Darum gehts
- Xi Jinping kritisiert Weltordnung beim SOZ-Gipfel in Tianjin
- Putin beschuldigt Westen für Ukraine-Krieg und fordert neues Weltsystem
- Über 20 Staats- und Regierungschefs nehmen am SOZ-Gipfel teil
Chinas Staatschef Xi Jinping (72) – immerhin Staatspräsident der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt – hat das Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) mit einem Paukenschlag eröffnet: «Die Weltlage ist chaotisch und verschlungen. Wir sollten uns zu Fairness und Gerechtigkeit bekennen und der Mentalität des Kalten Krieges, Lager-Konfrontation und einschüchterndem Verhalten entgegentreten.»
Kreml-Chef Wladimir Putin (72) nahm ebenfalls an der Eröffnungszeremonie teil und stimmte sich mit seinen Worten auf Xi Jinping ein. «Das eurozentrische und das euroatlantische Modell haben sich überlebt.» Putin beschuldigte den Westen, für den Krieg in der Ukraine verantwortlich zu sein. «Diese Krise wurde nicht durch Russlands Angriff auf die Ukraine ausgelöst, sondern ist das Ergebnis eines Staatsstreichs in der Ukraine, der vom Westen unterstützt und provoziert wurde», sagte Putin am Montag bei dem Gipfel im nordchinesischen Tianjin.
«Westen versucht, die Ukraine in die Nato zu ziehen»
Der russische Präsident spielte damit auf die proeuropäischen Proteste auf dem Kiewer Maidan-Platz von 2014 an, die zum Sturz des vom Kreml unterstützten damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch führten. Es wird von vielen Beobachtern als Grundstein für den heutigen Konflikt gesehen.
«Der zweite Grund für diese Krise sind die andauernden Versuche des Westens, die Ukraine in die Nato zu ziehen», fügte Putin in Tianjin hinzu. Russland hatte zuvor bereits den Nato-Beitritt mehrerer mittel- und osteuropäischer Staaten ab den 1990er-Jahren als einen der «tieferen Gründe» der Militäroffensive in der Ukraine bezeichnet. Der Verzicht Kiews auf einen Nato-Beitritt ist eine der russischen Bedingungen für ein Ende ihres Angriffskriegs gegen die Ukraine.
So stellt sich Putin die Welt vor
Putin betonte, die Welt benötige ein «System, das die veralteten eurozentrischen und euroatlantischen Modelle ersetzt» und die Interessen so vieler Länder wie möglich berücksichtige. Er bedankte sich für die «Bemühungen und Vorschläge Chinas, Indiens und unserer weiteren strategischen Partner, die darauf abzielen, bei der Lösung der ukrainischen Krise zu helfen».
Der chinesische Präsident versammelt in Tianjin mehr als 20 Staats- und Regierungschefs. Zunächst stellten sie sich auf dem roten Teppich zu einem Gruppenfoto auf. Zu ihnen zählten neben Putin und dem indischen Regierungschef Narendra Modi (74) auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (71) und der serbische Regierungschef Aleksandar Vucic (55). Am Sonntag hatte der Gipfel mit bilateralen Treffen von Xi mit seinen Gästen begonnen.
Der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit gehören China, Belarus, Indien, der Iran, Pakistan, Russland sowie vier zentralasiatische Staaten an. Weitere 16 Länder sind als Beobachter oder «Dialogpartner» angegliedert. China und Russland nutzen die Organisation, um ihre Beziehungen zu zentralasiatischen Staaten zu stärken und ein Gegengewicht zu Zusammenschlüssen westlicher Staaten wie der Nato zu etablieren.