Frage sorgt immer wieder für hitzige Debatten. So auch in Eschenbach SG. (Symbolbild)
Foto: ddp images/Thomas Lohnes

Darum gehts

  • Einer Lehrerin mit Hidschab wurde gekündigt
  • Eltern äusserten Bedenken wegen kultureller Unterschiede
  • Kontroverse Diskussion in der Community über religiöse Symbole in Schulen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Ambra_Moro_Praktikantin Community_Blick.ch_2 Kopie 2.jpg
Ambra MoroRedaktorin Community

Für eine angehende Lehrerin ist der Traum geplatzt. Der Grund: Sie trägt einen Hidschab. Dies ist für die Eltern in einer Schule in der Gemeinde Eschenbach SG ein Dorn in Auge. Sie wandten sich mit einem Schreiben an die Schulleitung, in dem sie ihre Bedenken bezüglich der kulturellen Unterschiede zwischen Lehrerin und Schülerinnen und Schülern kundgeben.

Daraufhin wurde der jungen Frau gekündigt, noch bevor sie ihre neue Stelle antrat. Sie sei sehr traurig darüber, und ihr tun vor allem die Schulkinder leid, die nun ohne Lehrperson ins Schuljahr starten. Sie hat gehofft, dass die Gesellschaft weiter sei und man das Gespräch mit ihr suche. Ihren Kindertraum, Lehrerin zu werden, wird sie aber weiterverfolgen.

Leserinnen und Leser kommen zu Wort

Bei der Leserschaft gehen die Meinungen auseinander. Eine Umfrage mit über 52'000 Stimmen zeigt, dass 14 Prozent kein Problem mit dem Kopftuch an öffentlichen Schulen sehen. 83 Prozent hingegen finden, dass Lehrpersonen religiös neutral auftreten sollten. 3 Prozent können sich für keine Seite entscheiden.

Marie Chantal Laurent gehört zu den 83 Prozent. «Weshalb verzichtet sie während des offiziellen Unterrichts nicht auf das Kopftuch?», fragt sie. «In der Freizeit und zu Hause kann sie es tragen, wenn sie möchte. Es ist schon richtig, wenn wir als christliches Land irgendwie Grenzen setzen. Gerade in jungen Jahren sind Kinder sehr stark beeinflussbar.»

Jürg Wüthrich fügt hinzu: «Ich glaube, dass sie gut unterrichtet und vieles gelernt hat. Das Problem ist aber für viele, dass wir in den Schulen keine Weihnachtskrippe mehr haben dürfen, die Kreuze abgehängt werden müssen, es keine christlichen Lieder mehr gibt oder dass keine Edelweisshemden getragen werden dürfen, während sie aber mit dem Kopftuch in der Schule sein dürfen. Problematisch ist, wenn wir uns anpassen müssen, andere aber ihre Kultur einfach so weiterleben dürfen.»

Fabio Pasinetti findet, dass das Schulzimmer ein neutraler Raum sein muss. «Frei von Religion und ideologischer Prägung. Kinder und Jugendliche sind in ihrer Entwicklung leicht beeinflussbar. Religiöse Symbole wie das Kopftuch senden bewusst oder unbewusst Signale und fördern bestimmte Weltanschauungen. Die Schule sollte kein Ort sein, an dem solche Zeichen wirken, sondern ein Raum, in dem junge Menschen sich unabhängig von Glaubensrichtungen entfalten können. Nur so kann echte Chancengleichheit und Toleranz entstehen. Eine neutrale Schule schützt die Freiheit aller – auch jener, die keiner Religion angehören», argumentiert er.

«Die Kinder hätten sich bestimmt nicht am Hidschab gestört»

Es gibt aber auch viele Stimmen, die die Lehrerin in Schutz nehmen. So etwa Marco Weber. «Wenn man jemanden grundsätzlich mal ablehnt und um den Job bringt, weil sie oder er ein Kopftuch trägt, und man die Person nicht mal im Ansatz kennt, dann kann man schon ein bisschen von Rassismus sprechen. Und es zeigt wenig Anstand und Respekt, wenn man nicht erst einmal persönlich mit den Leuten spricht, sondern direkt über die Schulleitung geht», meint er.

Leserin Nadja Martin-Schmied sieht es ähnlich. «Die Kinder hätten sich bestimmt nicht am Hidschab gestört. Heute sehen wir viele Jugendliche Kreuze um den Hals tragen. Klar, auch das Kreuz hätte weiterhin hängen dürfen. Wir sollten weltoffen für alles sein. So wie Ostern und Weihnachten zu uns gehört. Sie muss nicht die Kinder ‹erziehen›, dafür sind wir Eltern verantwortlich. Man hätte ruhig die Vorurteile/Ängste am ersten Elternabend ansprechen können, wenn es bis dahin noch welche gegeben hätte», findet sie.

Für Andrea Tinner ist klar: «Die Schule wird nie ein neutraler Ort sein. Kinder bekommen ihre Prägungen von zu Hause und bringen sie in die Schule mit. Und weil diese sehr verschieden sein können und nicht darüber gesprochen werden darf, entsteht Distanz. Chancengleichheit gibts es ebenfalls nicht zu 100 Prozent. Ich würde es begrüssen, wenn alle Kinder miteinander über ihre Herkunft oder ihren Glauben im geschützten Rahmen in der Schule sprechen dürften. So würde Verständnis entstehen.»

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?