Darum gehts
Wie naiv Donald Trump (78) doch ist. Er glaubt, dass Wladimir Putin (72) den Krieg gegen die Ukraine beenden will. Nach dem Telefonat mit dem russischen Präsidenten am Montag sprach er von «guten Chancen», das zu schaffen.
Doch Putin hat ganz anderes im Sinn, als die Waffen schweigen zu lassen. Er setzt erfolgreich auf Verzögerungstaktik, um seine Ziele zu erreichen. Trump läuft die Zeit davon!
In seinem Wahlkampf hatte Donald Trump vollmundig angekündigt, den Krieg in der Ukraine am ersten Tag zu beenden. Auch wenn er dies wohl nur im übertragenen Sinne meinte, ist vier Monate nach Amtsantritt keine Waffenruhe oder gar Einigung in Sicht.
Vielmehr scheint der Mann im Weissen Haus selber nicht zu wissen, welche Strategie er wählen soll. Einmal ist er Freund von Putin, am andern Tag vom ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (47). Auch über die Hilfslieferungen für die Ukraine gibts keine klare Linie. Nach einer Blockade kündigte Trump Mitte März an, die Hilfe wieder aufzunehmen. Im Moment scheint es, dass die Unterstützung bis mindestens Mitte Jahr weiterläuft. Verlängern oder die Ukraine fallenlassen – spätestens dann muss Donald Trump Farbe bekennen.
Trump am kürzeren Hebel
Für den gelernten Geheimdienstagenten Putin ist Trump ein leichter Gegner. Ulrich Schmid, Russland-Experte an der Universität St. Gallen, sagt gegenüber Blick: «Putin weiss, dass Trump nur vier Jahre im Amt ist. Entsprechend kurz ist aus russischer Sicht Trumps Hebel.»
Putin setzt daher auf Verzögerung und Täuschung. Um Trump hinzuhalten, ködere Putin den US-Präsidenten mit wirtschaftlichen Deals, sagt Schmid. «Ein ideales Szenario wäre für Putin, wenn die USA ihre Vermittlungsbemühungen aufgeben und damit auch die Hilfe für die Ukraine einstellen würden.»
Putins Verhandlungstaktik bestehe zudem darin, nur scheinbar auf Friedensvorschläge einzugehen. Spätestens die Weigerung, sich mit Trump und Selenski in Istanbul zu treffen, zeige, dass Putin gar keinen Frieden wolle. Denn eine Einfrierung des Konflikts widerspreche Putins Minimalzielen, die eroberten Gebiete zu behalten, die Sanktionen zu beenden und den Nato-Beitritt der Ukraine zu verhindern.
Putin will laut Schmid jenes Russland wiederherstellen, das er «historisch» nennt und das aus seiner Sicht im Kern aus Russland, Belarus und der Ukraine besteht. Gleichzeitig wolle er auch den Einfluss in den ehemaligen Gebieten des Zarenreichs und der Sowjetunion sichern.
Putin rüstet auf
Bereits seit Trumps Amtseinführung ist die westliche Unterstützung der Ukraine wesentlich geschwächt. Putin nutzt die gewonnene Zeit dafür, um seine Armee, die Geheimdienste und Polizei zu reformieren und zu stärken. Ralph D. Thiele, Vorsitzender der deutschen Politisch-Militärischen Gesellschaft und Präsident von Eurodefense Deutschland, sagt gegenüber Blick: «Da die Aufmerksamkeit der Nato und der EU-Staaten auf den Ukrainekrieg fokussiert ist, kann Putin weitgehend ungestört seine hybriden Aktivitäten ausweiten, um Politik und Gesellschaft im Westen zu zersetzen.»
Um seine Ziele zu erreichen, kommt ihm Trump gerade recht. Wegen dessen unberechenbarer Politik steigen die wirtschaftlichen und militärischen Lasten der europäischen Länder. «Putin muss lediglich darauf achten, dass die enge Verbindung mit Trump nicht abreisst», sagt Thiele.
Trump hat zwar den Willen, einen schnellen Frieden zu erreichen, und hat auch Verhandlungen initiiert. Doch seine Strategie gegen den gewieften Putin greift bisher nicht. Der Kreml-Chef ist geduldig: Er wartet, bis Trump seine Friedensbemühungen aufgibt oder gar bis er abtritt.