Darum gehts
- Nato-Gipfel in Den Haag: Mark Rutte will Stärke demonstrieren
- Rutte schlägt Kompromiss für Verteidigungsausgaben vor: 3,5 Prozent plus 1,5 Prozent
- Rutte war über 13 Jahre Ministerpräsident der Niederlande
Es ist die vielleicht wichtigste Woche für Mark Rutte (58). Am Dienstag findet der Nato-Gipfel in Den Haag statt. Und der Generalsekretär tut alles dafür, dass das Treffen ein Erfolg wird. Sein Ziel: Stärke demonstrieren. Keine Zweifel am Militärbündnis aufkommen lassen. Doch genau das ist gar nicht so leicht. Der Grund: US-Präsident Donald Trump (79).
Beim G7-Gipfel in Kanada reiste Trump vergangene Woche überraschend früher ab und durchkreuzte damit die Pläne der anderen Staats- und Regierungschefs. Noch grösser war der Eklat während seiner ersten Amtszeit, als er 2018 nach seiner vorzeitigen Abreise vom G7-Gipfel, zufällig ebenfalls in Kanada, noch im Flugzeug seine Unterschrift von der Abschlusserklärung zurückzog.
Politik der Kompromisse
Knapp einen Monat später der nächste Aufreger: Beim Nato-Gipfel in Brüssel redete sich der US-Präsident in Rage, drohte den Partnern wegen ihrer seiner Meinung nach zu niedrigen Verteidigungsausgaben. Nach Angaben seines damaligen Nationalen Sicherheitsberaters John Bolton (76) standen die USA damals kurz vor dem Nato-Austritt. Besänftigen konnte Trump unter anderen der damalige niederländische Ministerpräsident Rutte, was diesem den Spitznamen «Trump-Flüsterer» einbrachte.
Und jetzt ist genau dieses Talent wieder gefragt. Schon im Vorfeld hat der gewiefte Politiker und Diplomat Rutte alles vorbereitet. Und beweist erneut: Seine Politik der Kompromisse funktioniert. Bestes Beispiel: sein Vorschlag an die Nato. Alle 32 Mitgliedsländer sollen mindestens 3,5 Prozent ihrer jährlichen Wirtschaftsleistung für Verteidigungsausgaben und 1,5 Prozent für verteidigungsrelevante Infrastruktur aufzuwenden. Trump hatte zuvor die Nato angegriffen und drängte zu fünf Prozent Verteidigungsausgaben.
Programm extra für Trump gekürzt
Mit seinem Vorschlag zu den Verteidigungsausgaben scheint Rutte beide Seiten zusammengebracht zu haben: Die USA, die die fünf Prozent gefordert hatten, und die meisten übrigen Nato-Partner, von denen viele Trumps Forderung zunächst entschieden zurückgewiesen hatten, denen aber mit der Rutteschen Aufteilung Spielraum gegeben wurde.
Inzwischen hat Rutte sogar noch mehr erreicht. Die Länder wollen sich beim Gipfel bereiterklären, ihre jährlichen verteidigungsrelevanten Ausgaben auf mindestens 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erhöhen.
Damit stehen die Zeichen gut für Rutte und seinen Gipfel. Trump dürfte zufrieden sein. Doch der Niederländer geht lieber auf Nummer sicher.
Sitzung soll nur zweieinhalb Stunden dauern
Damit Trump sich nicht langweilt, wurde das Programm vom Nato-Gipfel gestrafft und gekürzt. Konkret: Empfang am Dienstagabend und am nächsten Morgen schon das grosse Treffen mit den 32 Staats- und Regierungschefs. Die Sitzung soll nur zweieinhalb Stunden dauern.
«Sie sorgen dafür, dass Trump sich nicht in langwierigen Sitzungen langweilt, bei denen er stundenlang bleiben muss, nachdem er seine eigene Rede gehalten hat», ist sich der frühere Nato-Funktionär Jamie Shea (71) sicher.
Längste Amtszeit als Ministerpräsident der Niederlande
Rutte weiss genau, was er tut. Er gilt als geschickter Strippenzieher. Klug, beliebt und rational. Als er im Jahr 2024 neuer Nato-Generalsekretär wurde und damit Jens Stoltenberg (66) ablöste, hatte er viele Fürsprecher auf seiner Seite. Der damalige US-Präsident Joe Biden (82) lobte Rutte. Er habe «ein tiefes Verständnis für die Bedeutung des Bündnisses».
Zuvor war Rutte mehr als 13 Jahre Ministerpräsident der Niederlande. Es ist die bisher längste Amtszeit des Landes. Und er gab als Regierungschef volksnah. Der studierte Historiker fuhr zum Beispiel mit dem Velo ins Büro.
Viele Niederländer sahen Rutte lange als guten Krisenmanager, einen, der den Laden zusammenhält. Und jetzt versucht der Niederländer alles, damit die Nato stärker wird. Dafür muss die USA Mitglied bleiben.
Für Trumps Besuch ist alles vorbereitet. Ob der US-Präsident aber wirklich erscheint, ist angesichts der aktuellen Situation im Nahen Osten alles andere als sicher. Das direkte Eingreifen der USA in den Krieg zwischen dem Iran und Israel lässt einige Beobachter vermuten, dass der Trump auf eine Reise in die Niederlande verzichten könnte.