Darum gehts
- Harvard verbietet ausländische Studierende, Schweizer Studentin betroffen
- Internationale Studierende verunsichert, Harvard kündigt rechtliche Schritte an
- 27 Prozent der Eingeschriebenen betroffen, bis zu 87'000 Dollar Studienkosten
Die Universität Harvard steht im Zentrum einer politischen Eskalation – und mit ihr Tausende internationale Studierende. Die Regierung unter Donald Trump hat der Eliteuni im Grossraum Boston (USA) verboten, weiterhin ausländische Studierende aufzunehmen. Auch bereits immatrikulierte Personen sollen die Uni verlassen – ansonsten verlieren sie ihren Aufenthaltstitel. Für viele ist der Schock gross – auch für Schweizerinnen und Schweizer, von denen aktuell über 100 an Harvard eingeschrieben sind. Eine von ihnen ist Yumi (25).
Angst vor dem Abbruch
Noch zwei Monate sollte Yumis Aufenthalt dauern – ob sie diesen auch zu Ende bringen kann, ist unklar. Sie studiert Pharmazie an der ETH und verbringt sechs Monate in Boston für ihre Masterarbeit. «Es stresst mich sehr, aber ich versuche, es nicht an mich ranzulassen», sagt sie. Sie gehe weiterhin täglich ins Labor, obwohl die Lage sie verunsichere: «Es ist beunruhigend, dass so eine Sache einfach von heute auf morgen entschieden werden kann. Es ist beängstigend, dass ich nie weiss, was morgen passieren könnte.»
Yumi ist seit drei Monaten in Boston – mitten in der Phase, in der man sich normalerweise erst richtig einlebt. «Ich habe die Hoffnung, dass sie mich meine Ausbildung noch fertigmachen lassen. Aber wer weiss?» Besonders leid tut es ihr für die Kommilitonen, die ein ganzes Studium an der Harvard-Uni absolvieren wollten.
In ihrem Labor kommen über die Hälfte der Mitarbeitenden aus dem Ausland. Zwar handelt es sich formell nicht um Studierende, sondern um Angestellte – aber die Unsicherheit ist überall spürbar, da sie via Harvard angestellt wurden. «Auch die Budget-Streichungen belasten alle», erzählt sie. «Viele wollen auch nicht mehr hier sein.» Zwar kümmere sich das International Office sehr gut um sie, doch die offizielle Linie laute: Ruhe bewahren, abwarten. «Harvard sagt, wir sollen einfach ruhig bleiben und vorsichtig sein.»
«Schuss ins eigene Bein»
Auch Louie Cielen (26) kennt Harvard gut – er war bis März für seine Masterarbeit dort. Für ihn ist klar: Der Entscheid sei ein «Schuss ins eigene Bein». «Der Entscheid ist jammerschade für den Wissenschaftsstandort USA und natürlich für Boston, wo so viel wichtige Forschung passiert», sagt er. Die USA seien auf den internationalen Austausch angewiesen – sich jetzt abzuschotten, sei kontraproduktiv.
Besonders stört ihn, mit welchen Argumenten die Massnahme begründet wird. «Anti-amerikanische oder pro-terroristische Ausschreitungen? Das habe ich in meiner Zeit in Harvard nie erlebt», sagt er. Von Harvard erwartet Cielen nun klare Haltung. «Die Uni ist eine mächtige Institution mit grossem Budget. Ich erwarte, dass sie sich wehrt und nicht klein beigibt. Genau das lehrt sie uns Studierenden schliesslich: Steht ein für das, was ihr glaubt!» Sollte Harvard einknicken, drohe ein Dominoeffekt – und der Verlust eines globalen Vorbilds.
Tatsächlich hat Harvard am Freitag – einen Tag nach der Meldung – angekündigt, juristisch gegen die Entscheidung vorzugehen. Ein Sprecher nannte das Vorgehen «rechtswidrig» und «eine Bedrohung für die akademische Mission der Universität». Rund 6800 internationale Studierende wären direkt betroffen – das sind 27 Prozent aller Eingeschriebenen. Für Harvard, wo ein Jahr Studium inklusive Unterkunft bis zu 87’000 Dollar kostet, ist die Entscheidung auch ein ökonomisches Risiko.
Und wirklich hat eine Bundesrichterin den Eingriff der Trump-Regierung in die Hochschulpolitik vorläufig gestoppt: Die Richterin untersagte am Freitag den Entzug von Visa für ausländische Studierende an der Harvard University.