Darum gehts
- Vierjähriger Gus Lamont verschwand spurlos auf australischer Schaffarm. Intensive Suche erfolglos
- Einziger Hinweis: Ein Stiefelabdruck 500 Meter vom Familienanwesen entfernt
- Über 100 Helfer durchkämmten täglich 6000 Hektar grosses Grundstück
Ein spielendes Kind auf einer abgelegenen Schaffarm im Herzen des australischen Outbacks, eine kurze Unaufmerksamkeit und ein plötzliches, spurloses Verschwinden.
Die Geschichte von Gus Lamont (4) begann als der Albtraum jeder Familie und mündete in einer der grössten und intensivsten Suchaktionen, die Südaustralien in jüngster Zeit erlebt hat. Blick beantwortet die wichtigsten Fragen zum Verschwinden des Buben.
Wie verschwand Gus?
Am 27. September gegen 17 Uhr spielte Gus auf der weitläufigen Schaffarm seiner Grosseltern, einem 6000 Hektar grossen Grundstück, etwa 40 Kilometer südlich der kleinen Ortschaft Yunta im Bundesstaat South Australia, im Sand. Seine Grossmutter liess ihn kurz aus den Augen. Als sie ihn ins Haus holen wollte, war er weg. Die Familie alarmierte nach einer eigenen, erfolglosen Suche die Polizei.
Zum Zeitpunkt seines Verschwindens trug Gus einen grauen Sonnenhut, ein langärmeliges, blaues Shirt mit einem markanten gelben «Minion»-Motiv, eine hellgraue lange Hose und Stiefel.
Wie lief die Suchaktion ab?
Das Ausmass der Suchoperation war enorm. Die Polizei wurde von Freiwilligen des Katastrophenschutzes (SES), 48 Soldaten des australischen Militärs sowie weiteren freiwilligen Helfern unterstützt. Sogar ein Fährtenleser der Aborigines wurde hinzugerufen.
Tag und Nacht suchte ein Helikopter aus der Luft nach Gus. Dabei kamen auch Wärmebildkameras zum Einsatz. Ferner schwärmten Drohnen aus, um schwer zugängliche Gebiete aus der Luft zu überprüfen. Spezialisierte Hundestaffeln kamen zum Einsatz. Sie sollten Witterung aufnehmen, taten sie aber nicht.
Über 100 Helfer durchkämmten täglich zu Fuss das 6000 Hektar grosse Grundstück, wobei jeder Einzelne bis zu 25 Kilometer pro Tag zurücklegte. Diese Zahlen verdeutlichen die schiere Unmöglichkeit der Aufgabe: Selbst bei diesem zermürbenden Tempo konnte ein einzelner Helfer täglich nur einen winzigen Bruchteil des riesigen Areals abdecken.
Assistant Commissioner Ian Parrott fasste die Dimension der Anstrengungen treffend zusammen, als er die Suche im australischen TV als «eine der grössten und intensivsten Suchen nach einer vermissten Person, die in letzter Zeit in Südaustralien durchgeführt wurde» beschrieb.
Trotz dieser beispiellosen Mobilisierung von Mensch und Material konnte Gus bis heute nicht gefunden werden. Am Freitag gab die Polizei bekannt, sie werde die Suche zurückfahren. Der Fall bleibt somit ein offenes, tragisches Rätsel, das die Familie weiterhin belasten wird.
Welche Spuren gibt es?
Im Grunde fast keine. Der einzig nennenswerte Fund war ein einzelner Stiefelabdruck, der etwa 500 Meter vom Familienanwesen entfernt entdeckt wurde. Die Polizei konnte zwar bestätigen, dass das Sohlenmuster mit den Schuhen übereinstimmt, die Gus trug.
Aber: Da Gus auf dem Grundstück lebte und spielte, konnte nicht ausgeschlossen werden, dass der Abdruck bereits Tage vor seinem Verschwinden entstanden war. Er bot somit keine Gewissheit über die Richtung, die der Junge eingeschlagen hatte.
Besonders beunruhigend war die Einschätzung des hinzugezogenen Fährtenlesers der Aborigines. Superintendent Mark Syrus berichtete gegenüber ABC Radio Adelaide, der Experte habe das völlige Fehlen weiterer Spuren als «wirklich ungewöhnlich» empfunden. Diese Einschätzung überraschte, denn ein kleines Kind, das sich durch trockenes, staubiges Gelände bewegt, hätte unweigerlich zahlreiche Spuren hinterlassen müssen.
Gibt es Hinweise auf ein Verbrechen?
Nein. Die Polizei stufte diese Möglichkeit im Fall von Gus von Anfang an als «höchst unwahrscheinlich» ein. Superintendent Syrus begründete dies gegenüber dem Fernsehsender ABC mit der extremen Abgelegenheit des Anwesens. Er erklärte unmissverständlich: «Man muss sechs Tore passieren, um überhaupt zum Grundstück zu gelangen.»
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine fremde Person unbemerkt in dieser Gegend aufgehalten habe, sei daher vernachlässigbar gering.