Darum gehts
Schwungvolle Linien, die Unterschrift als Schamhaar und Grussworte zentriert dazwischen: Zugegeben, der Brief, den Donald Trump (79) dem Sexualtäter Jeffrey Epstein (†66) zu dessen 50. Geburtstag geschrieben haben soll, zeugt von Fantasie.
Doch diese schlüpfrige Fantasie aus dem Jahr 2003 könnte Trump jetzt in Nöte bringen. Denn die Zeichnung beweist, wie nahe sich er und Epstein standen. So nahe, dass bei Trumps treusten Anhängern jetzt neue Zweifel an ihrem Idol aufkommen.
Dass Trump und Epstein befreundet waren, steht fest. Die Frage ist allerdings, was Trump über Epsteins sexuelle Neigungen wusste – oder ob er sogar an Sexpartys anwesend war, wo teilweise Minderjährige missbraucht wurden. Die Epstein-Akten könnten dazu vielleicht Auskunft geben. Aber Trump hält sie vehement unter Verschluss. Was will er verheimlichen?
Eintrag im «Birthday Book»
Trumps Gegner unternehmen daher alles, um auch auf anderen Wegen seine Verbindungen zu Epstein aufzuzeigen. Seit einiger Zeit wird von einem Gratulationsschreiben berichtet, das Donald Trump 2003 für den damals noch strafrechtlich unbelasteten Financier zum Geburtstag verfasst haben soll. Nun haben die Demokraten auf X und das «Wall Street Journal» (WSJ) den Geburtstagsgruss veröffentlicht.
Es soll Teil eines Albums sein, in dem auch weitere Prominente auf humorvolle bis anzügliche Art ihre Grüsse überbrachten. Der bekannteste Name im «Birthday Book»: der demokratische Ex-Präsident Bill Clinton (79).
Trumps Gruss besteht aus einem kurzen Dialog, in dem «Donald» unter anderem schreibt: «Wir haben gewisse Sachen gemeinsam, Jeffrey» und «Happy Birthday, möge jeder Tag ein weiteres wunderbares Geheimnis sein.»
Trumps Sprecherin Karoline Leavitt (28) bezeichnet die Anschuldigungen allerdings als falsch. «Wie ich immer gesagt habe, ist es ganz klar, dass Präsident Trump dieses Bild nicht gezeichnet und auch nicht unterschrieben hat», schrieb sie auf X und kündigte rechtliche Schritte an. Verwiesen wird auch darauf, dass Trump jeweils mit vollem Namen oder nur mit «Trump» unterschreibt. Auf dem Gruss allerdings steht nur der Vorname «Donald».
Genau Trumps Stil
Doch gibt es kaum noch Zweifel darüber, dass der Brief echt ist und von Trump stammt. So war es der Untersuchungsausschuss im Kongress, der das Schreiben in Epsteins Birthday Book gefunden hat. Im Juli hatte das "Wall Street Journal" (WSJ) die Darstellung bereits beschrieben, ohne jedoch ein Foto zu zeigen. Zudem könnte sich ein Medium vom Format des WSJ weder aus Imagegründen noch aus finanziellen Gründen solche Fake News leisten. Trump hat die Zeitung bereits in Milliardenhöhe verklagt.
Diese offensichtliche Verknüpfung zwischen Trump und Epstein sorgt nicht nur bei moderaten Republikanern für Unmut, sondern vor allem bei seinen treuesten Anhängern. Philipp Adorf, USA-Experte an der Universität Bonn, sagt: «In den Augen der ‹Trumpisten› war Epstein ein Handlanger des Deep States. Sie werfen Epstein vor, Zentrum eines Netzwerkes des Kindesmissbrauchs gewesen zu sein, in das grosse Teile der politischen Elite verwickelt sind.»
Jetzt würden sich viele Trump-Anhänger fragen: War unser Präsident sogar selber Teil dieser Elite, die im Hintergrund die Fäden zog?
Offener Kampf gegen Trump
Dies dürfte Trump bei den Zwischenwahlen am 3. November 2026 schaden. Laut Adorf birgt die Affäre das Risiko, dass die Enttäuschung über den Präsidenten die Mobilisierungskraft schwächt. Adorf: «Die Erfahrung zeigt, dass viele Wähler ohne Trumps direkte Präsenz auf dem Wahlzettel weniger geneigt sind, zu wählen.»
Bei den Zwischenwahlen, den Midterms, werden das gesamte Repräsentantenhaus sowie ein Drittel der Senatoren gewählt. Die nächsten Präsidentschaftswahlen finden erst 2028 statt.
Der Umgang des WSJ mit der Skizze bezeichnet Adorf als «bemerkenswerten und mutigen Schritt», nachdem Trump unliebsame Medien mit Klagen einschüchtern und Journalisten aus dem Weissen Haus entfernen wolle. Adorf: «Das Vorgehen verdeutlicht die zunehmende Bereitschaft, sich offen gegen Trump zu stellen.»