Warum der Friedensgipfel in Berlin Hoffnung macht
Die Ukraine bricht ein Tabu – und setzt Russland unter Zugzwang

Bei den Verhandlungen um die Ukraine herrscht Tauwetter. Darf man nun endlich auf Frieden hoffen? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum bedeutenden Treffen, bei dem sich Europa zurück ins Spiel bringt.
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Ukraine-Präsident Wolodimir Selenski (47) ist in Berlin eingetroffen.
Foto: Screenshot X

Darum gehts

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Guido FelderAusland-Redaktor

Die Friedensverhandlungen kommen in Bewegung. Am Montag beraten in Berlin Vertreter aus Europa und den USA endlich gemeinsam über einen Plan für die Ukraine.

Am Sonntagnachmittag ist der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (47) in Berlin angekommen. Später landete auch die US-Delegation. Kommt es nach langem Stillstand endlich zu einem Fortschritt? Im Vorfeld des Gipfels weisen mehrere positive Signale darauf hin, dass auf dem Weg zu einem Waffenstillstand ein Meilenstein gesetzt werden könnte. Denn die Ukraine macht einen Schritt, der bis vor kurzem noch undenkbar war.

Wer nimmt am Gipfel teil?

Gastgeber ist der deutsche Kanzler Friedrich Merz (70), der von Donald Trump (79) bei den Verhandlungen um die Ukraine bisher in die Bedeutungslosigkeit geschickt worden war. Er setzt das Zeichen, dass Europa als hauptbetroffener Kontinent an den Verhandlungen mitreden und mitentscheiden will.

Es kommen der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (47), der französische Präsident Emmanuel Macron (47), der britische Premier Keir Starmer (63), EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (67) und weitere europäische Spitzenpolitiker.

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Am Wochenende wurde Berlin gesichert.
Foto: Getty Images

Aus den USA reisen Trumps Sondergesandter Steve Witkoff (68) und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner (44) an. Dass die US-Delegation anreist und nicht nur per Videoschaltung teilnimmt, ist ein Zeichen dafür, dass Trump auf eine schnelle Einigung drängt.

Der grosse Abwesende ist allerdings Russland. Das ist bewusst: Merz benutzt den Gipfel als Vorbereitung für den Westen, um geschlossen in Verhandlungen mit dem Kreml einzusteigen.

Warum darf man sich Hoffnung machen?

Zur Diskussion stehen drei Traktanden: ein Friedensplan mit 20 Punkten, Sicherheitsgarantien für die Ukraine sowie der Wiederaufbau der Ukraine und Russlands wirtschaftliche Zukunft. Es hat in den vergangenen Tagen einige Zeichen gegeben, die auf eine mögliche Entspannung hinweisen.

  • Der finnische Präsident Alexander Stubb (57) sagte vor wenigen Tagen: «Wir stehen kurz vor einer Einigung.» Diese Worte haben daher Gewicht, da Stubb kein Schwätzer ist, sondern Situationen realistisch einschätzen kann.

  • Die Ukraine zeigt sich bereit, sich aus Gebieten im Donbass zurückzuziehen – falls es die Russen auch tun. Die französische Zeitung «Le Monde» wertet dies als «grosses Zugeständnis».

  • Das mit Russland verbündete Belarus hat 123 politische Gefangene freigelassen, dafür hoben die USA Handelssperren gegen das Land auf.

  • Aus Verhandlungskreisen heisst es, dass die Ukraine schon 2027 der EU beitreten könnte.

Wie gross ist die Chance auf einen echten Durchbruch?

Der grosse Durchbruch wird am Montag nicht stattfinden. Aber es könnte zu ersten Teilerfolgen kommen, etwa bei den Diskussionen über eine entmilitarisierte Zone im Donbass und die damit verbundenen Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Dazu braucht es eine gemeinsame Linie von Europa und den USA.

Laut Medienberichten erachtet die US-Seite nur noch die Frage um die Gebietsabtretungen als schwierig, alle anderen Punkte seien weitgehend gelöst. In Berlin könnte daher der Grundstein zu einem Waffenstillstand gelegt werden.

Ein US-Beamter sagte gegenüber dem US-Nachrichtenportal «Axios»: «Nach dem aktuellen Vorschlag wird der Krieg damit enden, dass die Ukraine die Souveränität über 80 Prozent ihres Territoriums behält, die grösste und stärkste Sicherheitsgarantie erhält, die sie je hatte, und ein sehr bedeutendes Wohlstandspaket bekommt.»

Welche Rolle spielt Trump?

Der US-Präsident ist der Treiber hinter dem Friedensprozess. Er will sich als Friedensstifter sehen und möglichst bald Handel mit der Ukraine und Russland betreiben können. Um den Prozess voranzutreiben, gehen die Amerikaner in weiten Teilen auf die russischen Forderungen von Gebietsansprüchen ein.

Eine zweifelhafte Rolle spielt Trumps Gesandter Witkoff, der wegen seines Einknickens vor dem Kreml auch «Putin-Versteher» genannt wird. In abgehörten Telefongesprächen hatte er Putins Leuten Tipps gegeben, wie sie mit Trump umgehen müssen.

Wie geht es weiter?

Der Gipfel in Berlin ist eine Weichenstellung. Sollten sich in Berlin Europa und die USA auf das weitere Vorgehen einigen, wird es zu Gesprächen mit dem Kreml kommen. Ein Frieden ist noch nicht in Sicht, im besten Falle aber kommt es zu einer Waffenruhe. Laut «Bild» will Trump bis Weihnachten eine Lösung sehen. Doch diese Vorgabe ist wohl etwas zu sportlich.

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