So waren Jeffrey Epstein und Ghislaine Maxwell verbandelt
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Sexhandel mit Minderjährigen:So waren Jeffrey Epstein und Ghislaine Maxwell verbandelt

Epstein-Komplizin Ghislaine Maxwell entlastet Trump
Der nächste Streich der Sex-Täterin

Die Epstein-Vertraute Ghislaine Maxwell sitzt im Gefängnis und will unbedingt raus. Deshalb machte sie wohl jüngst Aussagen, die Trump nützen. Ein Blick in ihre Biografie zeigt: Ihr Elternhaus formte sie zur Komplizin.
Publiziert: 18:00 Uhr
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Aktualisiert: 19:23 Uhr
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Damals war für sie noch alles in Ordnung: Ghislaine Maxwell mit Jeffrey Epstein im Privatjet.
Foto: imago images

Darum gehts

  • Ghislaine Maxwell streitet Vorwürfe ab und verteidigt Trump und Epstein
  • Maxwell rekrutierte junge Frauen für Epstein und missbrauchte sie selbst
  • Sie war immer Daddy's Girl
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Rebecca WyssRedaktorin SonntagsBlick

In letzter Zeit hat man Ghislaine Maxwell (63) wieder gesehen, auf Fotos, auf Videos im Netz. Locker joggt sie mit einem grauen Sweatshirt hinter Stacheldraht, die Haare braun gefärbt. Ghislaine Maxwell folgt ihrer Sportroutine. Gibt sich auch im Gefängnis in Texas nicht auf, ist auf einer Mission. 2021 haben sie Geschworene hinter Gitter gebracht. Sie missbrauchte mit dem US-Milliardär Jeffrey Epstein (1953–2019) zusammen Mädchen und junge Frauen – und führte diese auch Prominenten zu. 20 Jahre muss sie absitzen. Das will sie nicht. Sie will raus aus dem Gefängnis. 

Im Juli haben die Behörden sie zwei Tage lang unter anderem zu Epstein, zu Donald Trump (79) befragt. Über dem Präsidenten schwingt eine Frage wie ein Damoklesschwert: Hat er als ehemaliger Intimus von Epstein mitgemacht? Auszüge des Protokolls hat die US-Regierung am Freitag nun veröffentlicht. Ghislaine Maxwell sagt: Hat er nicht. Sie beteuert: «Der Präsident war nie unangemessen gegenüber irgendjemandem. In der Zeit, in der ich mit ihm Zeit verbrachte, war er in jeder Hinsicht ein Gentleman.»

Maxwell tut, was sie schon bei der Verhandlung tat: abstreiten. Ihr Ex-Geliebter Epstein? Unschuldig. Nie habe er Männer ermutigt, unangemessenen Kontakt mit seinen Masseurinnen oder jungen Frauen zu haben. Sie selbst? Unschuldig. Nie habe sie im Jahr 2000 in Trumps Residenz Mar-a-Lago eine 16-jährige Masseurin rekrutiert. Virginia Giuffre (1983–2025) war das. Eine wichtige Zeugin im Prozess gegen sie. Diese sagte, Epstein und Maxwell hätten sie zu sexuellen Dienstleistungen herangezogen und sie «wie einen Obstteller» an einflussreiche Männer weitergereicht inklusive Prinz Andrew (65). 

Virginia Giuffre kann auf die aktuellen Behauptungen von Maxwell nichts mehr erwidern. Sie hat sich dieses Jahr das Leben genommen.

Sie bleibt uneinsichtig

Die Verurteilung, die vielen Opfer, deren Aussagen sie hörte, die viele Zeit zum Nachdenken im Gefängnis – es lässt Ghislaine Maxwell kalt. Null Schuldbewusstsein. Sie ist ein Phänomen. Bis zu ihrem Prozess war es kaum denkbar, dass eine Frau zu so etwas fähig sein könnte. Mörderin, vielleicht, aber sexueller Missbrauch? Genau dieses gesellschaftliche Bild von Frauen ist das Problem. Es machte Maxwells Praktiken erst möglich. 

Das Paar lebte im Luxus, jettete zu Modeschauen nach Paris oder zu den Virgin Islands, wo sie wilde Partys feierten. Das machte Eindruck auf die jungen Frauen. Ghislaine Maxwell suchte sie gezielt für Epstein aus. Sie stammten oft aus ärmeren Gegenden, zerrütteten Familien. 

Maxwell ging shoppen mit ihnen, fragte sie über deren Leben, deren Familien aus. Sie gewann ihr Vertrauen. «Grooming», heisst das. Dann fing sie an, mit ihnen über Sex zu sprechen, zog sich nackt vor ihnen aus und war dabei, wenn sie mit Epstein Sex hatten. Das war sein Part: die Frauen zu missbrauchen und zu vergewaltigen. 

Maxwells Rolle ist schwer greifbar. War sie eine Sklavin, die ihrem Herrn zudiente? Oder tat sie es aus Lust an der Macht über die Frauen? Am Sex? Vielleicht war alles zusammen ihr Antrieb. Vielleicht ist das in ihrer Geschichte angelegt.

Verwöhntes Daddy-Girl

Maxwell wuchs in Headington Hill Hall auf, einem riesigen Herrenhaus im italienischen Stil mit Blick auf Oxford in England. Ihr Vater Robert Maxwell (1923–1991) hatte fast alle Angehörigen im Holocaust verloren, war aus extremer Armut einer tschechoslowakischen jüdischen Community in die höchsten Kreise Englands aufgestiegen. Er wurde Labour-Abgeordneter, Verleger, reich. Ihm gehörte die auflagenstarke «Daily Mirror» in London und später auch noch die «Daily News» in New York (USA). Für seine fünf Kinder war er eine Überfigur. Doch nicht vor Schicksalsschlägen gefeit.

1962 verunglückte Ghislaine Maxwells Bruder tödlich. Sie war noch ein Baby. Mutter Elisabeth (1921–2013) schreibt in ihren Memoiren aus dem Jahr 1994, sie und ihr Mann hätten Ghislaine in den Jahren darauf «kaum eines Blickes gewürdigt». Die Kleine habe deshalb an Magersucht gelitten. Die Eltern hatten deshalb ein schlechtes Gewissen und überschütteten das Mädchen fortan mit Zuneigung. Elisabeth schreibt: Die Lieblingstochter «wurde verwöhnt, das einzige meiner Kinder, von dem ich das wirklich sagen kann».

Ghislaine war als einzige der vier Töchter Daddys Prinzessin. Robert Maxwell benannte seine Hochseeyacht nach ihr: Lady Ghislaine. Die Tochter wiederum schien von seiner Gunst abhängig. Die «New York Times» recherchierte: Selbst als Erwachsene wollte sie ihrem Vater gefallen, tat, was er für sie vorsah, auch beruflich. So kam sie nach New York, stieg 1991 in sein Verlagsgeschäft ein.

Im selben Jahr geriet ihre Welt ins Wanken. Der Vater verschwand eines Tages vom Deck der Lady Ghislaine. Seine Leiche fand man später im Meer. Die genauen Umstände bleiben unklar, Suizid liegt nahe. Fest steht, wie bald herauskam: Der Mann hatte 440 Millionen Pfund eines Pensionsfonds veruntreut.

Ghislaine Maxwell hielt zu ihm und tat, was man von ihr kennt: abstreiten. In einem Interview mit «Vanity Fair» sagte sie damals: «Mein Vater ist kein Gauner.» Er habe nichts gestohlen. 

Wie der Vater, so der Partner

Wie ein Echo dringen die Worte von damals ins Heute, wenn man liest, wie sie beim Verhör im Juli für Epstein lügt.

Robert Maxwell, Jeffrey Epstein – die Parallelen sind frappant. Beide waren dominant, reich, stiegen aus der Armut auf, umgaben sich mit lauter einflussreichen Menschen, fielen später in Ungnade und starben mutmasslich durch Suizid, weshalb die Justiz sie nicht zur Rechenschaft ziehen konnte – Epstein fand man noch vor der Verhandlung erhängt in der Zelle. 

Übrig bleibt Ghislaine Maxwell. Geht es nach ihren Anwälten: der Sündenbock für die Taten von Epstein. Ein Opfer, so deren Argument. Es passt zum Bild der Frau, der man nicht zutraut, Sex-Täterin zu sein. Doch sollte man Ghislaine Maxwell nicht unterschätzen.

Es ist wohl kein Zufall, dass sie im Juli aussagte, Trump habe nichts mit dem Missbrauch zu tun. Und die Regierung nun die Protokolle veröffentlicht. Sie will freikommen. Und Trump ist der Mann, der ihr dabei helfen kann. Er kann sie begnadigen. Er sei als Präsident dazu befugt, sagte er bereits einmal vor den Medien.

Und so schlüpft sie in ihre alte Rolle. Jene der Komplizin.

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