Darum gehts
- Kopftuchverbot an Schulen in der Schweiz und in Nachbarländern umstritten
- Bundesgericht: Allgemeines Kopftuchverbot für Schülerinnen verletzt Religionsfreiheit
- 2015 entschied Deutsches Bundesverfassungsgericht gegen deutschlandweites Kopftuchverbot
Ein Stück Stoff sorgte in Eschenbach SG für rote Köpfe. Die Schule Goldingen wollte eine neue Lehrerin einstellen und informierte die Eltern Anfang Juni darüber. Das Problem aus Sicht der Eltern: Die Frau trägt ein Kopftuch. Und so kämpften sie dafür, dass die Lehrerin in Goldingen nicht unterrichten darf, wie «Linth 24» als erstes Tagesmedium berichtete.
Aber wie sieht die rechtliche Lage überhaupt aus? Was gilt in der Schweiz und was bei unseren Nachbarn?
Schweiz
Ein generelles Kopftuchverbot an Schulen gibt es in der Schweiz nicht. Der Bundesrat sprach sich zuletzt 2023 gegen ein Verbot aus. Kein Wunder: Das Bundesgericht kam 2015 in einem St. Galler Fall zum Schluss, dass ein allgemeines Verbot für Schülerinnen, an öffentlichen Schulen ein Kopftuch zu tragen, ein unverhältnismässig schwerer Eingriff in die Religionsfreiheit sei.
Das Bundesgericht argumentierte, dass ein störungsfreier Unterricht nicht abhängig sei vom Verzicht auf ein religiöses Symbol, genauso wenig wie die Integrationsfunktion der Schule oder die staatliche Neutralität in Religionsangelegenheiten.
Eine Ausnahme gibt es in dieser Debatte: Im Jahr 1997 wurde eine Primarschullehrerin im Kanton Genf, die sich geweigert hatte, ihr Kopftuch während des Unterrichts abzulegen, entlassen. Die Lehrerin ging vor Gericht – und verlor. Das Bundesgericht stützte die Entlassung.
Seit Neujahr 2025 gilt in der Schweiz landesweit ein Verhüllungsverbot. Das 2021 vom Volk beschlossene «Burka-Verbot» untersagt die Gesichtsverhüllung an öffentlichen Orten.
Deutschland
Ein allgemeines Verbot, das landesweit gilt, gibt es auch bei unserem nördlichen Nachbarn nicht. Das machte das deutsche Bundesverfassungsgericht 2015 in einem Urteil klar. Mit einem grossen Aber allerdings: Theoretisch sind Ausnahmen möglich.
«Ein Verbot ist nur in konkreten Fällen begründet, wenn es an einer Schule oder in einem Schulbezirk zu religiösen Konflikten gekommen ist, von denen eine tatsächliche Gefährdung der staatlichen Neutralität oder Störung des Schulfriedens ausgehen. Darüber hinaus sollen solche Verbote zeitlich begrenzt sein und dürfen einzelne Religionen nicht privilegieren», heisst es dazu auf der Seite der deutschen Antidiskriminierungsstelle.
Das Bundesland Berlin setzte im Zuge seines 2006 eingeführten Neutralitätsgesetzes über Jahre ein Verbot sichtbarer religiöser Symbole, darunter auch das Kopftuch, für Lehrerinnen durch. Auch das Bundesverfassungsgerichtsurteil von 2015 brachte Berlin nicht von seinem Sonderweg ab. Es folgten weitere Gerichtsentscheidungen, unter anderem vom Bundesarbeitsgericht. Seit dem Schuljahr 2023/2024 dürfen Lehrerinnen in Berlin wieder mit Kopftuch unterrichten. Ein Verbot ist nur im Einzelfall möglich.
Österreich
Der damalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz (38) forderte im Jahr 2018 ein Kopftuchverbot für Kindergärten und Schulen. Nicht nur für die Erwachsenen, sondern auch für die Kinder. «Eine Verschleierung von Kleinkindern ist definitiv nichts, was in unserem Land Platz haben sollte», sagte er. Das entsprechende Gesetz wurde vom Parlament zuerst für den Kindergarten, dann für die Schule beschlossen.
Eingeführt wurde das Verbot aber nicht. Der österreichische Verfassungsgerichtshof erklärte es für nichtig, weil es sich explizit gegen den Islam richte und den Gleichheitsgrundsatz verletze. Darum wurde das Gesetz als verfassungswidrig eingestuft.
Was es in Österreich aber gibt, ist ein Gesichtsverhüllungsverbot an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Gebäuden. Die Vorschrift verbietet das Tragen von Gesichtsverhüllungen wie der Burka oder des Nikabs, aber – von Ausnahmen abgesehen – auch von zu tief ins Gesicht gezogenen Schals, Atemschutz- oder Fasnachtsmasken.
Frankreich
In Frankreich sind Staat und Religion streng voneinander getrennt, weshalb Lehrer und Lehrerinnen auch kein Kopftuch tragen dürfen. Das Tragen sichtbarer religiöser Zeichen in Schulen wurde bereits im Jahr 2003 verboten. Im Jahr 2023 wurde auch das Tragen von Abayas verboten – das sind bodenlange Überkleider, die von manchen Musliminnen getragen werden.
Italien
In Italien gibt es zwar ein allgemeines Verbot der Vollverschleierung, aber ein Kopftuchverbot wurde bislang nicht eingeführt. Auch wenn Kopftücher in Schulen immer wieder für hitzige Debatten sorgen.