Darum gehts
- Ukrainische Spezialeinheit Timur sorgte im Lauf des Krieges immer wieder für Furore
- Nun wird sie in der Schlacht um Pokrowsk eingesetzt
- Benannt wurde sie nach dem legendären Kommandanten Timur
Es war ein Schlag wie aus dem Nichts, ein Angriff, der die russische Kriegsmaschinerie bis ins Mark erschütterte. Tief hinter den feindlichen Linien, in der nordöstlichen Region Sumy, schlug eine ukrainische Spezialeinheit zu. Die Bilanz, die der ukrainische Militärgeheimdienst HUR vermeldete, war verheerend: mindestens 334 russische Soldaten getötet, über 550 weitere verwundet. Ein ganzer Vormarsch wurde gestoppt.
Der Name der Einheit, die für dieses, aus Sicht der Russen, Desaster Anfang August dieses Jahres verantwortlich ist, wird in den russischen Schützengräben wohl nur noch mit Furcht geflüstert: Timur. Sie sind die legendären «Geisterkrieger» der Ukraine, Spezialisten für geheime Missionen und waghalsige Überraschungsangriffe, die in ihrer Heimat als Helden gefeiert werden.
Nun sollen genau diese Spezialkräfte den nächsten russischen Vorstoss aufhalten. In der Stadt Pokrowsk in der Oblast Donezk liefern sich Ukrainer und Russen seit Monaten heftige Gefechte. Als zentraler Logistikknotenpunkt ist das Schicksal der Bergbaustadt entscheidend für den gesamten Frontabschnitt.
Ihr Fall wäre eine Katastrophe. Inmitten dieser verzweifelten Lage wurde die Timur-Einheit an den Brennpunkt entsandt. Das Ziel der Mission ist klar und brutal: den Fall der Stadt um jeden Preis aufhalten, feindliche Vorstösse vereiteln und die lebenswichtigen Nachschublinien freikämpfen.
Budanow in Pokrowsk?
Laut Meldungen des HUR landeten die Spezialkräfte per Black-Hawk-Helikopter in der umkämpften Stadt, durchbrachen einen Bodenkorridor, um Verstärkung heranzuführen, und liefern sich seitdem ununterbrochen heftige Kämpfe. Die Propagandamaschinen beider Seiten laufen heiss: Während das russische Verteidigungsministerium bereits triumphierend behauptete, die Einheit «vernichtet» zu haben, meldet Kiew, dass die Kämpfe andauern. Die Dramatik der Lage wird dadurch unterstrichen, dass Geheimdienstchef Kyrylo Budanow (39) persönlich vor Ort sein soll, um die Operation zu leiten.
Was ist über die Elitesoldaten bekannt, die in der Vergangenheit mit ihren spektakulären Einsätzen gegen die Truppen von Kremlchef Wladimir Putin (73) für Furore sorgten? Ihre Fähigkeiten werden jetzt in einer der härtesten Schlachten des gesamten Krieges auf die ultimative Probe gestellt.
Krim-Aktion machte Schlagzeilen
Ihren Namen verdankt die Elite-Truppe ihrem Kommandanten, Oberstleutnant Timur. Die Benennung war keine administrative Formalität, sondern eine persönliche Ehre, die Präsident Wolodimir Selenski (47) der Einheit zuteilwerden liess. Der Kommandant selbst verkörpert die geheimnisvolle Natur seiner Truppe: In der Öffentlichkeit zeigt er sich stets nur vermummt, verbirgt sein Gesicht hinter einer Maske.
Erstmals für Schlagzeilen sorgten Timur und seine Männer im August 2023. Sie landeten auf der seit Jahren von Russland besetzten Krim, hissten die ukrainische Flagge und griffen eine russische Basis an, von der aus Raketen gesteuert wurden. Später eroberten sie wichtige Energieinfrastruktur im Schwarzen Meer zurück.
Schlag gegen Wagner-Gruppe im Sudan
Die Bandbreite der Einsätze der Timur-Kämpfer ist atemberaubend. Das «Wall Street Journal» berichtete im März 2024, dass einige Mitglieder sogar verdeckte Einsätze gegen die von Russland unterstützte Wagner-Gruppe im Sudan durchführten.
Die Timur-Einheit setzt sich aus mindestens 20 spezialisierten Untereinheiten zusammen. Darunter: Experten für Sabotageakte auf russischem Territorium oder für Überfälle zur See. Es gibt auch eine Drohneneinheit.
Kommandant Timur erklärte die Botschaft, die seine Einheit vermitteln soll, gegenüber dem «Telegraph» nach dem Krim-Coup von 2023 so: Sie solle zeigen, «dass wir überall und jederzeit auftauchen können».
Die Spezialeinheit Timur ist somit weit mehr als nur eine militärische Formation. Sie ist eine psychologische Waffe, ein Symbol des Widerstands und der Beweis, dass Mut und Präzision die schiere Masse der Russen brechen können. Ihre Taten senden eine klare Botschaft an Moskau: Kein Ort ist sicher, keine Frontlinie undurchdringlich.
Kann Timur-Einheit das Blatt wenden?
In Pokrowsk verloren die Ukrainer zuletzt immer mehr Gebiete. «Die Russen kontrollieren ungefähr 60 Prozent des Stadtgebiets», sagte ein Drohnenpilot, der an der Front im Einsatz ist, dem ukrainischen Nachrichtenportal «Hromadske». «Die Situation ist beschissen.»
Nun muss die Spezialeinheit Timur zeigen, ob sie das Blatt wenden kann.